Mannheim. Heute noch türkisblaues Meer, morgen grauer Büroalltag: Die Rückkehr aus dem Urlaub ist für viele Menschen schwer - manche werden sogar depressiv. Wir haben bei einer Mannheimer Therapeutin nachgefragt, wie man den Urlaubsblues vermeidet.
Warum fällt es uns so schwer, wieder im Alltag anzukommen?
Gründe, warum das Stimmungsbarometer nach einer schönen Reise in den Keller geht, gibt es viele. Zum einen liegt es daran, dass wir Zeit brauchen, um uns umzustellen, sagt Katharina Beyer-Herth, Familientherapeutin (DGSF) und Mediatorin (BMeV) mit eigener Praxis in Mannheim. „Das vergessen wir manchmal. Wir, aber auch unsere Umwelt, haben hohe Erwartungen an unsere Anpassungsfähigkeit“, sagt sie. „Wir brauchen einfach mehr Zeit, um unsere Seele aus dem Urlaub nachzuholen. Denn körperlich und mit dem Kopf sind wir sehr viel schneller.“
Sie rät daher, mehr Zeit einzuplanen, um wirklich wieder daheim anzukommen. „Vom Urlaub zurückzukommen bedeutet ja auch immer Abschiednehmen von einer schönen Zeit, einem schönen Ort und neuen Freunden, lieben Verwandten oder Beziehungen“, sagt die Therapeutin. „Das bringt eine gewisse Traurigkeit mit sich - und das ist erstmal ganz okay.“
Wie kann man mit Depressionen nach dem Urlaub umgehen?
Zu Hause heißt es dann: Zurück in den Alltagsmodus finden. Doch man ist nicht machtlos gegen die schlechte Laune nach dem Urlaub. Zunächst hilft es, in sich hineinzuhören, warum man keine Lust auf die Rückkehr hat. „Es ist auch eine Gelegenheit, den Alltag und Beruf genauer anzuschauen“, sagt Beyer-Herth. „Macht es mich so unzufrieden, dass ich es eigentlich gar nicht ertrage, dass ich schon depressiv bin, wenn ich nur daran denke?“
Sei man zu unzufrieden, wieder in den Job oder den Alltag zurückzukehren, stellt sich die Frage, ob man nicht grundsätzlich etwas in seinem Leben verändern sollte, um glücklicher zu werden. Das kann ein Jobwechsel sein. Manchmal sind es Freundschaften oder Beziehungen, die einem nicht guttun.
Was hilft, die schönen Dinge im Urlaub in den Alltag zu übertragen?
Doch nicht immer sind es die großen Dinge, die man verändern muss, um sich besser zu fühlen. Vielleicht war es die Zeit mit der besten Freundin, die jetzt wegfällt und die man sich im Alltag zurückwünscht. Oder mehr Unternehmungen mit den Kindern.
„Es kann auch sein, dass ich feststelle, dass ich im Urlaub mehr Zeit in meiner Partnerschaft verbringe und mich das zufrieden macht“, sagt die Therapeutin. „Oder mehr Zeit mit mir selbst verbringe, zum Müßiggehen, Lesen oder Sport zu machen. Die Frage ist: Wie kann ich einen Teil davon, der mir im Urlaub so guttut, in meinem anderen Leben integrieren?“
Beyer-Herth rät daher, sich das Leben daheim schönzumachen, statt lediglich für den nächsten Strandurlaub zu leben und womöglich zu hohe Erwartungen an die Reise zu haben. „Die Lösungen sind oft ein bisschen Fantasie und vielleicht ein bisschen Anstrengung und Überwindung“, sagt sie. „Wenn ich mein ganzes Glück aus dem Verreisen schöpfe, ist es bestimmt eine gute Strategie zu sagen: Da habe ich etwas vor. Für viele Menschen sei nämlich Vorfreude wichtig, und es helfe, etwa einen Ausflug zu organisieren.“
Muss man im Urlaub immer erreichbar sein?
Negativ auf die Entspannung im Urlaubsparadies wirkt sich auch die ständige Erreichbarkeit aus. Manche Leute nehmen gar den Laptop mit an den Strand oder zumindest ins Hotel. „Es ist dann natürlich frustrierend, wenn der Urlaub zu Ende ist, und man eigentlich gar nicht wirklich da war, weil ich die ganze Zeit gearbeitet habe“, sagt sie. Daher lohnt es sich, das Arbeitshandy auszuschalten und es erst wieder nach der Reise einzuschalten.
Ob man wieder gern zum Job zurückkehrt, kann auch daran gekoppelt sein, wie man seinen Arbeitsplatz verlässt. Da gebe es verschiedene Strategien, die typabhängig sind, so Beyer-Herth. „Manchen ist es egal, wie der Schreibtisch vor der Reise aussieht, das mache ich, wenn ich hinterher erholt bin“, sagt sie. Andere bevorzugen es, am letzten Tag vor dem Urlaub länger zu arbeiten, damit alles vom Tisch sei, und etwa eine gute Übergabe zu machen, damit man entspannt verreisen kann.
Hilft Sport nach dem Urlaub, die schlechte Stimmung zu vertreiben?
Auch Sport könne die Laune verbessern. „Es ist erwiesen, dass Bewegung glücklich macht.“ Positive Begegnungen wie Treffen mit dem Freundeskreis oder der besten Freundin sorgen für Wohlgefühl. „Und Stressabbau. Denn das ist auch ein Punkt, unter dem viele Menschen leiden.“ Entweder durch hohe Erwartungen von außen, aber auch Stress, den man sich selbst verursacht. „Das kann auch langfristig zu Unzufriedenheit und Depressionen führen.“
Checkliste: So entkommt man dem Urlaubsblues
- Planen: Am Arbeitsplatz alles so hinterlassen, dass der Einstieg nach dem Urlaub möglichst stressfrei wird.
- Zeit lassen: Zwischen Ankunft aus dem Urlaub und Start der Arbeit oder Schule zwei oder drei Tage zum Ankommen einplanen.
- Reflektieren: Was hat mir im Urlaub besonders gefallen? Was davon kann ich wie in meinen Alltag integrieren?
- Bewegen: Sport kann helfen, die schlechte Stimmung zu vertreiben
- Erinnerungen mitnehmen: Souvenirs oder Fotos können ein gutes Gefühl vermitteln.
- Bewusst mit dem Urlaub abschließen: Kleine Rituale können helfen, wieder im Alltag anzukommen. Nach dem Griechenland-Urlaub zum Beispiel ein Besuch in einem griechischen Restaurant.
Um schöne Erinnerungen nach Hause zu transportieren, helfen auch Souvenirs. „Es ist erwiesen, dass wir mit Gegenständen und Gerüchen positive Erinnerungen verknüpfen können“, sagt sie. „Die einen bringen Muscheln vom Strand mit und können damit gedanklich in die Zeit zurückgehen und sich ein Stück weit erholen oder positiv aufladen. Bei anderen ist es Musik oder Fotos. Damit lassen sich positive Empfindungen verankern.“
Auch Rituale können hilfreich sein beim Abschiednehmen. So kann ein Besuch im griechischen Restaurant in der Heimat ein schöner Abschluss nach der Kreta-Reise sein.
Sollte man direkt aus dem Flieger ins Büro?
Oft sei die Idee, dass die Lösungen von außen kommen müssen, dabei übersehen wir, dass wir selbst sehr viele Möglichkeiten haben, um sich etwas Gutes zu tun und für unser Wohlbefinden selbst zu sorgen, betont Katharina Beyer-Herth. Ist man mit seinem Leben im Grund zufrieden und es macht einem lediglich die Umstellung Schwierigkeiten, hilft es, sich selbst Zeit für die Umstellung zu lassen.
Also nicht erst am Sonntagabend aus dem Urlaub zurückkommen und am Montagfrüh wieder zurück ins Büro gehen. Beyer-Herth rät gar, den Arbeitsstart auf den Mittwoch zu legen. „Dann habe ich nach zwei Tagen schon wieder Wochenende“, sagt sie. „Das ist dann ein ganz sanfter Einstieg.“ Letztendlich ist es auch wichtig und hilfreich, dankbar für das zu sein, was man hat. Beyer-Herth bestätigt das. „Denn im Grund handelt es sich bei Urlaubsblues ja auch um ein Luxusproblem.“
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