Konzert

Sternstunde des Deutschpop: Gregor Meyle im Mannheimer Capitol

Gregor Meyle ist mit achtköpfiger Band vor 800 Zuschauern im Capitol aufgetreten - und setzt dabei auf die ruhigen Töne. Das kommt an in Mannheim

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Gregor Meyle
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Gregor Meyle im Mannheimer Capitol. © Markus Mertens

Bis „Irgendwann“ lässt Gregor Meyle seine Fans im Mannheimer Capitol keineswegs warten: Sein Deutschpop-Feuerwerk zündet der Chansonnier vor 800 Zuschauern stattdessen gleich ab der ersten Minute – und muss dafür noch nicht einmal laut werden. Ohnehin sind die imposanten Töne Meyles Sache nicht, doch Eindruck schafft der Singer-Songwriter auch auf die ganz zärtliche Art und Weise.

Dabei ist die Kulisse, die der 44-Jährige seinen Anhängern feilbietet, nicht von schlechten Eltern. Allein der Bühnenhintergrund erinnert in seiner Holzoptik samt eingebranntem Signet an „Sing meinen Song“-Zeiten – von der stolzen achtköpfigen Band ganz zu schweigen.

Und dass die Band von der Violine bis zum Kontrabass, von der Gitarre bis zum Piano fast schon orchestral bestückt ist, hört man dem vollen, aber immer weichen, warmen Sound merklich an. Besser kann man das schwerlich spielen oder abmischen.

Klug eingesetzte Stille

Dass liebesbetonte Publikumslieblinge wie „Dann bin ich Zuhaus“ oder „Keine ist wie du“ in diesem Kostüm gefallen, mag wenig verwundern. Wie agil die Arrangements bisweilen jedoch auch wechseln und dennoch dynamisch die Stimmung halten, fasziniert – und trägt dazu bei, dass die dramaturgisch klug eingesetzte Stille in der melodisch farbigen Tiefe auch ihre notwendigen Kontraste erhält. Der Mutmacher „So lang ich dran glaube“ ist dafür ein sinnfälliges Beispiel, das nachdenklich-komplexe „Soll ich dich befrein’?“ ein weiteres.

Authentische Zeilen

Was Meyle bei aller Varietät im rein Akustischen jedoch vor allem unter Beweis stellt, ist sein lyrisches Talent, selbst in den bitteren Momenten. Die gesungenen Texte kommen einem dabei stellenweise fast vor wie die Kurzvideoform der sogenannten Reels, mit denen sich Social Media-Nutzer heute zumeist ihre Form der Philosophie kommunizieren.

Nur um ein Beispiel zu geben: Wenn Gregor Meyle in einer seiner Beziehungsballaden singt: „Du wohnst in meiner Zukunft / Du lebst in meinem Jetzt / So soll es sein“, kommt das keineswegs pathetisch, sondern ergreifend, echt und wahr daher.

Selbst für all diejenigen, die den Sänger erst durch „Sing meinen Song“ kennengelernt haben, sind Konzerte wie dieses ein Beweis dafür, dass Gregor Meyle nie nur ein Interpret für den Augenblick war, sondern als Musiker mit tief empfundener Aussagekraft zu verstehen ist, der Mannheim durch ein beeindruckendes Konzert nicht weniger als eine Sternstunde des Deutschpop geliefert hat.

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