Hamburg. Zugegeben, die Preise sind ein wenig gestiegen. Gerade mal 3,50 Mark kostete die Übernachtung inklusive Frühstück im eleganten Reichshof, als er vor etwas mehr als 100 Jahren den Betrieb aufnahm. Wer nach Hamburg reiste, stieg gern in dem großbürgerlichen Hotel am Bahnhof ab. Ein Haus, typisch für die Goldenen Zwanziger. Wer heute durch die Drehtür geht und das großzügige Foyer betritt, reibt sich verwundert die Augen. 2015 wurde das Hotel Reichshof saniert und erinnert trotz allem zeitgemäßen Schick doch an die guten alten Zeiten mit historisch wirkenden Details. Vergangenheit und Gegenwart greifen selbstverständlich ineinander – wie so oft in Hamburg.
Die Scharen an Touristen, die es selbst bei lausigstem Schmuddelwetter in die Metropole treibt, drängt es freilich eher zur Gegenwart. Kaum eine Stadt hat ihr Gesicht in den vergangenen Jahren so oft verändert wie Hamburg. Selbst wenn man meint, es zu kennen, so ist Hamburg beim nächsten Besuch schon wieder aufregend anders als nur wenige Jahre zuvor. Seit 2003 ist mit der Hafencity zwischen Kehrwiederspitze und Elbbrücken ein komplett neuer Stadtteil entstanden mit vielseitigen, bunt durchmischten Quartieren, mit Universität und Bürotürmen, Luxuswohnungen und Kreuzfahrtterminal, Shoppingmalls und Gastronomie.
Tipps zu Hamburg
Anreise Mit dem Zug nach Hamburg, www.bahn.de.
Unterkunft Hamburg bietet eine Vielzahl an Übernachtungsmöglichkeiten. Das Hotel Reichshof liegt zum Beispiel direkt am Hauptbahnhof und bietet modernes Wohnen in Anlehnung an Art déco an, Doppelzimmer ab 179 Euro, www.reichshof-hotel-hamburg.de. Schicker Ankerplatz in der Hafencity: 25Hours Hotel, Doppelzimmer ab 180 Euro, www.25hours-hotels.com. Das Hotel Atlantic ist ein traditionelles 5-Sterne-Haus an der Außenalster mit großartiger historischer Lobby, Doppelzimmer mit Frühstück ab 300 Euro, www.marriott.de.
Ausstellung Die Jubiläumsausstellung „Caspar David Friedrich“ in der Hamburger Kunsthalle ist noch bis zum 1. April geöffnet von Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr, Donnerstag 10 bis 21 Uhr, Eintritt 16 Euro, www.hamburger-kunsthalle.de. Die Hauptkirche St. Michaelis veranstaltet begleitend Konzerte und Vorträge. Mit Kombitickets zu 41 Euro für Konzert und Ausstellung kann man die Kunsthalle jederzeit besuchen, ansonsten müssen Zeitfenster gebucht werden, www.st-michaelis.de.
Allgemeine Informationen Hamburg Tourismus, www.hamburg-tourism.de, ADR
Seit der Eröffnung der Elbphilharmonie 2017 hat sich das Panorama von den Landungsbrücken aus schon wieder gewandelt – und ständig kommen neue Bauten hinzu. Gläserne Türme treffen auf den typischen roten Backstein der Speicherstadt – Wasser und Stadt in Harmonie. Touristen fahren nun oft nicht mehr mit der U-Bahn bis zu den Landungsbrücken, sondern steigen schon eine Station vorher aus am Baumwall. Von hier aus ist man in ein paar Minuten bei der Elbphilharmonie, deren Besuch man sich nicht entgehen lassen sollte. Wer keine Musik mag, kann zumindest ein Bier beim Störtebeker trinken, dem gemütlichen Restaurant der „Elphi“. Während der Bauzeit hat das imposante Konzerthaus vor allem Negativschlagzeilen gemacht. Nach der Eröffnung wendete sich das Blatt schlagartig und es schien fortan ausgemachte Sache, dass kaum Hoffnung auf Konzertkarten besteht.
Inzwischen liegt die Auslastung bei 95 Prozent, sodass man durchaus noch an der Abendkasse Tickets bekommen kann, wie die Veranstalter betonen.
Die Akustik ist auch auf den oberen Plätzen hervorragend – und der Ausblick aus allen Foyers gleichermaßen fantastisch. Beim Blick durch die Glasfassade liegen einem Stadt und Hafen zu Füßen.
Mehr als 2000 Plätze umfasst der Konzertsaal – und mit jeder der rund 1000 Veranstaltungen pro Jahr beweist Hamburg nun, durchaus eine Kulturstadt zu sein. Das ist nicht selbstverständlich, schließlich hatten in der Hansestadt stets die Kaufleute das Sagen – und die waren eher an guten Geschäften als an den schönen Künsten interessiert. Das machte sich wirtschaftlich bezahlt, sodass man Ende des 19. Jahrhunderts sogar ein für die Stadt völlig überdimensioniertes Rathaus baute. Auf der Höhe der Zeit war man damals nicht mit dem Prachtbau im etwas überkommenen Stil der Neorenaissance.
Heute gefällt es den Besuchern umso besser, wenn sie im Rathausrestaurant Parlament bei Labskaus oder Pannfisch unter einem riesigen Deckengewölbe sitzen, das man eher in einem alten Kloster erwarten würde. Seit mehreren Jahren versucht Hamburg gezielt, die Kulturkarte stärker auszuspielen und sich als Musikstadt zu mausern. Schließlich haben viele Komponisten in Hamburg gelebt: Georg Philipp Telemann, Johannes Brahms oder Carl Philipp Emanuel Bach, denen im sogenannten Komponisten-Quartier Ausstellungen im historischen Ambiente gewidmet sind. Als C. P. E. Bach 1788 in Hamburg starb, war er übrigens deutlich berühmter, als sein Vater Johann Sebastian es zu Lebzeiten war. Er kümmerte sich um den Nachlass des Papas. Heute pflegt der Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg das Erbe und fördert seit 25 Jahren nebenbei mit seinen Konzerten das Image der Musikstadt.
Die bildende Kunst spielt in Hamburg neben der Musik oft die zweite Geige. Die großen Ausstellungen in der Republik finden meist in Berlin, Frankfurt oder München statt. Nun aber ist auch Hamburg in die erste Liga aufgerückt mit seiner Sonderschau zu Caspar David Friedrich. Alfred Lichtwark, der erste und einflussreichste Direktor der Hamburger Kunsthalle, war ein visionärer Mann. Während sich um 1900 kaum jemand für die Landschaftsbilder Friedrichs interessierte, kaufte er dessen Werke an. So hat man heute einen der größten Museumsbestände des Malers und leistet einen wichtigen Beitrag zu Friedrichs 250. Geburtstag.
Auch Friedrichs berühmtes Gemälde „Wanderer über dem Nebelmeer“ (um 1818) befindet sich in der Hamburger Sammlung. Die Figur, die hier im eleganten Zwirn mit Lederschuhen auf dem Gipfel steht und in die Weite schaut, wirkt auf dem Gemälde seltsam deplatziert – und wird nun noch populärer werden, als sie ohnehin schon ist. Im Museumsshop gibt es nicht nur die üblichen Brillenetuis, Lesezeichen und Strümpfe mit Kunstmotiven, sondern man kann den Wanderer sogar als Ausstecherform und in Nudelform kaufen.
Auch im Hamburger Portugiesenviertel kann man den Wanderer derzeit antreffen. Aus Anlass des Jubiläums hat der australische Fassadenkünstler Fintan Magee Friedrichs Gemälde auf 200 Quadratmeter Hausfassade frei interpretiert – und das Motiv des Wanderers noch ergänzt mit wild wachsenden Pflanzen. Auch die Hauptkirche St. Michaelis hat das „Mural“ unterstützt, schließlich war Caspar David Friedrich sehr gläubig. Er ließ auf dem Bild seinen Wanderer auf den Gipfel steigen, um dort Gottes Schöpfung und dem göttlichen Licht noch näher sein zu können. Wer nun den „Michel“, Hamburgs bekannteste Kirche, besucht, mag vielleicht nicht Gott näherkommen, hat von der Aussichtsplattform aus aber einen imposanten Blick auf die Stadt – und nun zusätzlich eine exklusive Perspektive von oben auf das riesige Fassadengemälde.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/leben/machen_artikel,-machen-citytrip-hamburg-hafen-fuer-die-kunst-_arid,2171688.html