Die Boomer haben Wohlstand in die Alpentäler gebracht. Denn ab den 1960ern lernten viele Kinder Skifahren und blieben dabei. So tummeln sich viele Ski-Boomer auf den Pisten – und oftmals zu Preisen wie damals: Zahlreiche Skigebiete bieten vergünstigte Skipass-Preise für Senioren an.
Weit aus dem Fenster lehnt sich das Wintersportgebiet Ski amadé im Salzburger Land mit seinem Angebot für diese Zielgruppe, die freundlich Best Ager genannt werden: Umsonst Skifahren für Ü 60. Genauer gesagt: „Vom Saisonbeginn bis Weihnachten und vom 29. März bis 12. April 2025 schenken die Vermieter in Ski amadé allen über 60 einen Sechs-Tages-Skipass.“ Wer einen einwöchigen Skiurlaub bucht, fährt kostenlos.
Ein paar Euro günstiger als regulär bekommen Senioren den Skipass im Südtiroler Schnalstal. Und in Sulden gelten die Jahrgänge bis 1962 als Senioren, der Preis liegt für den Tagespass (54,50 Euro) zwischen dem regulären Preis (58 Euro) und dem für Jugendliche (43,50 Euro).
Richtig günstig wird es für die Älteren ab 75 Jahren
Richtig günstig wird es für die Älteren, einige Orte bieten Gratis-Skipässe ab 75 oder ab 80 Jahren. So fahren die Jahrgänge 1944 und älter am Rosskopf bei Sterzing umsonst. Im französischen Les 3 Vallées fährt man ab 75 Jahren für knapp 20 Euro am Tag, regulär sind 79 Euro zu berappen. Den ganzen Winter für fast kein Geld Ski fahren, das geht für Ü 75 in La Plagne: Für zehn Euro gibt es dort sogar den Saisonpass.
Was tun, wenn die ganzen Skikumpels samt Gattinnen die Ski schon an den Nagel gehängt haben? Für diese Zielgruppe organisiert der Westdeutsche Skiverband „Ski-Gruppenreisen für Ältere und Senioren“: „Schonskilauf“ für 70 plus. Angeboten werden kleinere Gebiete „fernab vom Massentourismus“, Skilehrer, die auf die Bedürfnisse der Klientel eingehen sollen, also etwa auf leichteren Pisten vorausfahren. Der Verband betont, was alle wissen, die Ski fahren: Der Sport wirke sich positiv auf Körper und Geist aus, steigere die individuelle Lebensqualität und könne der sozialen Isolation im Alter vorbeugen.
Haben die Ski-Boomer ein erhöhtes Verletzungsrisiko? 14 Prozent der Alpin-Ski-Patientinnen und -Patienten sind über 60 Jahre alt, erklärt Rohit Arora, Unfallchirurg und Klinikdirektor der Innsbrucker Uniklinik für Orthopädie und Traumatologie – jener Klinik also, in die auf den Tiroler Skipisten Verunfallte eingeliefert werden. Arora weiter: „Wenn sich Ältere beim Skifahren verletzen, dann liegt das meistens nicht am Können.“ Schuld seien Begleiterkrankungen wie etwa Diabetes, Bluthochdruck und verlangsamtes Reaktionsvermögen. Zu schweren Verletzungen komme es bei Brüchen um Prothesen herum. Tatsächlich steigen heute auch Menschen mit künstlichem Hüftgelenk wieder in die Skibindung. Während das vor 20 Jahren noch undenkbar war, zeigte eine Untersuchung in der European Hip Society im Jahr 2020, dass heute nahezu alle Chirurginnen und Chirurgen den Operierten erlauben, Ski zu fahren. Doch nach einem Unfall mache die „osteoporotische Knochenqualität eine unfallchirurgische Versorgung schwieriger“, so Arora. Und wichtig: Die meisten verletzten sich um die Mittagszeit. Wegen Übermüdung.
Laut einer Statistik tragen ältere Skisportler öfter schwere Kopfverletzungen davon. Fahren sie womöglich mit Pudelmütze statt mit Helm? „Nein“, sagt der Klinikleiter, „vor allem seit dem Unfall von Michael Schumacher tragen über 95 Prozent einen Helm.“ Die schweren Kopfverletzungen ließen sich eher auf Blutverdünnung zurückführen. „Viele in der Altersgruppe sind ,blutverdünnt‘, und somit steigt die Rate der traumatisch bedingten Hirnblutung.“ Dieses Risiko verringere sich mit Helm deutlich.
Zur Prophylaxe: Skigymnastik üben und Helm tragen
Als Prophylaxe gegen Verletzungen empfiehlt ein Sportmediziner Naheliegendes wie kürzere Skitage, Skikurse und gezieltes Training. Die Generation Vorderwülbecke weiß, was das heißt: Skigymnastik! Runter in die Abfahrtshaltung und im Netz nach den Tele-Ski-Sendungen mit Rosi Mittermaier suchen. Um dann während einer Kamerafahrt, die eine Weltcup-Abfahrtspiste zeigt, in der Hocke eine zweiminütige Skiabfahrt auszuhalten.
Außerdem, so der Sportmediziner, solle man Helm tragen, die eigenen Fähigkeiten realistisch einschätzen und: „Shopping am Tag 3“. Dies nicht etwa, um noch einmal die Wirtschaft in den Tälern anzukurbeln, sondern um am verflixten, verletzungsreichen dritten Tag des Skiurlaubs gleich gar nicht auf die Piste zu gehen.
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