Südschweden

Wo Natur Geschichten schreibt

Schweden ist das Land der Seen und schroffen Küste, der dunklen Wälder und der Elche. Wer all dem auf kleinem Raum begegnen will, ist in der Region Halland genau richtig. Hier trifft Tradition auf schwedische Idylle.

Von 
Diana Seufert
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Idylle am südschwedischen Bolmen-See: Häuser in Falun-Rot, jede Menge Natur und dunkle Wälder. So stellt man sich Schweden vor. © Wolfgang Seufert

Wenn Jonas Ekwall sein Motorboot anwirft und auf den See fährt, ist es noch früh am Morgen. Er kontrolliert seine Fischzucht im Bolmen. Die Regenbogenforellen dürfen noch etwas wachsen. Diesmal ist der Fischer nicht allein. Huberta und Erhard Müller aus Bayern begleiten den 37-jährigen Schweden. Es ist kühl, dicke Wolken ziehen über den Himmel. Ein Seeadler hält Ausschau nach Beute.

Es geht weiter zur nächsten Station. Hier wirft Jonas Ekwall einen Blick in die Reusen. Zwei Mitarbeiter sind gerade damit beschäftigt, die Fische zu „sortieren“. Was zu klein ist, darf zurück ins Wasser, bis es die richtige Fanggröße erreicht hat.

Jonas Ekwall nimmt regelmäßig Gäste mit, wenn er mit dem Motorboot die Fischzucht kontrolliert. © Wolfgang Seufert

Fast 175 Quadratkilometer groß ist der Bolmen. Er zählt zu den größten Seen in Schwedens Süden und liegt rund 70 Kilometer östlich von Hallands Hauptstadt Halmstad an der Westküste. Das kleine Naturreservat ist aber auch Teil der Region Småland. Ein wahres Idyll mit vielen kleinen versteckten Buchten, die im Sommer zum Baden einladen. Wie viele schwedische Seen, ist das Wasser dunkel und sehr nährstoffreich. Nicht nur Hecht, Zander, Aal und Barsch fühlen sich wohl und bieten den Bewohnern einen reich gedeckten Tisch.

Die Fische von Jonas Ekwall werden fangfrisch verarbeitet und in Tiraholms Fisk in Unnaryd veredelt. Den Familienbetrieb führt er zusammen mit seiner Schwester Malin. „Fisch vom See ist unsere DNA“, scherzt die junge Schwedin. Was nicht im eigenen Restaurant auf den Tisch der Gäste kommt, wird im Hofladen angeboten. „Nachhaltigkeit und kurze Wege sind uns wichtig“, sagt sie. Vor vielen Jahrzehnten hatte der Urgroßvater den landwirtschaftlichen Hof am westlichen Bolmen gekauft. Seitdem wird er immer mehr ausgebaut, Malin Ekwalls Vater hat sich bereits auf die Fischerei spezialisiert. Nach dem Hofladen – einem der ersten in Schweden überhaupt - kamen das Restaurant, das sich zum Geheimtipp für Fisch-Liebhaber gemausert hat, und ein Hotel dazu.

Schwedische Kulisse

Rund um den Bolmen ist Schweden genauso, wie Deutsche sich das Land vorstellen: Kleine Höfe mit Häusern in Falun-Rot, dunkle Wälder und jede Menge Natur. Also zum Spaziergang an den See aufbrechen. Der Waldboden ist leicht federnd, der schmale Pfad führt über Wurzeln und Steine. Unzählige Büsche mit Blaubeeren versuchen, die letzten Sonnenstrahlen des Tages zu ergattern. Ob Astrid Lindgren genau durch eine solche Landschaft gestreift ist, als sie ihre Bücher geschrieben hat? Zumindest könnte man sich vorstellen, dass plötzlich hinter der nächsten Biegung Ronja Räubertochter auftaucht. Und der Bolmen erinnert irgendwie an „Ferien auf Saltkrokan“.

Der Bolmen lädt im Sommer mit vielen kleinen Buchten zum Baden ein. © Wolfgang Seufert

Südschweden ist wohl der Teil Schwedens, der mit die größte Bekanntheit genießt. Das war nicht immer so. „Die Landbevölkerung wollte lieber unter sich bleiben“, erzählt Sören Kabell auf deutsch. Seine Leidenschaft gilt der Bonadsmalerei, die in einem eigenen Gebäude im Freilichtmuseum in Unnaryd präsentiert wird. Kabell führt die Gäste durch den klimatisierten Raum und erklärt, was sich hinter der naturalistisch-naiven Malerei verbirgt. Die großformatigen Bilder sind für ihn ein „Fenster zum Leben der gewöhnlichen Menschen“.

Ein Stück schwedische Geschichte: die Bonadsmalerei. Sören Kabell kümmert sich um das kleine Museum in Unnaryd. © Wolfgang Seufert

Fenster zum Leben der einfachen Leute

Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden die ersten Wandmalereien von Nils Lundberg mit Hilfe von Schablonen. Waren zunächst Männer die Künstler, die ihre Arbeiten signierten, übernahmen mehr und mehr Frauen die Malerei. Hochzeiten mit einer Brautkrone aus der Vorreformatorischen Zeit, Feierlichkeiten aller Art, aber auch biblische Szenen werden in einfacher Art dargestellt. „Anhand verschiedener Maltechniken kann man die Künstler zuordnen“, so Kabell über die vielen Autodidakten. Genutzt wurden diese Wandteppiche aus Flachs als eine Art frühe Tapete, berichtet der Museumsleiter über diese einzigartige Malerei. „Der mehrteilige Wandbehang war ein Hochzeitsgeschenk, wie die Schrift darüber verrät. Dafür musste ein Ochse gezahlt werden“, so Kabell.

Neben alltäglichen Szenen auf dem Leben der einfachen Leute wurden auch biblische Geschichten gemalt. © Wolfgang Seufert

Rund 150 Jahre dauerte die Ära, die mittlerweile als Teil der schwedischen Kultur gilt. Einige Stücke hängen im Nationalmuseum. In Unnaryd gibt es allerdings die größte Sammlung. „Damit die rund 150 Wandbehänge in ihrer Farbenpracht mit vielen Rot-, Blau- und Brauntönen konserviert werden, braucht man eine konstante Luftfeuchtigkeit.“

Um das Erbe der ländlichen Bevölkerung zu erhalten, wird nicht nur geforscht, sondern auch zur Farbe gegriffen. Jeden Sommer bietet das Museum spezielle Kurse für Bonadsmalerei an.

Schweden war bis ins späte 19. Jahrhundert ein Land der Bauern, Halland galt als eine der ärmsten Regionen. Dennoch war Halmstad, die Stadt an der Kattegatt-Küste, zwischen Schweden und Dänemark häufig und stark umkämpft, wie beim Spaziergang durch die Altstadt mit den engen Gässchen und entlang des Flusses Nissan deutlich wird. Die Dänen haben nicht nur mit dem Schloss ihre Spuren hinterlassen. Eines der ältesten Häuser der Stadt ist der Brooktorpsgarden. Das Fachwerkgebäude aus dem 18. Jahrhundert beherbergt ein kleines Café - ein Ambiente, in dem die Fika, ein Kaffee mit Zimtschnecke, einen besonderen Reiz genießt.

Der kleine Hof gehört zu einem der ältesten Gebäuden von Halmstad. © Wolfgang Seufert

Das ländliche Erbe Hallands wird im Freilichtmuseum Hallandsgården bewahrt, das im Naherholungsgebiet Galgberget oberhalb von Halmstad liegt. Vor 100 Jahren eröffnet, bietet es einen tiefen Blick in die Geschichte der Region Halland. Schließlich stammen die Gebäude – die meisten im typischen Falun-Rot - alle aus der Region: Vom historischen Schulhaus über Flachsdarre und Windmühle bis zu Bauernhäusern mit Mittelbau und Bonadsmalerei.

Typische Bauernhäuser aus der Region Halland sind im Freilichtmuseum Hallandsgården zu entdecken. © Wolfgang Seufert

An ihrem Ursprungsort wurden sie feinsäuberlich abgebaut und erhielten in Halmstad ein neues Zuhause. Hier kann man in Ruhe entspannen - und beim Gang durch die südschwedische Geschichte darf eine Fika im Museumscafé nicht fehlen.

Das gemütliche Cafe im Freilichtmuseum Hallandsgården lädt zu einer Pause ein. © Wolfgang Seufert

Redaktion Hauptsächlich für die Lokalausgabe Tauberbischofsheim im Einsatz

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