Historisches Gestein unter sengender Hitze

Am Rande des Ortskerns von Alcúdia lässt die Ausgrabungsstätte Pollentia Besucher in die lange Geschichte Mallorcas eintauchen

Von 
Andi Nowey
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Unweit der Barockkirche Sant Jaume befindet sich das Ausgrabungsareal. © Andi Nowey

Fast schon etwas unscheinbar, verloren und in seiner Bedeutung deutlich unterrepräsentiert, fristet die Ausgrabungsstätte Pollentia in der nordmallorquinischen Gemeinde Alcúdia ihr staubiges Dasein. Eingebettet zwischen der Jakobskirche Sant Jaume, dem Friedhof Cementeri Municipal und dem Eingangstor zu den Bettenburgen der Playa d’Alcúdia knallt die Sonne auf diesem etwas abseits gelegenen, weitläufigen, aber nahezu baumlosen Areal fast erbarmungslos auf die nackten Mauerreste. Werbung für diese geschichtsträchtige Stätte findet kaum statt.

Kein Wunder, denn die Strände, Restaurants und Shops in und rund um Alcúdia dürften der urlaubenden Klientel zuträglicher sein als unter der Gluthitze schmachtende Steinreste. Dennoch könnte man mehr draus machen: Das Entrée dieses Geländes wirkt auch unter diesem Aspekt fast schon etwas provisorisch, auf dem Gelände erscheint vieles unfertig und unaufgeräumt.

Auch der Container, in dem die Kasse untergebracht ist, wirkt wenig einladend. Dennoch befindet sich hier ein architektonisches Erbe von unschätzbarem Wert: Laut schriftlichen Quellen wurden Pollentia und Palma unmittelbar nach der militärischen Eroberung im Jahr 123 vor Christus gegründet. Im Fall von Pollentia zeigen archäologische Quellen jedoch, dass die ältesten identifizierten römischen Gebäude im Forum und im Wohngebiet Sa Portella wahrscheinlich in den Jahrzehnten der 70er Jahre vor Christus erbaut wurden. Angesichts dieser Diskrepanz zwischen schriftlichen Quellen und archäologischen Daten wurde vermutet, dass die Römer möglicherweise zunächst eine Militärfestung errichteten und dass sich die Wohnstadt erst eine Generation später entwickelte. Zu besichtigen sind in dieser Ausgrabungsstätte das Theater, das Forum und das Wohngebiet Sa Portella, auf das man nach dem Eingang als erstes stößt. Hier finden sich drei römische Stadthäuser und die Straßentrasse, die diese miteinander verbinden. Skizzen auf Informationstafeln unterstützen dabei, einen Eindruck über das Aussehen der frühzeitlichen Gebäude zu gewinnen. Auf einem Fußpfad, der erbarmungslos vor den durchdringenden Sonnenstrahlen und ohne Schattenplätzen den Weg weist, geht es zum Forum, dem römischen Markplatz. Dieser befindet sich im Zentrum des erst 2002 zugänglich gemachten Areals und liefert wertvolle Informationen über die städtische Organisation und das einstige Stadtbild.

Die ältesten Bauwerke stammen aus dem Jahr 70 vor Christus. Bis ins vierte Jahrhundert nach Christus war der Markt in Betrieb, erst danach wurde eine Befestigungsanlage errichtet und eine Nekropole, eine Begräbnisstätte, trat an die Stelle des Forums. Etwas außerhalb und einen weiteren Fußmarsch einfordernd befindet sich das römische Theater aus dem ersten Jahrhundert nach Christus. Dieses besteht aus drei Teilen: der in die Steine gehauenen halbkreisförmigen Zuschauertribüne, dem Orchesterplatz, auf dem vor der Bühne der Chor platziert war, und der rechteckigen Bühne. Später wurde dieses römische Theater auch als Begräbnisstätte genutzt. Nach einer kurzen Erholungspause unter Bäumen geht es auf denselben Wegen vom Theater zurück zum Haupteingang. Zusammengefasst ist das eine sehr lehrreiche und interessante Stätte für alle, die sich mit der Historie von Mallorca befassen wollen.

Zwei Tipps für alle Interessierten: Den Besuch sollte man bestmöglich an einem bewölkten Tag in Erwägung ziehen und dann auch genügend Getränke einstecken.

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