Winfried Muthesius - Ausstellung im Museum am Dom

"Pittura oscura"

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Muthesius im Museum: das Werk "Dionysos".

© Markus Hauck/pow

Die Farbe Rot springt als erstes ins Gesicht. Doch durch die roten Pinselstriche - mal mehr, mal weniger deckend - erkennt man eine Schwarz-Weiß-Fotografie mit Weinreben und einer Burganlage. Ortskundige wissen, dass es sich hier um Weinberge unterhalb der Festung Marienberg in Würzburg handelt. Bei genauerer Betrachtung fällt aber noch etwas anderes auf: Mitten in der Landschaft zwischen den Weinreben steht ein Gemälde, das so gar nicht in die Umgebung zu passen scheint. Es ist ein Werk des Künstlers Winfried Muthesius aus dem Jahr 1991. Muthesius malte es als Teil seiner "Schädel-Reihe" für eine Ausstellung in der im Zweiten Weltkrieg innen zerstörten Kirche Sankt Petri zu Lübeck.

Alle Gemälde dieser Reihe sind in Schwarz-Weiß gehalten und Reduktionen eines mittelalterlichen Schädels, den der Künstler geschenkt bekam.

Jetzt dienen die Kunstwerke, die Muthesius 2012 dem Museum am Dom in Würzburg stiftete, als Vorlage für neue Kreationen. Diese sind zusammen mit einer Auswahl von Gemälden der Schädel-Reihe in der Sonderausstellung "ZeitBrüche" ab 4. November im Museum am Dom zu sehen. Auch der Totenkopf, der als Vorlage diente, ist ausgestellt. Bis zum 11. Januar zeigt der in Berlin geborene Muthesius unter anderem die so in diesem Jahr in Würzburg entstandenen Bilder.

"Ich verstehe mich nicht als abstrakten Künstler. Ich arbeite realistisch", sagte Muthesius im Vorfeld der Ausstellung im Museum am Dom. Dennoch lassen die Gemälde des 1957 geborenen Künstlers nicht immer sofort erkennen, welches Motiv dahinter steckt. "Pittura oscura" nennt Muthesius seine Technik, bei der er eines seiner Ursprungsgemälde in einem bestimmten Raum fotografiert, das Bild entwickelt, übermalt und dann erneut reproduziert. So entstanden auch die beiden Kunstwerke "Dionysos" und "Untergang" in Würzburg. Das gesamte Zwischenstockwerk des Museums am Dom ist Bildern in dieser Technik gewidmet. In der großen Ausstellungshalle im Keller ist die Schädel-Reihe ausgestellt.

Muthesius' Werke tragen Titel wie "Apokalyptischer Himmel", "Sturzflug" oder "Gefangen" und sind in Schwarz, Blau oder Rot gehalten. Und trotzdem wirken die Bilder nicht trostlos oder düster. "Der Künstler schafft es, in seinen Bildern zu vermitteln, dass man sich nicht von Einbrüchen bannen und lähmen lassen soll, sondern dass man die Möglichkeiten der Ausbrüche erfasst", erklärte Kunstreferent Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen. Die Bilder gestalteten den Raum, aber der Raum gestalte auch die Bilder. Auch mit diesem Element spiele Muthesius. Sarah Jehle (POW)

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