Abseits des Mainstream

Die Gralshüter des progressiven Rock

„Porcupine Tree“ gastierten in der Stuttgarter Porsche-Arena

Von 
Harald Fingerhut
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Auf einen dreistündigen musikalischen Trip abseits jeglicher ausgetretener und in den Charts heimischer Gefilde nehmen „Porcupine Tree“ rund 5000 Zuhörerinnen und Zuhörer in der Stuttgarter Porsche-Arena mit. Der von einer ausgeklügelten Lightshow und zahlreichen Videos kongenial unterstützte musikalische Vortrag bietet einen Querschnitt durch das gesamte Schaffen der britischen Band um Mastermind Steven Wilson, der sich einmal mehr als Gralshüter des progressiven Rock erweist.

Im Mittelpunkt des Konzerts in Stuttgart steht das neue Album „Closure/Continuation“ mit sieben Songs. Daneben werden noch „In Absentia“ mit fünf und und „Fear of a blank planet“ mit drei Songs am meisten gewürdigt.

Setlist

Set 1: Blackest Eyes, Harridan, Of the New Day, Rats Return, Even Less (7 minute version), Drown With Me, Dignity (crowd sings “Happy Birthday” for Steven), The Sound of Muzak, Last Chance to Evacuate Planet Earth Before It Is Recycled, Chimera’s Wreck, Turiya (Alice Coltrane song)

Set 2: Fear of a Blank Planet/ Sentimental intro, Fear of a Blank Planet (modified lyric: “He’s in a . . . more), Buying New Soul (no Richard outro), Walk the Plank, Herd Culling, Anesthetize, I Drive the Hearse (Steven plays sitting down). Sleep Together

Encore: Collapse the Light Into Earth (Steven and Richard only; with… more), Halo (Steven is brought a birthday . . . more), Trains

Steven Wilson ist nicht nur Sänger und Gitarrist von „Porcupine Tree“, er ist auch der Architekt der bisweilen verschachtelten Soundgebilde, die gerne mal die zehn Minuten kratzen oder gar ein wenig länger sind. Da mäandern die Keyboards schier endlos dahin, bereichern wahlweise Gitarrentupfer oder längere Soli den Soundteppich, der erfreulich klar aus den Boxen dringt. Immer wieder führen Breaks auf andere musikalische Pfade, sorgen für unterschiedliche Reise-Geschwindigkeiten. Eigentlich nicht die typische Live-Mucke, die in Bauch und Beine geht. Aufmerksames Zuhören ist gefragt. Man könnte es als Musik für Nerds bezeichnen. Aber man könnte es auch Klanglandschaften für entdeckungsfreudige Musik-Freaks nennen.

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Steven Wilson ist ja neben seiner Tätigkeit als Sänger und Gitarrist auch ein hervorragender Sound-Tüftler. So hat er unzähligen Klassikern vor allem des Prog-Rock- oder Classic-Rock-Genres neues Leben eingehaucht, ihnen sozusagen einen zweiten Frühling beschert. Und er hat dabei sehr gut zugehört, sich daraus einen Baukasten mit vielen Teilen aus den Fächern Jazz, Art-Rock, Elektronik, Rock oder Metal zusammengeschustert, um daraus sein eigenes Gebilde „Porcupine Tree“ zu erschaffen. Vor allem die frühen „Pink Floyd“ und „Genesis“ sowie die späten „Beatles“ hat er ausgiebig gehört und studiert, genauso wie „King Crimson“ oder „Tangerine Dream“. Aber auch die harten Gitarren-Riffs des Metal weiß er ebenso zu verarbeiten wie eine eingängige akustische Gitarre. So hat der Abend bei aller musikalischer Komplexität immer wieder eingängige Passagen, die sofort das Publikum auf den Plan rufen.

Und dieser musikalische Cocktail der Marke „Porcupine Tree“ scheint den verschiedensten Altersgruppen sowie den unterschiedlichsten Hörgeschmäckern zu munden, wovon die an diesem Abend getragenen T-Shirts eindrucksvoll Zeugnis geben. Für ein Prog-Rock-Konzert sind zudem überraschend viele weibliche Fans zugegen. Normalerweise ist der Männeranteil bei Bands mit Hang zu ausuferndem Liedmaterial weitaus höher.

Vielleicht liegt das an dem sympathisch rüberkommenden Frontman Steven Wilson. Ein Charmebolzen. Nur zu den Journalisten ist er nicht so freundlich. Die Fotografen dürfen nur von hinter dem Mischpult aus der Menge heraus fotografieren und die Bilder laut Foto-Vertrag nur nach vorheriger Begutachtung und Freigabe des Managements veröffentlichen. Deshalb, lieber Steven, habe ich heute kein Foto für Dich.

Redaktion Stellvertretender Deskchef

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