Schauspiel - "Dunkel lockende Welt" von Händl Klaus im Studio Werkhaus des Mannheimer Nationaltheaters

Das Leben sorgt schon für den Tod

Von 
Bernd Mand
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Kämpferinnen gegen die Bedeutungslosigkeit: Szene mit Ragna Pitoll (li.) als Mutter und Sabine Fürst.

© Christian Kleiner

"Und das Leben sorgt für den Tod", erwidert Corinna Schneider ihrem ehemaligen Vermieter Joachim Hufschmied. In der Textvorlage passiert das auf Seite vier, auf der Bühne irgendwo in den ersten zehn Minuten. "Und das Leben sorgt für den Tod." Stimmt wohl. Und wohl auch für das Ende dieses Abends. Irgendwann zumindest. Noch aber ist es nicht soweit, und vor uns liegen noch knapp über eine Stunde Spielzeit in Händl Klaus' "Dunkel lockender Welt", das hier im Studio Werkhaus seine Mannheimer Premiere abhält.

Greta Schmidt hat sich für ihre erste Regiearbeit am Haus dem dreiteiligen Reigen über Tod, Leben und was einem eben sonst noch in den Sinn kommt angenommen und ein körperliches Boulevardstück mit leichtem Hang zum Krimidinner gebaut. Kurz zusammengefasst geht es hier um Corinna, die angeblich ihrem Freund nach Peru folgen will, den Vermieter Joachim, der bei der Wohnungsübergabe einen menschlichen Zeh findet, und Corinnas Mutter Mechthild, die für ihre Tochter am Ende die Kohlen aus dem Feuer holen muss. Für Inspector Barnaby-Kenner dürfte die Lösung kein großes Rätsel sein.

Worum geht es?

Aber darum geht es ja auch nicht. Schon klar. Nur worum es geht, will einem eben nicht so schnell klarwerden. Zwischen den Smalltalk-Textbrachen, monologischen Abhandlungen über die oxygene Photosynthese als biogeochemischen Prozess und ein paar sexualisierten Possen bleibt letztendlich aber auch nicht viel Raum für Inhalt. Ragna Pitoll, Sabine Fürst und Fabian Raabe füllen das bunt aufgehübschte Vakuum der Inszenierung mit viel physischem Einsatz und geben sich selbst angesichts der losen Textflut unerschrocken. Drei sympathische Spieler beim Kampf gegen die schiere Bedeutungslosigkeit.

Greta Schmidts Regieverhalten liest sich ähnlich, nur ein wenig verzweifelter vielleicht. Sie setzt auf die Untiefen des Dialogs, den spitzen Humor, mit dem Händl Klaus der alltäglichen Oberflächlichkeit der menschlichen Kommunikation begegnet, und entwirft drei überspannte Figuren, die allesamt ihren Neurosengarten sehr sorgsam zu pflegen scheinen. Nur irgendwie will man das alles nicht glauben. Das meiste bleibt haltungslos in der Behauptung stehen und löst sich so nicht ein. Was wohl auch daran liegen mag, dass die Textvorlage einfach nichts zu sagen hat.

Also, wenn man einmal davon absieht, dass sich (welche Überraschung) Tod und Leben gegenseitig zu bedingen scheinen. Ach ja, und wohl keiner von uns ohne die Photosynthese überleben würde. Aber dafür muss man sich jetzt wirklich nicht ins Theater setzen.

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