Freilichtspiele Schwäbisch Hall - Die 89. Spielzeit begann mit Shakespeares "Verlorene Liebesmüh'"

Ein Publikumserfolg, mehr aber auch nicht

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Nicht von ungefähr beginnen die Freilichtspiele Schwäbisch Hall ihre 89. Spielzeit mit Shakespeare. Denn vor 450 Jahren wurde der englische Klassiker, der zu den bedeutendsten Dramatikern der Weltliteratur zählt, in Stratford-upon-Avon geboren. Auf der Großen Treppe steht wohl kein Original-Skakespeare-Werk auf dem Programm, doch für das Cole-Porter-Musical "Kiss me, Kate" stand er mit seiner Komödie "The timing of the shrew" ("Der widerspenstigen Zähmung") Pate. Im Globe Theater dagegen kann man eine dazu noch selten gespielte Komödie von William Shakespeare sehen.

"A pleasant conceited comedie called love' s labour' s lost" heißt das wohl 1593/94 entstandene Stück im Original, dessen erste Aufführung vor Königin Elisabeth I. an Weihnachten 1597 bezeugt und dessen erste Quartoausgabe im darauffolgenden Jahr erschienen ist. Manchmal unter dem Titel "Liebes Leid und Lust" - so in der Übersetzung von Wolf Graf Baudissin - vorgestellt, entschied man sich in Schwäbisch Hall, wo man auf die Übersetzung von Jakob Michael Reinhold Lenz aus dem Jahr 1774 zurückgriff, die Georg Kistner bearbeitete, für "Verlorene Liebesmüh".

Es ist die Geschichte des Königs von Navarra und seiner drei Höflinge Biron, Longville und Dumaine, die geloben, drei Jahre lang in einer platonischen Akademie philosophische Studien zu treiben, mit asketischen Übungen zu leben und jeden Umgang mit Damen zu meiden, die dann aber von der Prinzessin von Frankreich und ihren Hofdamen Rosaline, Maria und Katherine eines Besseren belehrt werden. In Schwäbisch Hall fehlen nun Dumaine und Katharine, was nicht weiter schlimm wäre, wenn nicht auch noch anderes fehlen würde. Köstlich ist der Sprachwitz dieser "literarischsten" Komödie Shakespeares, so dass man sich wundert, weshalb dieses im engeren Sinn nicht historische Stück, das wohl einige geschichtliche Parallelen enthält, nicht häufiger gespielt wird. Denn bei einer einfühlsam-kongenialen Regie müsste der Erfolg eigentlich von vornherein gesichert sein. Im Globe Theater in Schwäbisch Hall ist die mit einer Spieldauer von über zweieinhalb Stunden, einschließlich einer Pause, etwas langatmige Aufführung wohl ein Publikumserfolg - mehr aber auch nicht.

Das Geschehen trägt sich auf drei Ebenen zu, die Heiko Mönnich, für Bühne und Kostüme verantwortlich, mit einem Blätterbaum mit wuchtigem Stamm miteinander verbunden hat. Die Protagonisten, die manchmal auch durch den Zuschauerraum auftreten, tragen historisierende Kostüme, was jedoch nicht hindert, wenn ein Schuh zum vermeintlichen Handy umfunktioniert wird und die das Ganze illustrierende Musik etwa von Giacomo Puccini aus dessen Oper "Turandot", von der Pop-Rock-Gruppe "Wir sind Helden", der Berliner Hip-Hop-Musikgruppe "Culcha Candela" oder von Udo Jürgens stammen, der mit seinem Siegertitel des Eurovision Song Contest 1966, "Merci, Chérie", vertreten ist.

Das alles passt zu Mixed-Pickles-Inszenierung von Thomas Goritzki, die einem häufig sauer aufstößt. Wohl ist immer etwas los, Lautstärke ist Trumpf, Stilgefühl und Sensibilität sind jedoch im Soll. Nicht von ungefähr zieht der König von Navarra schon kurz vor der Pause Bilanz: "Genug gekalauert, es reicht".

Dieser König ist Jochen Neupert, seine Höflinge Longaville und Birom spielen Gregor Knop und Nils Bucholz. Als Prinzessin von Frankreich, Marie und Rosaline treten Julia Hansen, Stella Goritzki und Bärbel Schwarz als kreischendes Damen-Trio auf.

Mit Marcel-Reich-Ranicki-Diktion versucht Ansgar Schäfer häufig unverständlich seiner Aufgabe als Don Adriano de Armada gerecht zu werden.

André Kudella gibt seinen Pagen Mot. Ein pfiffiges Bauernmädchen Jakobina verkörpert Bettina Storm. Vilmar Bierl ist der zu ihr passende oder auch nicht passende Schäfer und Narr Costard.

Im Dienst der Prinzessin von Frankreich steht Maximilian Löser-Hügel als Edelmann Bojet. Pfarrer, Lehrer und Frisör in einem ist Jan Kämmerer. Dieter Schnabel

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