Konzert - Wolfgang Niedecken und seine Mitstreiter von "BAP" spielten über drei Stunden in der Würzburger Posthalle

Ein rockiger Marathon ohne Längen

Von 
Harald Fingerhut
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Wolfgang Niedecken und seine Mitstreiter von "BAP" nahmen die knapp 1000 Zuschauer in der Würzburger Posthalle mit auf einen Parforce-Ritt durch ihre 40-jährige Bandgeschichte.

© Harald Fingerhut

"Fly sein": Das Jugendwort des Jahres dürfte den wenigsten, die am Sonntag in die Würzburger Posthalle gekommen sind, bekannt sein. Die knapp 1000 Leute sind zumeist jenseits der 40, gehen sogar eher auf die 60 zu. Sie würden für das über dreistündige Konzert der Kölner Band "BAP" eher die Vokabeln "toll", "klasse" oder vielleicht noch "echt geil" verwenden. Auf jeden Fall ging der "Parforce-Ritt durch die 40-Jährige Bandgeschichte", wie Wolfgang Niedecken den Auftritt bezeichnete, "besonders ab", was "Fly sein" im Jargon der Teenager bedeutet. Dem Publikum gefiel's und die Zeit verging wie im Flug, Längen Fehlanzeige.

Viele der Fans, die sich um die Bühne in der Posthalle scharen, dürften beim ersten Auftritt von "BAP" im Jahr 1982 in der Würzburger Music Hall schon dabei gewesen sein, zumindest aber bei den beiden Gastspielen in der s.oliver-Arena, die damals noch Carl-Diem-Halle hieß. Rappelvoll war Würzburgs größte Halle damals, rund 5000 Menschen feierten die Kölsch-Rocker frenetisch. Es war auch die Glanzzeit der Band, in der sie in Sachen Popularität ganz oben stand.

So ist der Abend am Sonntag in der Posthalle für viele ein Wiedersehen, eine Art Klassentreffen. Und wie bei solchen Treffen üblich, wird mit zunehmendem Alter der Kreis derer, die kommen, immer kleiner. So auch bei der BAP-Fangemeinde. Aus der einstmals großen Schar ist ein kleines Häuflein Getreuer geworden. Allerdings dürfte keiner sein Kommen zum Konzert bereut haben.

Obgleich Wolfgang Niedecken einen langen Abend angekündigt hat, legen BAP gleich stramm los und kredenzen den Fans der ersten Stunde gleich ein paar Leckerli: Nach "Frau ich freu mich" und "Ne schöne Jrooß" schieben sie als vierten Song noch "Anna" hinterher. Nur logisch, dass das Eis sofort gebrochen ist, schließlich stehen die drei Songs bei den Fans ganz oben auf der Liste der Lieblingslieder.

Als Wolfgang Niedecken im Vorfeld verkündet hat, dass sich BAP bei jedem Personalwechsel verbessert hätten, staunte man ein wenig ungläubig. Doch der Auftritt in Würzburg dokumentiert, dass das nicht nur so dahergeredet war vom Chef. Die Band spielt wie aus einem Guss, vor allem Gitarrist Ulrich Rode setzt solistische Ausrufezeichen, nach dem Major fragt eigentlich keiner mehr. Aber auch Keyboarder Michael Nass weiß sich ohne großen Firlefanz in Szene zu setzen. Schlagzeuger Sönke Reich und Bassist Werner Kopal sind eine gut geölte Rhythmus-Maschine, die mal stramm nach vorne spielt, mal locker groovt. Multiinstrumentalistin Anne de Wolff webt stilvolle Verzierungen in den Klangteppich. Zusammen mit dem exzellenten Sound in der Würzburger Posthalle ist dies wirklich ein Hörgenuss.

Dass Wolfgang Niedecken bis auf Bassist Werner Kopal neue Musiker um sich geschart hat, tut den Arrangements der Stücke gut. Natürlich bewegt sich BAP musikalisch immer noch im musikalischen Dunstkreis von Bruce Springsteen, Bob Dylan und den "Rolling Stones". Aber die Songs, vor allem auch die Klassiker wirken erstaunlich frisch, hatten sie doch zwischendurch einige Patina angesetzt.

Vor allem das Arrangement von "Alexandra" sticht heraus. Die Band bricht das Korsett komplett auf, streut ein kleines Schlagzeug-Solo und jazzige Sprengsel ein. Von dem gewohnten Songmuster weicht eigentlich nur "Aff un zo" ab, das mit seinem locker-flockigen Rhythmus ein bisschen Karibik-Flair in die Halle bringt.

Zwischendurch nimmt BAP das Tempo für "vier Liebeslieder" raus, wobei Niedecken auch seinem Vorbild Leonard Cohen huldigt. Zu dem Block gehören natürlich auch "Jraaduss" und "Du kanns zaubere". Am ergreifendsten dringt aber einmal mehr der "Jupp" in die Gehörgänge. "Kristallnaach" und "Verdamp lang her" feuert die Truppe schon vor dem Zugabenblock in die Menge. Und natürlich ruft das bei den Fans, wie schon seit gefühlten 100 Jahren, frenetische "Stell dir vüür"-Rufe hervor. Niedecken und Kollegen lassen sich nicht lange bitten. Nach einem regulären Set von etwas mehr als zwei Stunden nehmen sie sich nochmals mehr als eine Stunde Zeit für drei Zugabenblöcke.

Aber noch eines wird an diesem Abend deutlich. Wolfgang Niedecken ist BAP. Alle anderen sind austauschbar. Aber auch das ist nichts Neues. Schön ist, dass es ihm nach seinem Schlaganfall wieder besser geht. In Würzburg wirkt er locker und gelöst, kann sich aber ein Statement zum Wahlsieg von Donald Trump nicht verkneifen, schließlich seien BAP schon immer eine politische Band gewesen, sind es immer noch und werden es auch immer bleiben. Da bleiben sie sich genauso treu wie bei ihrer Musik.

Redaktion Stellvertretender Deskchef

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