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Dikka-Konzert in Mannheim: Musik für Kinder

Ein rappendes Nashorn und Metal-Dinos: Die Musikbranche bedient zunehmend eine junge Zielgruppe. Am 10. Oktober etwa tritt das Nashorn Dikka im Rosengarten in Mannheim auf. Der Erfolg solcher Konzerte hat mehrere Gründe

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Tanja Capuana
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Als Nashorn Dikka rappt sich Simon Müller-Lerch in die Kinderherzen. © Tanja Capuana

Mannheim. Coole Raps, fetziger Pop und schmissiger Rock, garniert mit kindgerechten Texten: Die Musikbranche hat längst die jüngste Hörerschaft als neue Zielgruppe entdeckt. Dass Stars wie Deine Freunde oder Heavysaurus derzeit so erfolgreich sind, hat viele Gründe. „Gerade weil alles immer digitaler wird, erleben wir das wachsende Bedürfnis der Menschen am echten, analogen Erlebnis“, sagt Johannes Everke, Geschäftsführer des Bundesverbands der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft e.V. (BDKV).

„Das trifft ja gerade auf Kinder zu und wir erinnern uns noch gut, wie gerade sie unter der gesellschaftlichen Isolation im Lockdown gelitten haben oder wie sehr sich Kinder von gelesenen Märchen, Puppentheater oder einfachen Aufführungen mitreißen lassen.“ Das Interesse der Zielgruppe sei also da und man bediene das sehr gerne. „Gerade auch, weil Kinder einerseits zwar ein schonungslos direktes Publikum sind, uns aber andererseits mit Euphorie und Dankbarkeit belohnen.“

Metal für kleine Fans: Mit „Pommesgabel“ oder „Dino-Disco“ heizen die singenden Dinos von Heavysaurus dem jungen Publikum ein. © Jens Vetter

Er ist grau, rappt und singt: Das Nashorn Dikka hat längst die Kinderzimmer der Nation erobert - und wird am Donnerstag im Rahmen seiner „Die tollsten Tage mit Dikka“-Tour den Mannheimer Rosengarten aufmischen. Unter dem kuscheligen Rhinozeros-Kostüm steckt kein Geringerer als Songwriter Simon Müller-Lerch, der auch unter seinem Künstlernamen Sera Finale Songs wie „Monsta“ von Culcha Candela schrieb. Als Dikka unterhält er Kinder mit Songs, die von Westcoast-Hip-Hop inspiriert sind.

Das Nashorn kollaboriert häufig mit bekannten Künstlern: Für „Boom Schakkalakka“ hat sich Dikka etwa Wincent Weiss ans Mikrofon geholt, bei „Eis Eis Baby“ singt Nico Santos mit. Weitere Co-Sängerinnen und -Sänger, mit denen Dikka zusammengearbeitet hat, sind Lea, Kontra K. oder Mark Forster. Bei den familiengerechten Songs geht es um Supermamas und Superpapas, Partys, aber auch darum, einfach glücklich zu sein. Inzwischen hat der Künstler sein drittes Album veröffentlicht.

Rolf Zuckowski als „heimliches viertes Bandmitglied“

Metal für Kinder serviert die Gruppe Heavysaurus seit 2017. Die Band, bestehend aus vier Dinos und einem Drachen, wurde nach dem Konzept von Hevisaurus aus Finnland kreiert. Der Thunderstone-Schlagzeuger Mirka Rantanen wollte 2009 eine kindgerechte Metal-Band für seinen Sohn auf die Beine stellen. Inzwischen begeistern auch in Deutschland kostümierte Musiker mit Songs wie „Pommesgabel“ oder „Dino-Disco“ ihr junges Publikum. Beim deutschen Ableger schlüpft Frank Beck live in die Rolle von Mr. Heavysaurus, dem Frontsänger.

Zu den beliebtesten Künstlern gehört die Band Deine Freunde, die sich aus Florian Sump, ehemaliger Schlagzeuger der Gruppe Echt, Markus Pauli, Musikproduzent und Live-DJ von Fettes Brot, sowie Autor und Sänger Lukas Nimscheck zusammensetzt. Sie reißen das junge Publikum mit witzigen Ohrwürmern wie „Schokolade“, „Keine Märchen“ oder „Quatsch mit Soße“ mit. Und unter den Konzertbesuchern tummeln sich auch immer wieder Eltern, die mindestens genauso viel Spaß wie ihre Sprösslinge haben. „Ich glaube, dass die Kinder in erster Linie merken, dass wir sie ernst nehmen“, sagt Sump. „Also dass sie sich von uns auch an der einen oder anderen Stelle vielleicht ein bisschen gefordert fühlen, aber vor allem uns danken, dass wir sie nicht unterschätzen.“

Gleichzeitig wollen die drei Männer mit ihrer Musik nicht den perfekten Familienalltag präsentieren, sondern authentisch sein. „Wir wollen nicht, wie es in der Werbung oft passiert, eine künstliche, nicht ganz realitätsgetreue Harmonie abbilden, die mit echten Familien und einem echten Leben nichts macht, außer dass sie sich vielleicht schlecht fühlen.“ Das Leben als Familie sei nun mal oft chaotisch und konfliktreich.

Musik für Kids

 

  • Gorilla Club macht Indie-Pop für das junge Publikum. Dahinter stecken die Mitglieder der Gruppe Locas in Love.
  • Das Projekt Lichterkinder von Achim OppermannLars Jacobsen und Flo Bauer lässt alle vom Trio geschriebenen Lieder von Kindern einsingen.
  • Bernhard Lütke macht als Ein-Mann-Band Bummelkasten A- Capella-Musik für Kids. Kai Lüftner, Till Sahm und Ralf Brockmanns Rotz ’n’ Roll Radio bekam den Medienpreis Leopold 2015/2016.
  • Deine Freunde gehen 2025 wieder auf Tour und arbeiten bereits an neuer Musik. Zudem gibt es eine Hörspielreihe des Trios namens „Tür zu, es zieht“.
  • Heavysaurus wird am 7. Dezember in der Heidelberger Halle02 ein Konzert geben.
  • Das neunte Album der Serie Giraffenaffen, bei der deutschsprachige Künstler Kinderlieder neu interpretieren, erscheint am 18. Oktober.

Entdeckt wurden Deine Freunde von Kinderlieder-Urgestein Rolf Zuckowski. „Er hat uns damals den ersten Plattenvertrag besorgt und wurde dann das heimliche vierte Bandmitglied, auch wenn wir keine Musik zusammen machen“, erzählt Sump und lacht. „Aber Rolf ist in der Regel immer der Erste, der unsere neuen Alben hört.“ Sump ist zudem seit vier Jahren Stiftungsratsmitglied in Zuckowskis Stiftung „Kinder brauchen Musik“, die Geld für die Umsetzung von musikalischen Projekten akquiriert.

Mit Streaming verdienen viele Künstler kaum noch Geld

Während Deine Freunde die Konzerthallen füllen, ist Zuckowski einst vor allem in TV-Shows aufgetreten. „Rolf Zuckowski und andere Stars für Kinder wurden früher viel in Fernsehshows gezeigt - oder mit Kassetten und CDs bei voller Lautstärke im Kinderzimmer“, sagt Everke. „Heute ist beides anders: Das lineare Fernsehen wird nicht mehr so wie früher konsumiert und Kassetten und CDs wurden durch Streaming-Plattformen wie Spotify und Co. weitestgehend ersetzt.“ Damit hätten sich auch die Einnahmequellen für die Künstler verändert. Mit Streaming verdienen viele Künstler heute kaum noch Geld. Deshalb beobachte man seit Jahren, dass Livekonzerte und Tourneen zur wichtigsten Einnahmequelle werden.

Deine Freunde: Florian Sump, Markus Pauli und Lukas Nimscheck. © M. Schunk

„Dass Kinder und Erwachsene dadurch vermehrt auf Livekonzerte kommen, ist für unsere Gesellschaft und für die Kultur eine große Chance“, sagt er. Diese besondere Atmosphäre, wenn man zusammen mit vielen anderen eine Band erlebt, präge sich ein. „Auch Livekonzerte für Kinder bieten also mehr als ,nur’ die Musik, und gleichzeitig entsteht hier das Publikum der Zukunft.“

Freie Autorin Kulturredaktion, Lokalredaktion, Wochenende. Schwerpunkte: Bunte Themen, Reisereportagen, Interviews, Musik (von elektronischer Tanzmusik bis Pop), Comedy und Musicals

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