Pop - Cocorosie legen einen von nur zwei deutschen Tourstopps in der Alten Feuerwache in Mannheim ein

Perfider Hip-Hop ohne Herzenskummer

Von 
Bernd Mand
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Die Schwestern Sierra und Bianca Casady in der Alten Feuerwache.

© Rinderspacher

Viel war die Rede von der Rückkehr zu den Wurzeln, dem Zauber früherer Alben und dem Bekenntnis zur Einfachheit, als das jüngste Album der beiden Cocorosie-Schwestern Sierra und Bianca Casady - vor zwei Jahren Headliner beim Maifeld Derby - im vergangenen Jahr erschien. "Heartache City" (etwa "Stadt des Herzenskummers"), so der Titel der zehnteiligen Songsammlung, mag für viele jahrelange Cocorosie-Hörer vielleicht auch genau das sein, aber beim Auftritt in der Alten Feuerwache wurde vor allem eines klar: Das düster-hübsche Schrägjammern der beiden Protagonistinnen des New Weird America ist wohl erst einmal vorbei. Gut so. Wie zumindest der anderthalbstündige Konzertabend, einer von nur zwei Tourneestopps in Deutschland, jedem Anwesenden bescheinigt haben dürfte.

Das Vorprogramm stemmte der aus Florida stammende Singer-Songwriter Morgan Sorne, kurz SORNE, mit einer eindringlichen Mischung aus spacigem Folk und melodramatischen Falsett-Schleifen, die Björk und Klaus Nomi gleichermaßen hätten aufhorchen lassen. Eine kantige Opernabendminiatur, die einem nicht leicht ins Ohr geht, aber durchaus den Weg bereitet für die beiden Schwestern, die in Sachen Stimmhöhe ja ebenfalls gerne im oberen Mittelfeld mitspielen. Und diesmal ganz eindeutig den Hip-Hop als besten Freund gefunden haben. Perfider LoFi-Hip-Hop, um genauer zu sein, der sich mit Songs wie "Forget Me Not", "Un Beso" oder "Lost Girls" flink in Kopf und Beine schleicht. Mit Beatboxer und Sample-Unterstützung an Keyboard und Trompete baut man hier zu viert an einer famosen, selbstironischen Konzertintervention, die Nellie McKay und Sia zwischen den Zeilen tanzen lässt. Und das anwesende Konzertvolk ebenso.

Ein wenig Platz nach oben

Konzertdramaturgisch wäre jetzt vielleicht noch ein wenig Platz nach oben gewesen und viele der überdramatischen Vokalflächen hätte man sich irgendwie auch schenken können, aber da wollte man wohl die Genesis der eigenen Band doch nicht komplett über Bord werfen. Schwamm drüber, es war ein dichter Kopfnickerabend, über den man sich am Ende dann doch sehr gefreut hat.

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