Interview

Welche Rollen Schauspielerin Verena Altenberger besonders reizen

Schauspielerin Verena Altenberger wird beim 18. Festival des deutschen Films in Ludwigshafen mit dem Preis für Schauspielkunst geehrt. Im Interview spricht sie über ihre Festival-Beiträge und die Verantwortung Rollen gegenüber

Von 
Martin Vögele
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Verena Altenberger als Buhlschaft bei einer Fotoprobe zum „Jedermann“ im Rahmen der Salzburger Festspiele. © dpa

Ludwigshafen. Sie wandert zwischen den Genre-Welten und hinterlässt hier wie dort einen bleibenden Eindruck – als TV-Kommissarin Elisabeth Eyckhoff im „Polizeiruf 110“ ebenso wie im komödian-tischen Fach, auf der Theaterbühne ebenso wie im Kino: Die österreichische Schauspielerin Verena Altenberger wird beim Festival des deutschen Films in Ludwigshafen mit dem „Preis für Schauspielkunst“ ausgezeichnet. Wir sprachen mit der wandlungsfähigen Künstlerin über ihre filmischen Festival-Beiträge, darüber, welche Rollen sie reizen und was die Schauspielerei für sie bedeutet.

Frau Altenberger, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zum „Preis für Schauspielkunst“ …

Verena Altenberger: … danke!

Die Preisverleihung am 28. August – ist das Ihr erster Besuch beim Festival des deutschen Films?

Altenberger: Mein zweiter, ich war mit einem „Polizeiruf“ schon einmal dort.

Das stellt auch gleich eine Verbindung zur aktuellen Festivalausgabe her. Bei der werden Sie mit gleich zwei Filmen zu sehen sein, mit „Gesicht der Erinnerung“, bei dem Dominik Graf Regie führt, mit dem Sie auch beim „Polizeiruf 110“ zusammengearbeitet haben. Und mit dem Gastbeitrag „Märzengrund“ von Regisseur Adrian Goiginger, mit dem sie bereits den Spielfilm „Die beste aller Welten“ drehten. Was hatte Sie daran gereizt, in diesen Produktionen erneut mit den beiden zu arbeiten?

Altenberger: Grundsätzlich ist es einfach sehr schön, mit Menschen zu arbeiten, mit denen man schon einmal gut zusammengearbeitet hat. Wenn man so wahnsinnig persönlich und eng wie beim Schauspiel oder generell in der Kunst zusammenarbeitet, muss man erst eine gemeinsame Sprache finden. Jeder tickt ja anders, jeder hat eine eigene Persönlichkeit, eine andere Art zu spielen, da muss man sich erst eingrooven. Und das dauert, wenn man mit jemandem arbeitet, den man noch gar nicht kennt – manchmal Tage, manchmal auch eine Woche, manchmal kommt man gar nicht an den Punkt. Und dann ist es umso schöner, wenn man quasi schon einmal so ein Dream-Team abgeliefert hat und das wieder macht, weil man dann sehr schnell an einen sehr intensiven Punkt der Arbeit kommt. Plus: Dominik Graf und Adrian Goiginger sind zwei Regisseure, denen ich blind vertraue, wie man so schön sagt. Wir sind uns künstlerisch so nah, dass ich ihre Entscheidungen nicht anzweifle, sondern mich ganz auf den gemeinsamen Weg einlassen kann.

Sie spielten am Wiener Burg- theater, im „Jedermann“ in Salzburg mit Lars Eidinger, Sie waren für den Deutschen Comedypreis für die TV-Serie „Magda macht das schon!“ nominiert und haben daneben ein preisgekröntes biografisches Filmdrama wie „Die beste aller Welten“ gedreht. Wenn Sie selbst einen roten Faden für die Wahl von Rollen und Stoffen benennen müssten – was wäre das?

Altenberger: Es sind alles Rollen – weil das für mich die große Voraussetzung für eine Zusage ist –, die ich emotional nachvollziehen kann. Das ist für mich das Allerwichtigste. Egal welches Medium, egal ob Theater, Serie, egal welches Genre. Ich muss das Drehbuch lesen und bei der Figur denken: Ja, das verstehe ich, das kann ich emotional nachvollziehen. Nicht intellektuell, sondern emotional. Weil ich mich als Anwältin meiner Figuren sehe. Egal ob das Menschen sind, die wirklich gelebt haben, so wie in „Die beste aller Welten“, oder fiktive Charaktere. Es sind für mich trotzdem echte Menschen und es sind echte Themen, die echte Menschen etwas angehen – Krieg zum Beispiel oder Gewalt oder Liebe. Deswegen empfinde ich eine große Verantwortung meinen Rollen gegenüber. Genauso, wie ich es echten Menschen gegenüber empfinde, die sich davon vielleicht berührt oder angesprochen fühlen. Ich möchte im Idealfall ja beim Publikum Empathie für meine Figur auslösen, zeigen: So sind Menschen, so können Menschen sein, im Guten, im Schlechten, im Übertriebenen, im Kleinen, im Großen. Dafür muss ich emotional durchdrungen haben, was meine Figur ausmacht. Und das ist der rote Faden. Das sind alles Figuren, die ich verstehen kann.

Gerade auch in der Kulturbranche werden seit Jahren verstärkt Debatten geführt über mehr Diversität, mehr Frauen in Entscheidungs- und Gestaltungspositionen. Nehmen Sie Veränderungen in den Köpfen und auf den Sets oder Bühnen wahr?

Altenberger: Grundsätzlich glaube ich, dass wir uns doch in all diesen Debatten vorwärtsbewegen, wenn auch nur in teilweise sehr kleinen Schritten. Wenn ich jetzt meine persönliche Berufsvita anschaue, ist sie wahrscheinlich noch immer recht klassisch für den gesamten deutschsprachigen Markt: Die Regisseurinnen, mit denen ich gearbeitet habe, die kann ich an einer Hand abzählen. Und bei den Autorinnen verhält es sich ähnlich.

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Würde es Sie reizen, selbst Regie zu führen?

Altenberger: Irgendwann durchaus.

Seit Ende 2021 haben sie zusammen mit dem Regisseur und Produzenten Arash T. Riahi die Präsidentschaft der Akademie des Österreichischen Films inne – was ist da Ihre Agenda?

Altenberger: Wir sind ja nicht Entscheidungsträger, sondern haben eine repräsentative Funktion. Wir vergeben auch kein Geld oder Förderungen. Insofern sehen wir es als unsere Aufgabe, mit unserer Energie und unserer Arbeit für den österreichischen Film zu werben. Der österreichische Film ist eine Weltmarke – in Deutschland muss man nicht für den österreichischen Film werben, in Frankreich noch weniger, nicht einmal in den USA. Nur in Österreich selber (lacht) muss man den Leuten immer wieder sagen: Wir haben ziemlich tolle Filme, geht doch mal ins Kino und schaut euch einen österreichischen Film an! Und andererseits in den Medien, die unser Tor zur Öffentlichkeit sind, aber auch in der Politik und in der Wirtschaft für mehr Geld für den österreichischen Film und für immer noch bessere Arbeitsbedingungen werben.

Sie haben auch Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. Gab es bei Ihnen einen spezifischen Moment oder eine Erfahrung, die Sie sagen ließ: Ich will Schauspielerin werden?

Altenberger: Ich wollte schon immer Schauspielerin werden, seit ich denken kann. Deswegen kann ich mich nicht an diesen einen Moment erinnern, wo es klick gemacht hat. Es gibt ein Tagebuch meiner Mutter, das ich lesen durfte, da steht 1991: „Verena sagt, sie wird Schauspielerin.“ Da war ich drei oder vier. Und es hat sich nie geändert (lacht). Deswegen kann ich den Ursprung des Wunsches nicht so richtig nachvollziehen. Wenn ich heute überlege, warum ich so glücklich bin als Schauspielerin, komme ich vielleicht an den Ursprung des Wunsches – wobei der jetzt natürlich erwachsen formuliert ist, der hat sich in einer Vierjährigen sicher anders angefühlt: Aber ich habe in meinem Beruf eine große Freiheit für mich gefunden. Kunst als Heimat im Grunde genommen. Kunst als der Ort, wo ich so sein darf, wie ich sein will, wo ich auch meine große Sehnsucht nach Leben befriedigen darf.

Freier Autor

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