Fränkische Nachrichten Plus-Artikel Übrigens Von Sojawurst und sprachlicher Reinheit

Mannheim. Übrigens ...

hat die EU gesprochen: Veggie-Wurst soll nicht mehr Wurst heißen. Auch das Veggie-Schnitzel wäre demnach raus aus dem Schnitzel-Club. Der Verbraucher, so die Logik, könnte verwirrt sein. Schließlich ist es ja kaum zumutbar, dass man beim Einkauf selbst erkennt, ob das „Schnitzel“ aus Soja oder Schwein besteht. Die Union jubelt: Endlich wieder Klarheit im Kühlregal!

Markus Söder, CSU-Chef und Wurstpatriot, sowie Alois Rainer, Bundeslandwirtschaftsminister und offenbar auch Wurstromantiker, schlagen Alarm: Die jahrzehntelang hart erarbeitete Reputation deutscher Wurstprodukte stehe auf dem Spiel. Man fragt sich: Welche Reputation meinen die Herren? Die von Billigwurst aus Haltungsklasse 1, die für 89 Cent in der Plastikschale liegt und geschmacklich irgendwo zwischen Pappe und Salzlake pendelt? Und wenn etwas den Ruf des Schnitzels gefährdet, dann kaum die vegane Variante, sondern eher das, was in Kantinen als „Schnitzel“ durchgeht und bei Licht betrachtet aussieht wie ein panierter Schuhabdruck.

Aber vielleicht geht es ja gar nicht um Geschmack, sondern um sprachliche Reinheit. Dann müssten wir dringend aufräumen: Leberkäse enthält weder Leber noch Käse. Kinderschokolade ist – Gott sei Dank – kinderfrei. Und Scheuermilch ist keine Milch, sondern flüssiger Putzterror. Wo bleibt da der Aufschrei der Sprachwächter? Die Union scheint zu glauben, dass der deutsche Verbraucher beim Anblick eines „Veggie-Schnitzels“ in Panik gerät, weil er denkt, es sei ein echtes. Dabei erkennt man das meist schon am Preis: Ein echtes Schnitzel für zwei Euro ist kein Schnitzel, sondern ein kulinarischer Witz mit Panade.

Vielleicht ist es ja auch nur ein Ablenkungsmanöver. Während über die Wurst gestritten wird, bleibt die eigentliche Frage unbeantwortet: Warum ist es politisch einfacher, einem Sojawürstchen den Namen zu nehmen, als einem Schwein ein würdiges Leben zu geben?