Tradition

Kürbisse aushöhlen - ein Blick in die Geschichte

Die Gepflogenheit, Kürbisse auszuhöhlen, finstere Gesichter auszuschnitzen und ins Innere eine Kerze zu stellen, gehört zu Halloween - und ist eine hundert Jahre alte Tradition.

Von 
Werner Schmidhuber
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Der Wiesentaler Heimatvereinsvorsitzender Hans-Peter Hiltwein zeigt hier, wie der Kürbis ausgehöhlt und geschnitzt wird. © Schmidhuber

Region. „Woher kommt das eigentlich, dass Kürbisse ausgehöhlt werden und sie schaurig-schöne Gesichter eingeschnitzt bekommen?“ Das war die meistgestellte Frage in den E-Mails an unsere Redaktion am Montag. Da haben wir mal nachgeforscht. Unser Mitarbeiter Werner Schmidhuber hat mal im Heimatverein in Wiesental nachgefragt:

Die Gepflogenheit, Kürbisse auszuhöhlen, finstere Gesichter auszuschnitzen und ins Innere eine Kerze zu stellen, gehört zu Halloween. Angeblich kamen die amerikanischen Halloweenbräuche erst vor wenigen Jahrzehnten nach Deutschland. Heute sind Halloween-Kürbisse gang und gäbe, aber das Schnitzen schauriger Grimassen ist schon lange bei uns in der Region verbreitet. Früher wurden solch lustige Fratzen in die reichlich vorhandenen Dickrüben geschnitzt. Gespenstische Gesichter gab es schon lange vor „All Hallows’ Eve“ – dem Abend vor Allerheiligen, der inzwischen vor allem als Partyevent bekannt ist.

In der Gegend um Altlußheim, Neulußheim, Rheinhausen, Oberhausen und Wiesental war es schon um 1870 üblich, auch die schönen runden Kürbisse auszuhöhlen – was der Oberhäuser Lehrer Wilhelm Vollmer in seinem Buch „Volk im Bruhrain“, erschienen 1930, festgehalten hat. Auch ältere Leute wissen dies noch aus Überlieferungen.

Niemand benötigte damals Halloween, um aus Kürbissen und Rüben solche Fratzen herzustellen, die geeignet sind, Kinder zu erschrecken. „Zu Halloween gehört der Kürbis wie der Schädel zum Skelett“, so sagen befragte Kinder im Bruhrain.

"Kürbiskunst" im Atelier der Wiesentaler Künstlerin und Kunsttherapeutin Anita Medjed-Stumm © Schmidhuber

Die „Jack O’Lanterns“, wie sie in Amerika genannt werden, sind ausgehöhlte Kürbisse mit gruselig geschnitzten Gesichtern, von innen mit Kerzenlicht beleuchtet. Das Brauchtum resultiert angeblich aus einer schauerlichen Legende, die irische Einwanderer in die USA brachten. Den Kürbissen, wie sie heutzutage verwendet werden, sind Futter- oder Dickrüben vorausgegangen, die zunächst als einzig vorhandenes Material für die Herstellung der Köpfe und Gesichter dienten.

Vollmer sieht die Entstehung des Brauchtums im Zusammenhang mit den damals üblichen Hopfenzopfenabenden und berichtet: „Um den Mädchen und jungen Frauen auf dem spätabendlichen Heimweg gehörig Angst einzujagen, höhlten die Burschen einige Kürbisse aus, gaben ihnen die Form eines Kopfes mit hervorstehenden Zähnen, schnitten Nasen und Augen aus und stellten eine brennende Kerze hinein. Damit kletterten sie auf einen Baum und stellten das leuchtende Gespenst in eine Astgabel. Ging jemand den Weg entlang, sah er in der Dunkelheit einmal die grinsende Teufelsfratze und hörte dazu ein schreckliches Brummen, das ein versteckter Bursche von sich gab. So erschreckten die jungen Männer die Frauen fast zu Tode – zur Gaudi der Übeltäter.“

In Altlußheim, Wiesental und Oberhausen-Rheinhausen gehen die Anfänge der Dickrübenbearbeitung vermutlich auf die 60er Jahre des 18. Jahrhunderts zurück. Aufgrund des immer geringeren Anbaus von Futterrüben, der wesentlich leichteren Bearbeitbarkeit und der massiven Bewerbung und Kommerzialisierung des Halloweenfests kamen Kürbisse immer häufiger statt der Rüben zum Einsatz.

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