Tauberbischofsheim. Am heutigen Tage feiern die Bierbrauer den "Tag des deutschen Bieres" - genau vor 499 Jahren wurde das älteste Lebensmittelgesetz der Welt, das deutsche Reinheitsgebot, verfasst. Vor 85 Jahren ließ sich der Gerlachsheimer Bierbrauer Heinrich Zipf in Tauberbischofsheim nieder. Das erste in seiner Brauerei Zipf Tauberbischofsheim gebraute Bier war ein Märzen.
Ab 1929 wurde von der Zentrale der Landwirtschaftlichen Lagerhäuser in der ehemaligen Fleischwarenfabrik des Hopf-Konzerns eine Brauerei eingerichtet. Brunnen waren vorhanden. Im gleichen Jahr ging eine Anfrage an die Stadt zur Nutzung des Tauberbischofsheimer Stadtwappen für das Logo der neuen Brauerei für Plakate, Schriftstücke und Biergläser. Der Gemeinderat stimmte der Anfrage zu.
Am 11. März 1930 verkaufte die Zentrale der Landwirtschaftlichen Lägerhäuser Tauberbischofsheim die Brauerei samt Einrichtung für 140 000 Reichsmark an den aus Gerlachsheim stammenden Bierbrauer Heinrich Zipf. Er betrieb bereits seit 1902 erfolgreich seine 1734 in Gerlachsheim gegründete Brauerei. Heinrich Zipf war technischer Leiter und August Schäffner der kaufmännische Leiter.
Am 18. März 1930, dem 30. Geburtstag des ältesten Sohns Otto Zipf, wurde der erste Biersud angesetzt: ein Märzen mit nahezu 14 Prozent Stammwürze.
Seine erste Anzeige veröffentlichte der Braumeister Heinrich Zipf im Tauber- und Frankenboten am 17. April 1930 mit folgendem Text: "Nach käuflichem Erwerb des Brauereianwesens der landwirtschaftlichen Lagerhäuser A.G. in Tauberbischofsheim habe ich meinen Brauereibetrieb von Gerlachsheim nach Tauberbischofsheim verlegt und hier bereits eröffnet. Die neuzeitliche Einrichtung und fachmännische Leitung meines Betriebes bieten die Gewähr, dass alle an ihn herantretenden Anforderungen entsprochen werden kann ..." Das erste Logo der Brauerei Zipf zierten das Tauberbischofsheimer Stadtwappen und der Türmersturm - später kamen noch das Brauereigebäude und die Malzdarre hinzu.
Einen Antrag zum Bau einer fünfstöckigen Malzdarre stellte Heinrich Zipf am 25. September 1934. Der Antrag wurde genehmigt und so entstand das markanteste Gebäude der Brauerei Zipf, das das Stadtbild für Jahrzehnte prägte. Im Mai 1936 zu Pfingsten bot die Brauerei Zipf erstmals ihr Bockbier im Tauber- und Frankenboten an. Am 1. Januar 1937 wurde die Zipf-Bräu OHG mit den Gesellschaftern dem Obermälzer Albert Zipf und dem Braumeister August Schäffner gegründet.
Während des Krieges erfolgten Fassbierlieferungen bis an die Ostfront nach Smolensk. Die Produktion von Lagerbier und Fassbrause halfen, die Brauerei durch die schwierige Kriegszeit zu bringen.
Nach dem Krieg quartierte sich eine amerikanische Einheit in der Brauerei ein. Man öffnete vorsorglich den Vorratskeller mit dem etwas stärker gebrauten Lagerbier. Mit Unterstützung des Kompaniechefs Raffael konnte bald wieder produziert und verkauft werden. 1946 verstarb der Firmengründer Heinrich Zipf im Alter von 72 Jahren.
Nach der Währungsreform im Jahr 1948 normalisierte sich der Betrieb in der Brauerei Zipf. Anfang der 1950er Jahre wurde das Sortiment erweitert und man begann mit der Produktion der eigenen Limonadenmarke "Raboll". Am 14. Januar 1954 verstarb der Brauereigesellschafter Otto Zipf, der älteste Sohn von Firmengründer Heinrich Zipf.
Ab 1958 baute die Brauerei ihren Getränkevertrieb aus - an vielen Stellen gut verteilt über die Stadt entstanden Flaschenbierverkaufsstellen. Das Drei-Städte-Adressbuch Tauberbischofsheim-Lauda-Külsheim von 1959 hat auf dem Einband das Firmenlogo der Zipf-Bräu, darin sind Albert Zipf und Heinrich Schäffner als Brauereibesitzer eingetragen. Der Umsatz stieg stetig und es wurde mehr Personal eingestellt. Ende der 1960er Jahre war die Zipf Bräu auf ihrem Erfolgshöhepunkt angelangt. Zum Sortiment der Brauerei gehören die untergärigen Biersorten Lager, Märzen, Pils, Bockbier, Festbier und die hauseigene Limonade "Raboll".
Das erste im fränkisch-bayerischen Raum gebraute ungefilterte Altstadtbier kam gut an. 1974 wurde für das erste Tauberbischofsheim Altstadtfest ein Festbier gebraut - das war gleichzeitig die Geburtsstunde des Tauberbischofsheimer Altstadtfestbieres. Der Anstich fand am 6. Juli 1974 auf dem Marktplatz im blauweißen Festbierzelt der Brauerei Zipf statt.
1978 verstarb der Gesellschafter und Mitbegründer der Zipf Bräu OHG, Albert Zipf. Seine Witwe Hedwig Zipf trat für ihn im Jahr 1979 als Gesellschafterin in das Unternehmen ein. Die Geschäftsführung hatten Horst Zipf und Heinz Schäffner inne. Der nächste Führungswechsel erfolgte im Jahr 1983, von da an leitete Heinz Schäffner als alleiniger Geschäftsführer die Zipf Bräu. Gesellschafter der Brauerei und Mälzerei waren Inge Kober und Hedwig Zipf.
Im immer stärker werdenden Konkurrenzkampf unter den Brauereien konnte Zipf-Bräu in den nächsten Jahren nicht mehr mithalten, die Technik war auch nicht mehr auf dem neuesten Stand. Zum 1. Januar 1986 wurde schließlich die Produktion von Bier und der hauseigenen Limonade eingestellt. Geschäftsführer Heinz Schäffner führte das Unternehmen bis zur endgültigen Auflösung am 27. Februar 1987 als Getränkegroßhandel weiter.
Den Abbruch der ehemaligen Brauerei genehmigte der Tauberbischofsheimer Gemeinderat am 9. September 1992. Das komplette Gelände umfasste 15 Gebäude: Ein Sudhaus mit Malzmühle und Büroräumen, eine Mälzerei mit Getreidesilo, die Fassreinigung mit Gär- und Lagerkeller, zwei Wohnungen, einen Kühl- und Aufenthaltsraum, eine Schreinerei, Pkw-Garagen, eine Holzremise mit Betriebstoiletten, eine Trafo- und Umschaltstation, eine Flaschenfüllerei, ein Kesselhaus, das Brauereigebäude, einen Kohlenbunker, eine Lkw-Halle mit Lager, eine Lagerhalle und ein Wohnhaus. Alle diese Gebäude wurden im Februar 1993 abgebrochen.
Die alte Eismaschine der Firma Linde aus dem Jahr 1911 mit dem früher das Stangeneis zur Kühlung des Bieres in den Kellern der Brauerei und Gaststätten produziert wurde, konnte als Anschauungsobjekt und als industrietechnisches Denkmal für den Technikunterricht der Riemenschneider-Realschule gerettet werden.
Zum Abschied widmeten die Bischemer Kröten 1993 der Brauerei Zipf und der im gleichen Jahr abgebrochenen Mannheimer Milchzentrale einen Orden. Nach dem Abbruch entstand auf dem Gelände der Wohnpark Zipf.
Tag des deutschen Bieres
- Traditionell steht in Deutschland der 23. April in jedem Jahr ganz im Zeichen des Bieres.
- Denn am 23. April 1516 wurde das deutsche Reinheitsgebot proklamiert, und seitdem gilt per Gesetz: In das Bier gehört nur Wasser, Hopfen und Gerste (die Hefe wurde erst später erwähnt, als man in der Lage war, Hefe herzustellen).
- Dieses älteste Lebensmittelgesetz der Welt feiern die deutschen Brauer Jahr für Jahr mit zahlreichen Veranstaltungen und Festen im ganzen Land.
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