Nachruf

Trauer um Edo Zanki, den Wegbereiter von Grönemeyer und Naidoo

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Sie singen seinen bekanntesten Hit „Gib mir Musik: Edo Zanki (Dritter von links) mit Stephan Ullmann Laith AlDeen und Xavier Naidoo bei einem Benefizkonzert im Mannheimer Capitol. © Thomas Tröster

Der Sänger, Komponist, Produzent und Deutsch-Soul-Wegbereiter ist nach kurzer schwerer Krankheit mit 66 Jahren gestorben.

Edo Zanki war einer der einflussreichsten Musiker des Rhein-Neckar-Deltas. Sein Studio in Karlsdorf bei Bruchsal, das er mit seinem älteren Bruder Vilko betrieben hat, war mehrmals ein Kristallisationspunkt deutscher Popgeschichte: Dort hat er als Produzent die Karriere von Herbert Grönemeyer nach zwei gefloppten Alben 1982 aufs Gleis gesetzt und den größten aller Deutschrockstars mit dem Kern seiner Band bekannt gemacht. Die Musiker um den Mannheimer Keyboarder Alfred Kritzer begleiten Grönemeyer zum Großteil bis heute. Für Xavier Naidoos Bandprojekt Söhne Mannheims war Zanki im Vorfeld des Debütalbums „Zion“ (2000) ebenfalls ein wichtiger Geburtshelfer, auch als Sänger bis hin zu den ersten Konzerten.

Die Stimme war sein wichtigstes Instrument, Singen seine Passion, Liederschreiben ein Akt angewandter Menschenliebe, aber auch politische Ausdrucksform. Parallel zu Wolf Maahn war er als Künstler hierzulande der eigentliche Soul-Pionier. Auf Alben wie „Wache Nächte“ (1983), „Gib mir Musik“ (1984) und „Ruhig Blut“ (1985) brachte er der sperrigen deutschen Sprache das Tanzen bei, wie es erst Jahre später den Mannheimern Naidoo und Laith Al-Deen gelang. Am Sonntag ist Edo Zanki nach kurzer schwerer Krankheit gestorben, wie es auf seiner Facebook-Seite heißt.

Musikalischer Direktor bei "Afrika! Afrika!"

Der im südkroatischen Zadar geborene heimliche Superstar wurde 66 Jahre alt. Heimlich, weil seine allergrößten Erfolge oft die Namen anderer Künstler trugen: nicht nur Grönemeyer oder Naidoo (um nur die Spitze des Eisbergs zu nennen), sondern auch Tina Turner in der Frühphase ihrer Solokarriere und vor allem Ulla Meinecke. Deren größten Hit „Die Tänzerin“ hat Zanki nicht nur geschrieben, sondern er steuerte als Keyboarder auch den einzigartigen Groove bei, der die Nummer aus dem Jahr 1983 so unwiderstehlich macht. Sein kommerziell größter Erfolg dürfte Andrè Hellers Show „Afrika! Afrika!“ gewesen sein, als deren musikalischer Direktor er arbeitete wie immer – leise und eher im Hintergrund, aber ästhetisch ganz bestimmt.

Dass ihm als Solist der ganz große Durchbruch trotz exzellentem Songmaterial versagt geblieben ist, konnte er nicht richtig verstehen. Einerseits hat der bescheidene Zopfträger dafür vielleicht zu wenig Aufhebens um sich gemacht, womöglich war er auch nicht bereit, total aus sich herauszugehen – wie es vielen Topsängern eigen ist, zum Beispiel auch dem späten George Michael. „Edo lebte für die Musik, ist nie dem großen, kommerziellen Erfolg hinterhergerannt, sondern liebte es, mit Freunden und in immer wechselnden Konstellationen zu musizieren und das Leben zu feiern“, bringt es der Nachruf auf seiner Facebook-Seite auf den Punkt.

Erste Single 1972 mit Joy Fleming

Und was das für Freunde waren – und sind. Wenn die höchste Anerkennung für einen Musiker die Verehrung durch Kollegen ist, kann man Edo Zanki zu den Größten in ganz Deutschland zählen. In der Musikmetropolregion war er ein Fixpunkt, den eine Joy Fleming regelrecht liebte, wie sie in mehreren Interviews in dieser Zeitung betont hat. Sie war auch 1972 auf seinem ersten Album „Feelin’ Alright“ zu hören, für das Zanki nach einem Single- Versuch als Edward Zanki den Künstlernamen Don Anderson verwendete. Als Zanki firmierte er erst 1977 mit dem selbstbewussten LP-Titel „Jetzt komm’ ich’“. Unerreicht war Zanki im Balladenfach, extrem gefühlvolle, rhythmisch ungewöhnlich akzentuierte Lieder wie „Dein roter Mund“ oder „Nur der Mond“ sind in der deutschen Popmusik einzigartig. Näher ist hierzulande niemand einem experimentierfreudigen Weltstar wie Prince gekommen.

Sein größter Chartserfolg war 2001 das Album „Die ganze Zeit“, bei dem Stars wie Till Brönner und Popsänger Sasha sich vor dem Deutsch-Soul-Pionier verbeugten. Auf der Single „Gib mir Musik“, dem ewigen Live-Favoriten der Zanki-Fans, sangen neben Sasha seine Mannheimer Schüler Naidoo (von dem er sich 2014 wegen dessen politischer Querflüge distanziert hat), Laith Al-Deen und Rolf Stahlhofen mit. Als diese drei mit ihrem verehrten Altmeister den Song 2003 bei einem Benefizkonzert zugunsten des Capitol interpretierten, war das ein Meilenstein in der Geschichte der traditionsreichen Spielstätte. Zanki war ein politischer Mensch, diskussionsfreudig und streitbar, der seine Facebook-Seite lange wie ein Forum pflegte.

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