Das Interview

Sänger Cro über sein neues Album, den Sommer und Sex

Nach Pandemie, einem Jahr im balinesischen Traumstrandrefugium und dem Doppelalbum „trip“ ist CRO alias Carlo Waibel wieder in der Spur. Auf seinem fünften Album „11:11“ stellt er sanft-kritische Fragen zum Sinn des Lebens

Von 
Steffen Rüth
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Mann und Musiker mit Maske: Cro hat sein altes Leben zurück und legt ein neues Album vor. © dpa

Berlin. Lieber Carlo, genießt du deinen Sommer?

CRO: Oh ja, sehr sogar. Sommer in Europa macht einfach Spaß.

Du veröffentlichst dein neues Album „11:11“ und spielst auf diversen Festivals. Wir erreichen dich in Berlin. Hast du Zeit, den Sommer zu genießen?

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CRO: Momentan ist natürlich viel los, das stimmt. Ich plane Videos, nehme Grafiken ab, stimme mich eng mit meinem Team ab. Da gibt es immer einiges zu tun. Aber ansonsten male ich viel und lass mich endlich auch mal vom Tag treiben. Ich habe mittlerweile gelernt, die Arbeit auch mal Arbeit seinzulassen und einfach zu genießen.

Gerade ist es schön heiß. Funktioniert ein Cro auch bei 40 Grad?

CRO: Ich mag es warm, mit Kälte hingegen komme ich nicht so gut klar.

Du hast Corona weitgehend auf Bali verbracht. Wie hast du deine Zeit im Paradies erlebt?

CRO: Für mich hat die Insel irgendwas Magisches. Man steigt aus dem Flugzeug aus und ist einer anderen Welt. Das hat fast etwas Spirituelles. Ich mag die Ruhe, die Freundlichkeit der Menschen dort. Ich habe mir auf Bali ein Studio gebaut und kann dort wunderbar arbeiten. Für mich ist Bali die perfekte Ergänzung zum Leben hier in Deutschland. Wo doch immer alles sehr vollgepackt ist mit Terminen, mit Auftritten und viel Öffentlichkeit. Bali ist im Gegensatz dazu ein wunderbarer Ruhepol.

Dein neues Album kommt überraschend schnell nach „trip“ vor einem Jahr. Was ist der Grund?

CRO: Die Muse küsst dich so, wie sie dich küsst. Wenn es einfach so aus mir sprudelt, dann halte ich es natürlich nicht auf. Bei dem Album davor hatte ich einfach das Gefühl, mir mehr Zeit nehmen zu müssen und zu wollen.

„11:11“ ist eine Sommerplatte. War das dein Plan, einen schönen, unbeschwerten Soundtrack für die heiße Jahreszeit zu machen?

CRO: Das finde ich auch. Ich wollte gerne ein leichtes Album machen, das aber auch ernstere Seiten von mir zeigt. Es sollte nach Sommer klingen, aber dabei nicht zu verträumt sein. Auch an einem Sommertag ist nicht alles immer leicht.

Auf deinem Album findet sich in den Texten nichts Politisches oder Gesellschaftskritisches. Lässt du das bewusst weg, um die Leute nicht noch mehr runterzuziehen?

CRO: Ich finde schon, dass ich gesellschaftsrelevante Themen in meinen Texten verarbeite, was sicherlich auch zum Denken anregen kann oder etwas aus einem anderen Blickwinkel beleuchtet. Ich sehe mich aber nicht in der Pflicht, politisch Stellung zu beziehen. Ich versuche vielmehr, die Menschen zu inspirieren, grundsätzlich die richtige Einstellung im und zum Leben für sich selbst zu finden. Ich freue mich, wenn meine Songs auch eine kurzfristige Flucht aus der Realität sind. Um neue Kraft zu schöpfen und allem eine Balance zu geben.

Insgesamt geht es total viel um die Liebe - und auch um Sex - auf „11:11“. Wie kommt’s?

CRO: Die Liebe ist mein Treiber. Ich liebe das Leben und die Menschen um mich herum. Liebe gewinnt immer.

Du bist jetzt 32. Ist das auch dein gefühltes Alter?

CRO: Ich merke schon, dass ich erwachsener geworden bin, aber das an eine Zahl festzumachen finde ich schwierig. Ich fühle mich gut in meiner Haut und das ist das Wichtigste.

Woran merkst du, dass du älter wirst?

CRO: Ich merke, dass ich, bezogen auf mein Business lerne, mehr Verantwortung zu übernehmen. Ich hinterfrage viel mehr, will viel mehr wissen. Vieles, was mir jetzt wichtig ist, war mir zu Beginn der Karriere noch egal.

Deine Songs haben immer noch dieses jugendliche Cro-Ding, dieses Unbekümmerte, Lässige. Siehst du zu, dass du dir das bewahrst?

CRO: Ich bin ich und lasse dies auch zu. Alles kommt und geht in Wellen. In meinem Album „tru“ klang CRO ganz anders, jetzt klingt er so. Das nächste Album kann wieder ganz anders sein. Aber ich bleibe im Kern immer derselbe. Es wäre schwer, mich zu verstellen und die Leichtigkeit gar nicht zuzulassen.

„Man kann nicht immer top sein“ sagst du auf deiner Platte. Wie kommst du mit den Aufs und Abs deiner Karriere klar?

CRO: In dem Moment ist es nicht immer einfach, aber im Nachhinein merke ich, wie wichtig diese Aufs und Abs sind. Sowohl für die persönliche als auch für die künstlerische Entwicklung. Aus schlechten Phasen kommt man ja immer gestärkt raus.

Der Song „Freiheit“ sticht auf „11:11“ heraus, sowohl musikalisch mit der Gitarre, als auch wegen des Texts. Du sagst „Es gibt unendlich viele Wege, die man gehen kann – ich geh nur meinen“. Wie schaut dein Carlo/CRO-Weg aus?

CRO: Ich bin oft mit dem Kopf durch die Wand gerannt. Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, dann muss ich es durchziehen, egal wie lang es dauert. Auf dem Weg lernt man auch viel, aber dabei ist es wichtig, dass man bei sich selbst bleibt und nicht versucht, es allen recht zu machen.

Was bedeutet dir Freiheit?

CRO: Nicht auf die Uhr schauen zu müssen.

Bist du frei?

CRO: Ja, ich bin sehr frei.

Carlo, um aus deinem eigenen Song „11:11“ zu zitieren: Bist du glücklich?

CRO: Schöne Textzeile oder? Ich bin sehr glücklich.

Wie gelingt dir diese Balance zwischen ausgeflipptem Kreativen und smartem Businessmann?

CRO: Indem ich ein Team habe, dem ich vertraue. Wie gesagt, ich hinterfrage viel mehr und lerne immer neu dazu. Aber ich bin in erster Linie Künstler.

„Dein Debütalbum „RAOP“ ist kürzlich zehn Jahre alt geworden. Was denkst du heute über die Platte und Songs wie „Easy“?

CRO: Ich bin sehr dankbar. Dankbar, dass das damals alles so gekommen ist.

Hättest du vor 10 Jahren gedacht, heute mit deinem fünften Album hier zu stehen?

CRO: Ich hatte es mir auf jeden Fall vorgenommen, und ich habe alles in meiner Macht Stehende getan, um den Traum auch wirklich wahrwerden zu lassen.

Du machst jetzt auch Mode. Wie kam es zur „SMILES“-Kollektion und was ist das Besondere?

CRO: Ich wollte unbedingt auch Fashion machen – und zwar unabhängig von meiner eigenen Merchandise-Linie, die ja etwas mehr mit meiner Musik verbunden ist. Das Besondere daran ist, dass es leicht und bequem ist, aber man trotzdem gut angezogen damit aussieht. (lacht)

Du machst, unter dem Namen Carlito, jetzt auch Kunst. Wie kam es dazu?

CRO: Ich male schon immer. Langsam beginne ich, das aber auch nach draußen zu tragen.

Warum verkaufst du deine Bilder als sogenannte NFTs – also als digitale Kryptowerte?

CRO: Ich gehe gerne mit der Zeit und möchte technologische Fortschritte nutzen, sofern sie Sinn machen. Bei NFTs habe ich das Gefühl, dass wir am Anfang einer technologischen Renaissance sind, die uns noch lange in vielen Bereichen begleiten wird. Kunst als NFTs zu verkaufen war für mich ein spannendes erstes Projekt, um mich in den Markt zu versuchen und fernab der Musik ein außergewöhnliches Kunstprojekt auf die Beine zu stellen.

Ist die ganze NFT-Kiste nicht ein ziemlicher Hype, ähnlich wie Bitcoin?

CRO: Ich glaube, dass uns die Blockchain-Technologie, trotz Auf und Abs der Märkte, noch lange begleiten wird und nicht als Hype vorüber gehen wird.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem Stuttgarter Künstler Tim Bengel, der vor allem für seine Arbeiten mit Sand bekannt ist?

CRO: Wir haben uns einmal getroffen, und er hatte Bock, beim NFT Projekt am Start zu sein.

Was sind deine Wünsche für die nächsten zehn Jahre, beruflich wie privat?

CRO: Weiterhin glücklich zu bleiben. Ich bin dankbar, das machen zu können, wofür ich brenne. Ich weiß durchaus, dass das nicht selbstverständlich ist.

Freier Autor

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