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Der einzig(artig)e Ed Sheeran überzeugt beim Konzert in Frankfurt

61 000 Zuschauer bewundern am Freitagabend den 31-jährigen Musiker Ed Sheeran bei seinem Konzert im Deutsche Bank Park in Frankfurt. MM-Redakteur Markus Mertens war live dabei und berichtet

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Markus Mertens
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Ed Sheeran in seinem Element. © Markus Mertens

Frankfurt. Es bleibt auch in Frankfurt dabei: Ed Sheeran steht allein auf weiter Flur. Nur mit sich, seiner Gitarre um den Hals und dem Mikrofon in der Hand. So hat ihn im März 2017 die ausverkaufte SAP Arena gefeiert, im Juni 2019 zelebrierte der Hockenheimring den Superstar – und so fangen auch gut 40 000 seiner Anhänger im Deutsche Bank Park in Frankfurt Feuer für den 31-Jährigen aus Halifax. Von einigen wenigen Songs abgesehen, in denen ein Schlagzeuger auf einer B-Stage ein wenig getrommelte Unterstützung schenkt, ist das Gastspiel in der hessischen Metropole eine Sheeran-Show von Gestalt und Format. Alles ist auf ihn zugeschnitten, denn er ist Ed Sheeran, der Einzige.

Ed Sheeran zeigt Maximalleistung

Wer die Magie hinter dem Jubel dieses Abends begreifen will, den der berühmte Brite auch beim Gastspiel seiner „Mathematics“-Tour fast schon wie programmiert auslöst, muss begreifen, wie sich Druck und Leidenschaft bei Sheeran zu einer fast schon beispiellosen Art von Maximalleistung verschmelzen. Denn der Protagonist dieser fast punktgenau zwei Stunden weist selbst nicht von ungefähr zu Beginn noch einmal darauf hin: Jedes melodische Fragment, das sich über die Loop Station nach und nach zu einer Harmonie verzwirnt, ist live gespielt. Da bleibt kein Raum für Unebenheiten, kein satter Band-Sound, hinter dem sich falsche Akkorde oder schiefe Töne verstecken könnten.

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Eindrücke vom Ed Sheeran Konzert in Frankfurt

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Doch Sheeran genießt diese Verantwortung, kommentiert sie wortlos mit einem Lächeln – und öffnet sich diesmal sogar zu 360 Grad. Mit einer Bühne, die man ähnlich zuletzt bei Metallicas „Worldwired“-Tour bestaunen durfte, platziert sich der Musiker der Stunde genau in der Mitte der Arena und lässt – außerhalb der großen LED-Wand über ihm – nur ein paar gigantische illuminierte Plektren für die hinteren Reihen visuell von dem zeugen, was das Publikum im Parkett fast schon hautnah erleben darf.

Ed Sheeran als begnadeter Instrumentalist

Bis auf einige optische Nachschärfungen zwischen heiteren Rotationsfahrten („I’m A Mess“) oder den ersten Pyro-Effekten seiner Karriere („Bad Habits“) ist der Rest dann tatsächlich vor allem Musik – und die versteht Ed Sheeran dramaturgisch klug zu arrangieren wie kaum ein Zweiter.

Dabei kann sich der begnadete Instrumentalist einerseits auf den Umstand verlassen, dass zahllose Singles von „The A-Team“ über „Castle On The Hill“ bis hin zu „Give Me Love“ längst zu Hits geworden sind, die neben der entsprechenden Euphorie auch endlose Chöre aus den Fanreihen nach sich ziehen. Andererseits gibt ihm genau dieser Umstand Raum zu gestalten. Eine Uptempo-Nummer wie „Shivers“ mit kräftiger Klampfe fast schon zum Country-Hit umzuwidmen. Am Klavier zu „Visiting Hours“ bewusst ganz sanft und flüsternd zu werden. Oder kurzerhand sein eigenes Speedpop-Medley aus Nummern wie „Own it“, „Beautiful People“ und „I Don’t Care“ zu formen.

Ed Sheeran fordert sich selbst heraus

Genau gesehen hat dieser Gestaltungswille nicht nur den entscheidenden Vorteil, dass für das Publikum nie wirklich offensichtlich wird, was folgt und die Spannungskurve somit kontinuierlich nach oben ausschlägt, sondern der ganze Abend keinen Deut routiniert oder angestrengt daherkommt. Ganz im Gegenteil, erlebt Frankfurt einen Ed Sheeran, der am ersten von drei Abenden im Deutsche Bank-Park wirklich Lust an der Sache hat – und sich bisweilen auch selbst herausfordert.

Nach dem heißen irischen Ritt zu „Galway Girl“ quasi ansatzlos abzubremsen, um mit „Thinking Out Loud“ in balladeske Gewässer einzutauchen, ist selbst für einen Vollprofi wie Sheeran mutig – und gelingt vielleicht genau deswegen so eindrucksvoll, weil es für den Hauptakteur in diesem Augenblick wirklich um etwas geht.

Ikone erspielt sich die Herzen seiner Anhänger

Wenn wir so möchten, erspielt sich ein längst zur Ikone erhobener Weltstar hier die Herzen seiner Anhänger – ganz so, als wolle er unter Beweis stellen, dass er die Verehrung, die ihm entgegenschlägt, auch mit Inhalt rechtfertigen kann. Eine Mission, die sich eindrucksvoller nicht erfüllen könnte. Denn als ein stimmlich überragend aufgelegter Sheeran mit Liebeslyrik wie „Photograph“ oder „Perfect“ wirklich auf’s Innerste zielt, ist es plötzlich um rund 61 000 Menschen geschehen, die Ekstase weicht andächtiger Stille und ein Lichtermeer erfüllt das Oval von Frankfurt, das gegen Finale kaum noch an sich zu halten weiß.

Sheeran bleibt unpolitisch

Was keineswegs als Randnotiz zu verhandeln ist: Sheeran bleibt auch im Fortlauf seiner Karriere betont unpolitisch. Die Ansagen zwischen den Songs sind reduziert und kurz. Zum Ukraine-Krieg verliert der Sänger dementsprechend ebenso keine Worte wie zu den sonstigen Krisen der Welt – was aber auch mit der legitimen Intention verbunden sein mag, dass Sheeran diesen seinen Kosmos als Platz frei von aller Beschwernis verstanden wissen will. Zu verdenken wäre es ihm nicht, denn er ist vielleicht der Einzige, dem dieses Kunststück heute noch so rein, bodenständig und tief charmant gelingt – und genau das macht ihn so einzigartig.

Freier Autor

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