Zeltfestival

Mannheimer Zeltfestival: So verliert sich Faber zwischen Generation X und Y

Der Schweizer Liedermacher Faber bietet bei seiner musikalischen Sinnsuche auf dem Mannheimer Zeltfestival eine hervorragende Kulisse, um das Leben zu feiern

Von 
Berthold Planer-Friedrich
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Haut in die Saiten und bringt das Publikum zum Mitsingen: der Schweizer Liedermacher Faber auf seiner „Addio“-Sommer-Tour in Mannheim. © Rudolf J. Uhrig

Der Weg zum Mannheimer Zeltfestival gerät zu einer kathartischen Erfahrung eigener Art. Das Unwetter testet die Nerven, den Willen und das Zelt. Wie sich dann herausstellt, haben alle Komponenten standgehalten.

Einige Zuschauer erscheinen zwar wie die sprichwörtlich begossenen Pudel, aber der Andrang ist groß, und das Zelt steht sicher und dicht.

Black Sea Dahu: Sympathische Schweizer Band beim Zeltfestival

Als Vor-Band hat Faber die ebenfalls schweizerischen Black Sea Dahu mitgebracht. Die haben eine Zeit lang nicht gespielt, gehören zu Fabers Bekanntschaften noch aus der Schulzeit und bringen leicht nervösen, hippiesken Indie-Folk auf die Bühne, der manchmal etwas rumpelt, oft beschwingt groovt und mit lyrischem Satzgesang auf befindliche englische Texte die Seele wärmt. Als Merch haben sie selbstbestickte Täschchen mitgebracht und wirken auch sonst recht sympathisch auf ihre gebastelte Art.

Faber tritt in Mannheim mit Streichertrio auf

Faber ist ein anderes Kaliber. Von Auftritten in Mannheim ist er bereits bekannt. Als Bühnenhintergrund ist zerknülltes Papier projiziert. Die Band ist beachtlich, sogar ein Streichertrio ist am Start, und als Faber zu ihnen auf die Bühne tritt, macht das Publikum lautstark klar, dass es seinetwegen den Regengüssen getrotzt und das Zelt rappelvoll gefüllt hat.

Das Bühnenbild von Faber zeigt beim Mannheimer Zeltfestival zerknüllte Papierfetzen. © Rudolf J.Uhrig

Ob die neuen Lieder „Du kriegst mich nicht zurück“ und „Ayurveda“ oder das schon ältere „Es könnte schöner sein“ - die sexuell aufgeladene Misere, die man von ihm mit großer Geste zu zornigem Impetus erwartet, setzt den Ausgangspunkt. Er scheut kein explizites Vokabular und hat eine Stimme, die klingt wie am Morgen danach.

In einer Welt, wo der Tango aus Finnland kommt, weiß man nicht, ob sein Balkansound vom Goran Koc y Vocalist Orkestar nicht eigentlich Latin Music ist oder doch in der alten italienischen Folktradition wurzelt. Aber das Publikum theoretisiert nicht. Das Publikum singt mit, und Faber haut dermaßen in die Saiten seiner Gitarre, dass sie am Ende von „Sag mir wie du heißt“ hörbar aus der Stimmung geraten ist.

Für das Mannheimer Konzert hat Faber viel Zeit und Songs dabei

Faber kann viele Facetten und verdient es nicht, auf eine Masche festgelegt zu werden. Die zwischenmenschlichen Abgründe kann er auch levantinisch angehaucht oder im Stil eines Serien-Titel-Trailers oder sakralmusikalisch aufgeladen zelebrieren, wenn er nicht sogar bei einem Sprechgesang à la Paolo Conte landet.

Faber mit Band beim achten Zeltfestival in Mannheim. © Rudolf J.Uhrig

Für das Konzert hat er sich viel Zeit und Songmaterial reserviert. Das Publikum kommt jedenfalls auf seine Kosten. Beim Wechsel zu italienischen Lyrics entsteht der Eindruck, Faber sei mehr bei sich selbst. Nach Solo nur mit Gitarre und einigen tanzbaren Nummern, die das Zelt sichtbar zum Hüpfen bringen, packt er seine Hits aus. Die Hände im Publikum fliegen hoch und bleiben dort, bis er schließlich seinen Vater und Cantautore Pippo Polina für eine Duopremiere auf Schweizerdeutsch und italienisch auf die Bühne bittet.

Faber beweist, dass die Verlorenheiten und Unüberbrückbarkeiten eines Lebens zwischen Generation X und Generation Y, Beziehungswirrwarr und Wut, in einem Mitteleuropa auf Sinnsuche und an der Kreuzung vieler Einflüsse eine hervorragende Kulisse sind, um das Leben zu feiern. Als passende Zugabe hat er sich sein „Anima ribelle“ aufgehoben, ein äußerst tanzbares Lob auf den widerständigen Geist.

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