Nach langer, vor allem Corona bedingter Pause, startet Daniel Wirtz jetzt wieder durch. Seit 1. Februar befindet er sich auf nahezu ausverkaufter Tour durch Deutschland. Am 15 Februar tritt er in der Frankfurter batschkapp auf, am 22. Februar macht er Im Hirsch in Nürnberg Station. Am Freitag ist sein neues Album „DNA“ erschienen. Die Fränkischen Nachrichten unterhielten sich mit Daniel Wirtz, was denn so alles auf die Fans zukommt.
Herr Wirtz, wenn man ihren neuen Songs, speziell „DNA“, aufmerksam lauscht, dann bekommt die für Interviews beliebte Eingangsfloskel „Wie geht es Ihnen?“ eine ganz andere Bedeutung. Müssen die Fans sich sorgen um Daniel Wirtz machen?
Daniel Wirtz: Nein, ganz und gar nicht (lacht). Mir geht es gut. Ich greife nun mal nur dann zur Gitarre und komponiere Songs, wenn mir was auf der Seele brennt, ich unzufrieden bin oder es irgendetwas gibt, das mir gegen den Strich geht. Wenn ich rundum glücklich bin, mich wohl fühle, dann genieße ich das Leben, liege in der Sonne und entspanne mich oder verbringe unbeschwerte Tage mit meiner Familie. Musik entsteht bei mir, wenn es mir schlecht geht, wenn was raus muss.
Die Pandemie und das ganze Drumherum ist Ihnen schon gehörig auf die Nerven gegangen?
Wirtz: Corona mit all seinen Beschränkungen bedeutete für mich nicht nur Stillstand, sondern mehr oder weniger den Verlust, von allem, was ich mir bis dahin aufgebaut hatte. Eine ausverkaufte Unplugged-Tour musste abgesagt werden, ich verlor nahezu meine komplette Mannschaft, musste mir nach 16 Jahren ein neues Team zusammenstellen. Ich war gerade so richtig durchgestartet und wurde sozusagen auf Anfang zurückgeworfen. Alles war auf null, ich musste die Reset-Taste drücken. Aber auch der ganze Umgang miteinander in der Gesellschaft machten mir zu schaffen.
Das hört man. Sie finden deutliche Worte, wie „Euch pfeiffen soll der Teufel holen“ oder „Strategien kleiner Geister“. Haben Sie nicht Angst, dass man sie in die Ecke der Querdenker einordnet?
Wirtz: Ich war schon immer ein Mann der klaren Worte, der Kante zeigt und seinen Weg geht. Manchmal war ich deshalb auch das schwarze Schaf. Aber damit konnte und kann ich leben und umgehen. Aber es muss auch erlaubt sein, seine Meinung zu sagen, klare Haltung zu zeigen, auch wenn sie nicht genehm ist oder dem Mainstream entspricht. Demokratie muss das aushalten und alternative Meinungen ernst nehmen. Der Ausdruck Gutmensch war einst ein positiver Begriff, ich habe immer gerne quer gedacht doch das hat sich mittlerweile in der Gesellschaft verkehrt. Und es ist schon absurd, wie schnell man einen Stempel aufgedrückt bekommt.
Die über die Pandemie angestaute Wut drückt sich auch in der Musik aus. Es ist ein ganz schönes Brett, das sie da raushauen. Für ruhige Momente war da wohl kein Platz?
Wirtz: Ja, ich wollte ein energiestrotzendes Album machen, das direkt in die Ohren knallt. Und genau das haben wir umgesetzt. Ich denke, das unterstreicht die Texte am besten.
Sie sind auch gerne mal unplugged unterwegs, das war keine Option für das Album? Gerade die beiden Balladen „Lucy“ und „Schweigen mit Dir“ hätten sich angeboten?
Wirtz: Sicherlich hätte gerade „Schweigen mit Dir“ in einer reduzierten Instrumentierung noch einen intimeren Charakter bekommen, der vielleicht noch mehr berührt hätte. Aber das war keine Option für das Album. Vielleicht wird der ein oder andere Song später einmal ein neues Unplugged-Arrangement bekommen, aber in dem Moment fühlt es sich so wie die Songs geworden sind, genau richtig an. Ich hatte Bock auf Rock.
Gibt es auf der Tour einen „Unplugged-Teil“? Die ausverkaufte und dann leider wegen der Pandemie abgesagten Tour zeigt ja, dass die Leute darauf stehen.
Wirtz: Nein, das ist nicht vorgesehen. Die Konzerte sollen energiegeladen wie eine Bobfahrt werden. Sie werden von Anfang bis Ende eine Schussfahrt durch die besten Songs meiner Karriere sowie das neue Album, das wir komplett spielen werden. Auch für mich wird das körperlich sehr anstrengend, ich muss an meine Grenzen gehen. Aber ich freue mich wahnsinnig, wieder vor Publikum auftreten zu dürfen. Ich bin seit sechs Jahren nicht mehr auf Tour gewesen und heiß auf das Wiedersehen mit meinen Leuten da draußen.
Sie haben mit dem Niederländer JB Meijers einen neuen Gitarristen an Bord. Wie viel Einfluss hat er auf die Songs gehabt
Wirtz: Er ist zwar auch Produzent aber in erster Linie ein exzellenter Gitarrist, nicht umsonst wird er als der Jimi Hendrix der Niederlande bezeichnet. In puncto Songs ist es so, dass ich die Songs schon grob im Kopf oder gar ausgearbeitet habe, wenn ich ins Studio kommen. Das Rezept für das Gericht steht sozusagen. Im Studio geht es dann darum, die richtige Würze hinzuzufügen und die Zutaten entsprechend zu dosieren und zu vollenden. Ein Mensch wie JB ist da natürlich das Beste, was einem passieren kann.
Sie haben durch ihre Teilnahme bei der Vox-Show „Sing meinen Song“ einen ungeheuren Popularitätsschub erhalten. War das ein Türöffner für Sie oder eine Bürde, weil sie plötzlich im Fokus einer breiten Öffentlichkeit gestanden haben und die Begehrlichkeiten größer wurden?
Wirtz: Definitiv ein Türöffner, der meiner Karriere sehr gut getan hat. Ich habe nicht nur mit „Wirtzhaus“ bei Vox eine eigene Sendung angeboten bekommen, sondern auch viele Kontakte knüpfen können. Und natürlich ist mein Publikum bei den Konzerten größer geworden. Aber das hat dem innigen Verhältnis zwischen mir und den Fans nicht geschadet. Ich suche bei Konzerten immer wieder den Neueinsteiger oder Zaungast im Publikum. Und immer wenn ich glaube, ihn gefunden zu haben, singt er die alten Songs inbrünstig mit. Also alles bestens.
Sie waren ja mit Udo Lindenberg auf Stadion-Tour. Das ist eine ganz andere Größenordnung, als eine Tour durch mittlere und kleine Hallen. Muss man sich da anders vorbereiten oder auf der Bühne verhalten?
Wirtz: Bei der Stadion-Tour mit Udo Lindenberg habe ich das Publikum als große anonyme Masse wahrgenommen. In den Hallen hingegen gibt es oft sogar Blickkontakt mit einzelnen Fans und man bekommt jede Reaktion im Publikum mit und kann auch seinerseits darauf eingehen. Meine Erfahrung ist, dass die beste Atmosphäre zwischen Künstler und Publikum in Hallen zwischen 800 und 3500 Leuten herrscht. Und genau in diesem Bereich bewegen wir uns bei der jetzigen Tour. Es ist also alles angerichtet für intensive Konzerterlebnisse.
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