Es ist ein unglaublicher musikalischer Kosmos, Johann Sebastian Bachs „Wohltemperiertes Klavier“ – Bach erbrachte damit den Nachweis, dass man in allen 24 Dur- und Molltonarten gleichermaßen komponieren kann. Das Werk legt die Ausführung auf einem Tasteninstrument nahe – an welches er dabei dachte, hat Bach uns jedoch nicht verraten. Deshalb lag es auf der Hand, beim Tanzabend „Flying Bach“ im Mannheimer Rosengarten sowohl einen Flügel (seriös gespielt von Christoph Hagel) als auch ein Cembalo, das Sofya Gandilyan ebenso souverän beherrschte, bereit zu stellen.
Nun war dies allerdings keines der üblichen Klassik-Konzerte, sondern ausdrücklich eine Cross-over-Veranstaltung, und das gleich in mehrfacher Hinsicht: Ganz offensichtlich ist die Brücke, die vom Barock-Komponisten Bach zum Break Dance geschlagen wurde, jener Tanzform, die in den 1970er Jahren in New York vor allem unter afroamerikanischen Jugendlichen entstand.
Körperbeherrschung und Charme
Dann aber auch die Brücke vom klassischen Ballett zum Break Dance – beides hat nicht gar so viel miteinander zu tun, doch dank der tänzerischen Ausdruckskraft der Taiwanesin Ya-Chun Tsai, die einen Teil ihrer Ausbildung an der Mannheimer Musikhochschule absolvierte, ging das eine nahezu mühelos ins andere über.
Und schließlich gab es eine Brücke vom Komponisten Bach zum Elektro-Pop – die auch nicht viel miteinander zu tun haben, aber durch den Break Dance sehr organisch zueinander finden.
Im Mittelpunkt des Abends jedoch standen ganz klar die sieben Break Dancer von „Flying Steps“. Sie sind vierfache Break Dance-Weltmeister, sie haben den Echo Klassik Sonderpreis gewonnen, mit anderen Worten: Sie sind in einer eigenen Liga unterwegs.
Da ist zunächst und vor allem die unglaubliche Körperbeherrschung und die akrobatische, tänzerische Virtuosität, die sie auszeichnet. Bei manchen Bewegungsabläufen wie etwa dem Headspin (eine Art von Kopfstand, bei dem sich der Körper extrem schnell um die eigene vertikale Achse dreht) verliert der Zuschauer zunehmend den Überblick, wo sich denn nun die einzelnen Körperteile befinden. Dazu kommt eine gehörige Portion Charme, wenn sich aus den Tanzbewegungen kleine Spielszenen ergeben. In diesen Momenten kam dem Abend sicher ebenfalls zustatten, dass der Pianist Christoph Hagel auch Opern-Regisseur ist.
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