Carmen Würth Forum - Ukulele Orchestra of Great Britain begeistert das Publikum in Gaisbach

Virtuose Arrangements auf Bonsai-Gitarren

Von 
Leonore Welzin
Lesedauer: 
Das Ukulele Orchestra of Great Britain begeisterte bei seinem Auftritt im Carmen Würth Forum. © Leonore Welzin

Mit Applaus von 430 Musikfreunden im Carmen Würth Forum in Gaisbach empfangen, betreten sieben Musiker, fünf Herren, zwei Damen, in großer Abendrobe die Bühne. Ihre Markenzeichen: die Ukulele, britisches Understatement und schwarzer Humor. Dergestalt ist das Ukulele Orchestra of Great Britain seit 1985 mit dem Zupfinstrument, das sie selbst als „Bonsai-Gitarre“ bezeichnen, weltweit auf Tour. Vielleicht ist die Ukulele – hawaiianisch: Hüpfen – der Floh – nicht das kleinste Instrument der Welt, aber in der Hand von ausgewachsenen Briten nimmt sich der Winzling doch etwas humorvoll aus.

Rasanter Auftakt

Umso wichtiger ist es, nach außen Form und Ernst zu wahren. Darin sind die Engländer, bei allem Talent zur Komik, ziemlich unschlagbar. 70 flinke Finger kredenzen einen rasanten Auftakt: „So klingt es, wenn man vor Boris Johnson die Flucht ergreift“. Warum spielen sie ausgerechnet Ukulele? „I was born like this!“ hören sie auf Lady Gagas weise Worte und arrangieren daraus ein eigenes Stück, so raffiniert, dass sich das Original dahinter verstecken kann.

Wer Ukulele spielt, muss verrückt sein, klar: „I think you’re crazy, just like me”, ein Refrain, den alle mit Überzeugung intonieren, bevor es mit den Eurythmics in die 80er Jahre geht: „Sweet dreams are made of this“ – eine Steilvorlage zum Mitklatschen. „Please remain seated“, mahnt die Moderatorin, wissend, dass in nostalgischen Stücken immer auch jugendliche Tanzlaune mitschwingt.

Auch im eigenen Ensemble, der Senior Dave Suich, der seit Gründung dabei ist, mit Bottleneck eine Steelguitar simuliert und mit rauchiger Stimme an Hardrock-Zeiten erinnert.

Sein schräger Humor macht auch vor dem Publikum nicht halt: Um sich die Pause mit Kurzweil zu füllen, bekommt eine Dame in er ersten Reihe ein paar Souvenirs gereicht – Noppenfolie, zwei Ukulele-Plektrons, selbst hergestellt aus einer Hotelzimmerkarte und eine Postkarte, Motiv: Mein Schrebergarten.

Nachbar Peter Brooke-Turner, ein Zweimetermann, heult nicht nur den Blues mit Bass-Stimme und langem Atem, sondern bearbeitet sein Instrument perkussiv, während andere beim Spielen die Instrumente tauschen.

Eine Hommage an den Space-Rocker Lemmy Kilmister (Hawkwind, Motörhead), Unbekanntes von Tom Waits, Bekanntes aus James Bonds „Thunderball“ und –unter Einsatz ihrer aller vokalen Möglichkeiten, inklusiv pfiffigem Solo des Kunstpfeifers und Bass-Ukulelisten Jonty Bankes – gehen dem Ensemble ebenso flott von der Hand wie orchestraler Breitwandsound à la „Spiel mir das Lied vom Tod“ (Enrico Morricone).

Auch etwas Klassisches

Zwischen all dem Jazz, Rock und Pop-Gewirbel würde Ben Rouse, der Mann (in) der Mitte, gern etwas Klassisches unterbringen. Aber aufmüpfiger Rap, schnulziger Schmuseblues und ein Trompetenstück gefällt den anderen besser.

Schließlich entlockt er seinem Instrument kurz vor Schluss Händels „Ombra mai fu“, frech setzen sich seine Kolleginnen und Kollegen auf die zarte Melodie, mit immergrünen Songs von Gloria Gaynor (I will survive), Anastacia (Where do I belong) und Aretha Franklin (Killing me softly) und der Neuen Deutschen Welle (Da Da Da). „A concert by the Ukulele Orchestra is a funny, virtuosic, twanging, awesome, foot-stomping obituary of rock-n-roll and melodious light entertainment featuring only the bonsai guitar and a menagerie of voices in a collision of post-punk performance and toe-tapping oldies”, so die Homepage der komödiantischen Musiker. In einem Satz ist alles gesagt.

Lustiges „Geklimper“

Allerdings ist jeder Versuch, das zu übersetzen, zum Scheitern verurteilt, hier der Beweis: Ein Konzert des Ukulele Orchesters aus Großbritannien ist lustig-virtuoses Geklimper, ein mit Füßen gestampfter Nachruf auf den Rock’n’Roll samt melodiös-leichter Unterhaltung, das einzig auf Bonsai-Gitarren vorgetragen wird und samt fingerschnippenden Oldies – darunter etwas Russisches für die Queen zum 90. – sowie einer Menagerie aus Stimmen in einer post-punk Performance kollidiert.

Riesenapplaus

Was den Royals behagt, begeistert auch das Publikum in Gaisbach: Riesenapplaus!

Als Dank heizt das Septett über den „Highway to Hell“, samt Headbanging des Seniors Dave Suich. Originell auch das Geschenk des Veranstalters: Nicht Wein oder Blumen, sondern einen Screwdriver (Schraubendreher) aus dem Unternehmen Würth.

Übrigens verstehen Angelsachsen unter Screwdriver auch einen Cocktail: ein Teil Wodka, zwei Teile O-Saft, den haben sich die Musikerinnen und Musiker verdient.

Freie Autorin

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten