Kino

„Bob Marley: One Love“ im Kino: Nah an den Fakten, mit einer gewissen Verklärung

In „Bob Marley: One Love“ feiert Reinaldo Marcus Green (Liebes-)Leben, Werk und Vermächtnis des früh verstorbenen Reggae-Stars, verkörpert von Kingsley Ben-Adir

Von 
Gebhard Hölzl
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„Bob Marley: One Love“ mit Lashana Lynch als Rita Marley und Kingsley Ben-Adir als Bob Marley läuft ab 15. Februar in den deutschen Kinos. © Paramount Pictures Germany/dpa

Neben Peter Tosh, Jimmy Cliff und Desmond Dekker gehört Bob Marley (1945-1981) mit Hits wie „No Woman, No Cry“, „Buffalo Soldier“ oder „I Shot the Sheriff“ zu den wichtigsten und einflussreichsten Reggae-Musikern aller Zeiten. Eine sehenswerte Dokumentation hat ihm Kevin Macdonald 2012 mit „Marley“ gewidmet, nun lässt Reinaldo Marcus Green - von ihm stammt „King Richard“, die Annäherung an den Vater der Tennis-Granden Venus und Serena Williams - mit „Bob Marley: One Love“ ein überzeugendes Biopic folgen.

Angehörige von Bob Marley produzieren den Film mit

Nah an die Fakten hält er sich, eine gewisse Verklärung bleibt dabei jedoch nicht aus. So werden etwa Marleys diverse Frauengeschichten - inklusive mindestens sechs unehelicher Kinder - ebenso weitgehend ausgespart wie sein steter Marihuana-Konsum, den er zur Freude seiner Adepten keineswegs verheimlichte. Wovon seine einschlägige Kiffer-Hymne „Ganja Gun“ zeugt. Das hat sicherlich damit zu tun, dass der Marley-Clan, darunter Ehefrau Rita und Sohn Ziggy als Produzenten, maßgeblichen Einfluss auf das Projekt ausübten.

Was die Qualität nicht schmälert. Zurück ins Jahr 1976 geht es. Nach Trenchtown, einen Stadtteil von Kingston, der Hauptstadt Jamaikas. In den Straßen des Slumviertels herrscht Aufruhr. Rivalisierende politische Parteien, darunter die People’s National Party (PNP), kämpfen um die Macht. Mit Waffengewalt. Aktivist Marley (Kingsley Ben-Adir) möchte den Konflikt friedlich lösen. Er plant ein Gratis-Open-Air-Konzert, will die Anführer der verfeindeten Gruppen gemeinsam auf die Bühne bringen. Entsprechende Nervosität herrscht in seinem Haus, in dem er mit Gattin Rita (Lashana Lynch) und seinem Nachwuchs lebt.

Zur Person: Kingsley Ben-Adir

  • Kingsley Ben-Adir übernimmt gerne Rollen, die sich kritisch mit Kolonialismus und Rassismus auseinandersetzen, siehe sein Malcolm X in „One Night in Miami“.
  • Der Mime mit Wurzeln in Trinidad und Tobago besuchte die William Ellis School in Gospel Oak, studierte Schauspiel an der „Guildhall School of Music and Drama“. Danach war er in London auf der Bühne zu sehen: in Stücken wie „The Riots“, „Othello“ oder „Viel Lärm um Nichts“.
  • Mini-Kinoauftritte absolvierte er in „City Slacker“ und „World War Z“, ehe er sich in TV-Produktionen wieInspector Barnaby“, „Death in Paradise“ oder „Diana and I“ einen Namen machte. Den Durchbruch schaffte Ben-Adir als Pathologe in 16 Folgen von „Vera - Ein ganz spezieller Fall“ (2014-2018), gute Kritiken erhielt er für sein Spiel in den Serien „The OA“ bzw. „High Fidelity“.
  • Den ersten größeren Leinwandpart übertrug ihm Marc Lawrence 2019 im Weihnachtsspaß „Noelle“. Ben-Adir, seit 2021 Mitglied der Academy of Motion Picture Arts and Sciences, Gewinner der Trophée Chopard in Cannes, bestach als Rebell in der MCU-Serie „Secret Invasion“ und war einer der Kens in Greta GerwigsBarbie.

Da dringen, kurz nach Einbruch der Dunkelheit, zwei bewaffnete Männer - in Wahrheit waren es sieben - in das Anwesen ein und eröffnen das Feuer. Wie durch ein Wunder gibt es keine Toten. Rita und sein Manager überleben schwer verletzt, Bob wird an Brust und Arm getroffen, absolviert dennoch seinen „Smile Jamaica“-Gig. Kurz darauf reist er zur eigenen Sicherheit nach London, wo er mit „Exodus“ sein wohl bestes Album einspielt, ehe er, von Heimweh und moralischer Verpflichtung getrieben, triumphal in seine Heimat zurückkehrt ...

Bob Marleys Liebe zu Rita und der Musik stehen im Fokus

Ein Stück Musikgeschichte. Ein Zeitporträt. Eine Love Story. Vom Regisseur und seinen Drehbuchautoren Zach Baylin („Gran Turismo“), Terence Winter („The Wolf of Wall Street“) und Frank E. Flowers („Shooting Stars“) gekonnt als stimmiges, streckenweise durchaus nachdenkliches Porträt aufbereitet. Zu gleichen Maßen interessiert er sich für Marleys turbulentes Verhältnis zu Rita und dessen musikalisches Vermächtnis.

Seit 1966 waren die Jugendfreunde verheiratet, im Song „Is This Love That I’m Feeling“ schwor er ihr ewige Liebe, sie Tag und Nacht gut zu behandeln. Ein Versprechen das „Robbie“ bis zu seinem frühen, hier dezent gehandhabten Krebstod einlöste. Von seiner schweren Jugend wird in kurzen, bewusst unscharf gehaltenen Rückblenden berichtet, von der alleinerziehenden Mama, vom weißen Papa, einem britischen Offizier, der seine Vaterschaft nie offiziell bestätigt hat.

Dazwischen hängt Marley, bekannt Dreadlocks-bezopft und angetan mit legeren Klamotten, bevorzugt in Jamaikas Nationalfarben Rot und Grün, mit den Kumpels seiner Band The Wailers - mit Rita als Teil des Background-Gesangstrios The I-Threes - ab.

Leidenschaftlich, mit viel Ehrgeiz wird Fußball gespielt, früh morgens zum Entsetzen der Anwohner in hippen Trainingsanzügen durch die Nobelviertel von Englands Hauptstadt gejoggt und abends in Clubs Stopp gemacht. Punk ist gerade angesagt. Verständnislos hören und schauen die Jungs zu. Noch mehr irritiert sie, dass sich vor der Tür Jugendliche mit der Polizei prügeln, Autos brennen. Lapidarer Kommentar: „Das ist hier ja genau wie bei uns in Kingston.“

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Kingsley Ben-Adir überzeugt in seiner Rolle als Bob Marley

Aller Rest ist stimmiger, eingängiger Sound - wohliges Déjà-vu nicht nur für Reggae- und Ska-Fans. Ohrwürmer wie der „Redemption Song“ oder „Everything’s Gonna Be Alright“ erklingen, legendären Konzerten kann man (nachgestellt) beiwohnen. Nachwuchsstar Ben-Adir („One Night in Maimi“) macht seine Sache als Titelheld sehr gut, überzeugt sowohl in Sachen Gesang - wenn es sich nicht gerade um Originaleinspielungen handelt - als auch Körpersprache und Mimik. Gut belegt dies der Abspann, bei dem Originalaufnahmen von Marley eingeblendet werden.

Apropos Original: Unbedingt lohnenswert ist es, sich das Werk in der US-Fassung anzusehen, weil der blumige, melodische jamaikanische Dialekt für zusätzliche Authentizität sorgt. Musik und (Friedens-)Botschaft im Einklang.

Freier Autor Gebhard Hölzl, Print-/TV-Journalist, Autor und Filmemacher.

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