Premiere

Wenn das Würzburger Mainfranken Theater plötzlich zum Kabarett wird

Felicia Zellers Stück „Der Fiskus“ entpuppt sich als absurdes Theater mit überzeichneten Figuren, groteskem Humor und gesellschaftskritischen Pointen.

Von 
Felix Röttger
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Nina Mohr (Bea Mtinnen), Eva-Lina Wenners (Elfi Nanzen) und Toomas Täht (Reiner Lös) bei der Premiere des Stücks Der Fiskus“ von Felicia Zellers Stück am Würzburger Mainfranken Theater. © Nik Schölzel

Würzburg. Ungeahnte Talente im Schauspielensemble traten am Mainfranken Theater Würzburg bei der Premiere von Felicia Zellers Stück „Der Fiskus“ zutage. Denn die satirische Wirtschaftskomödie, die in einem Finanzamt spielt, entpuppt sich als absurdes Theater mit überzeichneten Figuren, groteskem Humor und gesellschaftskritischen Pointen im Stile eines waschechten Kabaretts mit abgebrochenen Sätzen und fehlenden Verben. Fragmentierte Dialoge also, die lebendig und mit szenischem Gespür auf die Bühne im Kleinen Haus zu bringen waren.

Als Virtuosen der Satzfetzen und abrupten Wendungen agieren Nina Mohr als erfahrene und abgeklärte Finanzbeamtin Bea Mtinnen, Laura Storz als neu ernannte, in erster Linie karrierebewusste Sachgebietsleiterin Nele Neuer, Hanna Donald als schnüffelnde Detektivin Anna Parat sowie Eva Lina Wenners und Toomas Täht als eigennütziges Paar Elfi Nanzen und Reiner Lös, das aus unerfindlichen Gründen beim Finanzamt gelandet. Ist. Gemeinsam formen sie ein rhythmisches Satzgeflecht, das die Absurdität vieler bürokratischer Abläufe nicht bitterböse, sondern unterhaltsam aufscheinen lässt.

Schauspieler zwischen Tempo, Timing und Textflut

Nicht der thematisierte Cum-Ex-Skandal über die Erstattung von Kapitalertragssteuer, die nie gezahlt wurde, trägt das Stück, sondern die zwischenmenschlichen Spannungen: die stille Demontage der tüchtigen Bea durch die ehrgeizige Nele, die sich deren Arbeitserfolge aneignet, um selbst aufzusteigen; oder das eigennützige Paar Elfi und Reiner, das mit einem Wortschwall ohnegleichen und kalkulierter Kreativität bemüht ist, steuerrechtliche Schlupflöcher für sich auszuschöpfen. Ihre Zweckgemeinschaft übersteht aus steuerrechtlichen Gründen auch eine Affäre von Reiner mit Nele.

Wenn Reiner zur Gitarre greift und das Ensemble Spottlieder (Musik: Jesper Niemann) singt, lockert Regisseurin Sylvia Sobottka Zellers Sprachpartituren auf und mildert etwas den krassen Mix zwischen der Amts- und Alltagssprache mit abgehackten Sätzen und fehlenden Verben. Das auf einem Podest errichtete Arbeitszimmer, in grelles Neonlicht getaucht (Licht: Ingo Jooß), wirkt bewusst steril und trostlos. Bühnenbildnerin Sobottka setzt dem gezielt als Zeichen des Eigenlebens im Apparat einige persönliche Requisiten auf den Bürotischen entgegen.

Sprachgewaltige Bühne der Eitelkeiten

Fazit: Kein Skandaltheater, sondern eine sprachgewaltige Bühne für Eitelkeiten, Intrigen und Karrierestrategien – von der Regie pointiert in Szene gesetzt. Die sterile Neonlicht-Ästhetik, die rhythmisierten Dialoge und die performativen Überzeichnungen machen deutlich: Der eigentliche Konflikt liegt nicht im Steuerrecht, sondern in den Figuren, die es verwalten und sich dabei selbst inszenieren. Ein Stück, das weniger über Geld spricht als über das, was Menschen bereit sind, dafür zu tun.

Die nächsten Aufführungen sind am 10., 17. und 29. Oktober. Kartentelefon 0931 / 375375; www.mainfrankentheater.de.

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