Im Hautboot unterwegs

Hobby-Bootsführer setzen Kurs: Entschleunigung auf dem Wasser

Mit dem Hausboot unterwegs in Mecklenburg-Vorpommern: Einsteigen, ablegen, abschalten, Natur genießen. Eine Schnupper-Reise auf dem Fluss von Lübz nach Parchim und zurück.

Von 
Gerd Krauskopf
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Mit dem Hausboot auf Kurs durch Mecklenburg-Vorpommern: Die Marina Lübz hat 55 Liegeplätze im Hafenbecken. © GERD KRAUSKOPF

Hausbootfahren ist mehr als eine Fortbewegung – es ist eine Entschleunigung auf dem Wasser. Ein leises beruhigendes Plätschern gegen die Bordwand, das den Alltagslärm hinwegspült. Wer sich für eine Schnuppertour über die Elde-Müritz-Wasserstraße entscheidet, wählt eine schwimmende Auszeit, eine Reise im Rhythmus des Flusses.

Bevor jedoch der Motor surrt und das Boot sich sanft vom Ufer löst, beginnt das Abenteuer mit einer kleinen Einführung von Stefan in die Welt der Hausbootkapitäne. Kein Bootsführerschein? Kein Problem. So erhalten vier Freunde eine gründliche Einweisung – vom richtigen Anlegen bis zum Brücken- und Schleusendurchfahren, vom Steuerrad bis zur Bordtoilette. Schwimmwesten, Leinen, Fender – bald werden diese Begriffe nicht mehr nach Seemannssprache klingen, sondern nach Alltag an Bord.

Gemütliches Ferienhaus auf Wellen

Das gemietete „Octo Fly C“ Boot, ein gemütliches schwimmendes Zuhause für acht Personen, gleicht einem kleinen Ferienhäuschen auf Wellen – mit Kochnische, vier Doppel-Schlafkojen mit jeweils einem Bad, Salon und Sonnendeck. Hier wird das Tempo zum Freund, der Kurs zum Ziel und die Uferlandschaft zur Kulisse für einen entspannten Urlaub.

Bei einem Stadtbummel durch Lübz wird erst einmal die Bordverpflegung für die kommende Zeit eingekauft. Die Bierstadt Lübz, einst Brauereistandort von Rang mit ihren roten, inzwischen renovierten Backsteinfassaden prägen das Stadtbild. Der Alte Wasserturm, ein Relikt der Industriekultur, ragt wie ein stummer Zeuge über den Teppich aus Gänseblümchen und Scharbockskraut.

Die Biergärten an der Elde-Müritz-Wasserstraße laden zur Rast ein. © GERD KRAUSKOPF

Fachwerkhäuser mit Patina, kleine Cafés mit hausgemachtem Kuchen – Lübz zeigt sich von seiner weichgezeichneten Seite. Die ehrwürdige Brauerei lädt nach vorheriger Anmeldung zu einer Verkostung des berühmten Lübzer Biers ein. Ein Gläschen kühles Helles unter Kirschbäumen – der Sommer kann schmecken.

Blaues Band durch sattgrüne Weiten

Mit einem sanften Grollen erwacht der Motor und die Fahrt beginnt. Sanft gleitet das Boot aus der Marina Lübz durch die erwachende Landschaft. Die Elde-Müritz-Wasserstraße, still wie eine alte Melodie, führt vorbei an riesigen Feldern und Gärten vorbei. Gemütlich geht es weiter an Schilfgürteln und Weiden, die ihre Blätter wie Wimpern im Wind wiegen. Libellen tanzen über das spiegelglatte Wasser. Wildenten starten flügelschlagend vor dem herannahenden „Ungetüm“ aus dem Wasser. Amseln liefern den Soundtrack.

Die Schleuse Neuburg ist eine Herausforderung auf der Elde-Müritz-Wasserstraße. © GERD KRAUSKOPF

Schleuse zur Selbstbedienung

Die erste Herausforderung nach gut 16 Kilometern ist die Schleuse Neuburg. Sie ist eine Selbstbedienungsschleuse, die für unerfahrene Wassersportler eine besondere Konzentration erfordert. „Nur nicht die Leinen am Boot fest machen“, kommt die Anweisung von Steuermann Klaus, „sonst bleibt es schief an der Schleusenwand hängen“. Also wird das Boot an Leinen festgehalten und immer dem sinkenden Wasserstand nachgegeben, während es über vier Meter in die Tiefe geht.

Die Endstation für diesen Kurztrip ist Parchim, wo das Boot am Fischerdamm mit Kulturmühle, Museum und Theater festgemacht wird. Hier treffen Wasserwanderer, Radfahrer und Spaziergänger zusammen wie Seiten eines Reisetagebuchs.

Parchim und sein mächtiges Rathaus

Ein Spaziergang lohnt sich in die Kreisstadt des Landkreises Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern, die sich 40 Kilometer südöstlich der Landeshauptstadt Schwerin befindet. In der Altstadt zwischen Alter Markt und Schuhmarkt dominiert das alte, mächtige Rathaus aus dem 14. Jahrhundert, das 1818 pompös mit vier riesigen weißen Halbsäulen am Eingang umgebaut wurde.

Nach erholsamem Schlaf und einem kräftigen Frühstück auf dem Sonnendeck wird die gemütliche Rückfahrt angetreten. Unter einer mächtigen Rotbuche wird das Boot rückwärts am Anlegesteg festgezurrt.

Zwischen Stille, Staunen und Erholung

Eine Schnupper-Hausbootreise ist keine Hetzjagd nach Sehenswürdigkeiten – sie ist ein fließender Übergang zwischen Stille, Erholung und Staunen. Ein Tagebuch aus Wasser, Wind und Weite. Wer sich auf diese entschleunigte Art des Reisens einlässt, wird nicht nur neue Orte entdecken, sondern auch das eigene Zeitgefühl neu erfinden.

Weitere Informationen gibt es unter www.hausboot-nicols.de, Telefon 0761/2073780

Das Rathaus von Parchim ist ein gotischer Backsteinbau mit vier runde Halbsäulen. © GERD KRAUSKOPF

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