Stadt.Wand.Kunst

Neues Mural in Mannheim: Welche Bedeutung dahinter steckt

Gebrochene Texturen und Satzfragmente in Schwarz-Weiß: Georgia Hill hat ein neues Mural für Stadt.Wand.Kunst in den Mannheimer Quadraten gestaltet, das seine ganze Poetik jedoch erst auf den zweiten Blick offenbart

Von 
Dr. Susanne Kaeppele
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Georgia Hill bei der Arbeit an ihrem Mural in der Mannheimer Innenstadt. © Alexander Krziwanie/Stadt.Wand.Kunst

Mannheim. Hinter dem Zeughaus, Mannheims geschichtsträchtigem Ort mit seiner großen Kunstsammlung, treffen sich die Pressevertreterinnen und -vertreter. Die australische Künstlerin Georgia Hill, seit ein paar Tagen in Mannheim zu Gast, hat dort das neueste Mural (Wandgemälde) geschaffen.

In seiner überraschenden Schwarz-weiß-Optik und hohen Qualität fügt es sich gut ein in die Fassadenkunst des Open Urban Art Museum. 2013 gründete sich die geniale und effektive Kooperation zwischen Alter Feuerwache - federführend der damalige Leiter Sören Gerhold -, Montana Cans Heidelberg und der Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft GBG, in wohlwollender Zusammenarbeit mit dem Kulturamt Mannheim.

Reaktionen auf Wandbilder in Mannheim überwältigend

Und da die Reaktionen auf Mannheims neue Attraktion, nämlich das Wandbild von Herakut in F 6, damals so überwältigend ausfielen, entschlossen sich die Kooperationspartner schnell dazu, weiter zusammen zu arbeiten. Bereits im darauffolgenden Jahr entstand ein neues Kunstwerk: Der russische Künstler Dimitri Aske malte im August 2014 das Porträt des „Modern Thinker“, angelehnt an die berühmte Bronzeskulptur „Der Denker“ von Auguste Rodin. Und bis heute entstanden insgesamt mehr als 40 Wandarbeiten, auch in den Mannheimer Stadtteilen.

Ursprünge liegen im Graffiti, in der oft nächtlichen Kommunikation mit der Sprühdose

Bei allen Künstlern und auch den wenigen Künstlerinnen, die die Murals gestalteten, liegen die Ursprünge ihres Schaffens letztlich im Graffiti, in der oft nächtlichen Kommunikation mit der Sprühdose. Dabei gehöre sehr viel Mut dazu, als Frau mit der Spraydose unterwegs zu sein, wie Hera, die mit ursprünglichem Namen Jasmin Siddiqui heißt und Teil des Künstlerduos Herakut war, einmal sagte. Erst recht allein in fernen Ländern. Denn die in Mannheim tätigen Urban Art Künstlerinnen und Künstler sind international gefragt.

© Stadt.Wand.Kunst

Wie auch die Künstlerin, die nun an der Fassade in D 4 arbeitet. Georgia Hill, 1988 in Australien geboren, lebt heute eigentlich in Sydney, ist aber international unterwegs. Nach dem Studium der Visuellen Kommunikation in Sydney verbrachte sie auch etwa ein Jahr in Berlin. Mit ihren zahlreichen Ausstellungen und Projekten ist sie jedoch weltweit zu Gast - in Kanada, Neuseeland, Island, Jordanien, Indien, Japan und Indonesien, aber auch in Europa, etwa in Paris und Kopenhagen.

Sie liebt, wie sie erzählt, mittlerweile alle Arten von Architektur und Kunst. So zeigte sie sich beispielsweise sehr beeindruckt von Constantin Brancusis Atelier in Paris, das öffentlich zu sehen ist. Und sie liebt die hohe Einfachheit und Klarheit des dänischem Designs.

Das Open Urban Art Museum Stadt.Wand.Kunst

  • Das Open Urban Art Museum Stadt.Wand.Kunst wurde 2013 gegründet, federführend von Sören Gerhold (damals Leiter des Kulturzentrums Alte Feuerwache).
  • Das Projekt startete mit einem Aufruf des weltweit etablierten Künstlerduos Herakut: Gesucht wurde eine Wand für das Giant Storybook Project - für ein Bilderbuch-Projekt, bei dem die einzelnen Seiten des Buches auf riesigen Häuserwänden in der ganzen Welt gemalt wurden.
  • Dieser Aufruf wurde von der Alten Feuerwache in Kooperation mit Montana Cans Heidelberg und der Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft GBG unterstützt.
  • So entstand im Juli 2013 in der Mannheimer Innenstadt das Fassadengemälde „My Superhero Power is Forgiveness“ von Herakut (schräg hinter dem Rathaus).
  • Das neue Mural von Georgia Hill in D 4, 15 ist das insgesamt 18. von Stadt.Wand.Kunst in den Quadraten. Informationen zu allen Murals gibt es unter stadt-wand-kunst.de

Die Künstlerin hat in den vergangenen Jahren ihres Schaffens eine einzigartige Ästhetik in der zeitgenössischen Kunst- und Streetart-Szene entwickelt und gilt zurecht als eine der führenden Street Art-Künstlerinnen Australiens. Ihre Kunstwerke in strengem Schwarz-Weiß erstrecken sich auf der ganzen Welt über Hausfassaden, aber auch Brücken und Felswände.

Einzelne Wörter, die einen Dialog schaffen, der auf Erinnerung, Reflexion und Erfahrung basiert

Ein ganz wichtiges Element in ihrer Kunst ist das Wort: So finden sich in jedem ihrer Werke Satzfragmente oder einzelne Wörter, die oft nicht eindeutig oder schnell zu identifizieren, aber immer sinnhaft sind. Sie verbinden sich zu poetischen kurzen Sätzen wie hier in D 4: „Come close to me“. Einzelne Worte, die in großer Schrift einen Dialog schaffen, der, wie Georgia Hill sagt, auf Erinnerung, Reflexion und Erfahrung basiert.

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Ihre Arbeiten sind häufig mehrdeutig und laden die Betrachter dazu ein, eine Bedeutung zu finden, sich einen eigenen Kontext zu erschließen. Im Schaffensprozess bewegt die Künstlerin sich immer im Kontrast zu ihrer Umgebung, sei es in der Landschaft oder wie hier im städtischen Raum, wo eher Gedanken an die Einsamkeit in der Stadt im Gegensatz zum lauten Verkehrslärm aufkommen.

Kleinere Grafiken und Bilder zeigt Georgia Hill auch in Ausstellungen. Manchmal sind es hängende schwarze Stoffbahnen mit weißen Buchstaben. Natürlich funktioniert dies auch im Freien, etwa mit bemalten Wimpeln in der Wüste. Einen Eindruck von ihrem Schaffen kann man auch auf ihrer Webseite gewinnen.

Freie Autorin Freiberufliche KunsthisitorikerinSchwerpunkte: Aktuelle, zeitgenössische Kunst, Videokunst, Fotografie,Klass. Moderne, Renaissance

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