Land und Leute - Der pensionierte Oberstudienrat und Buchautor Klaus Schenck war mit Leib und Seele Lehrer / Auch heute noch ist er online als Wissens-Vermittler aktiv

„Ich weiß, was es heißt, ein Schüler zu sein“

Von 
Sabine Holroyd
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Klaus Schenck zu Schulzeiten. Den Unterricht verließ auch er oft bereichert – durch seine Schüler. © Mara Löffler

Schüler fürs Leben fit machen will wohl jeder Lehrer. Klaus Schenck, pensionierter Oberstudienrat, ging da noch – mindestens – einen Schritt weiter.

Tauberbischofsheim. Mit Schwung öffnet er die Wohnungstür, sein Händedruck ist fest, sein Blick hellwach. Gerade eben, erzählt Klaus Schenck, hat er seine täglichen Trainingseinheiten auf dem Trampolin absolviert. Später soll es mit dem Rad rausgehen, und die nächste Psychologie-Sendung muss auch noch produziert und online gestellt werden. Wollte man Klaus Schenck und sein Wirken in einem Satz beschreiben, würde man viel zu viele Kommata verschleißen.

Da wäre zum Beispiel sein Unterricht. Von 2003 bis vergangenes Jahr lehrte er Deutsch, Religion und Psychologie am Wirtschaftsgymnasium in Tauberbischofsheim. Er liebte diese Fächer: „Mathelehrer gehen genauso schlau aus dem Unterrichtsraum wie sie ihn betreten haben. Ich verließ ihn oft als ein anderer, bereichert durch die Fragen der Schüler und die gemeinsame Suche nach Antworten“.

Einer seiner Schüler war Tobias Haas, heute Fernsehredakteur bei Pro7 in München. „Bei Klaus Schenck habe ich Kameraerfahrung und den Mut bekommen, meinen Weg zu gehen“, sagte er im FN-Gespräch (wir berichteten).

Klaus Schenck war es auch, der das Fach „Psychologie“ am Gymnasium eingeführt hat. „Zwei Stunden pro Woche wollte ich so unterrichten, wofür ich eigentlich Lehrer geworden bin. Dieses Fach sollte einzig und allein den Schülern dienen“, erzählt er und fährt fort: „Wir hatten Schweigepflicht vereinbart, um einen Freiraum der persönlichen Gespräche zu schaffen. Jeder Schüler konnte zeigen, was er kann, aber dazu musste er seine Komfortzone verlassen.

Sich vor einer Videokamera zu präsentieren, erfordert nämlich Mut. Am Ende machte sie das zu neuen, selbstbewussten Menschen, die an sich glauben.“ Sätze, die Tobias Haas sofort unterschreiben würde.

Die Komfortzone zu verlassen, die eigenen Grenzen zu verschieben, das ist eines der vielen Lieblingsthemen des Klaus Schenck, der auch Pädagogik-Kolumnen für den „Rheinischen Merkur“ und „Eltern Family“ geschrieben hat. Denn das verlangte er nicht nur von seinen Schülern, sondern am allermeisten von sich selbst. Stillstand ist ein Gräuel für ihn, sowohl im sportlichen als auch im übertragenen Sinn. Offen gibt der gebürtige Heidelberger unter anderem zu: „Meine Welt waren stets die Bücher. Was Computer betraf, war ich total unterbelichtet. Ich hab’ ja nicht mal gewusst, was eine Homepage ist, was sich hinter YouTube oder Wikipedia verbirgt. Das lernte ich alles von meinen Schülerzeitungs-Redakteuren.“

Die Schülerzeitung: Die mehrfach preisgekrönte „Financial T(’a)ime“ (FT) hat eine Erfolgsgeschichte hingelegt, die ihresgleichen sucht. Schenck rief sie im Schuljahr 2003/04 zunächst als Printausgabe ins Leben. 2008 folgte die FT-Homepage, zwei Jahre später die FT-Sendungen auf YouTube, zusätzlich ist noch seine Deutsch-Homepage integriert. Dieses vollgepackte „Gesamtpaket“ kommt bis bis heute täglich auf rund 2000 User.

Der gute Ruf der Schülerzeitung hallte bis nach China. Dort fand die FT an der Elite-Schule von Shenzhen, einer der innovativsten Städte der Welt, eine Partner-Redaktion, deren Mitarbeiter auch einmal zu Besuch an der Kaufmännischen Schule in Tauberbischofsheim, zu der das WG gehört, weilten. Im Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ erlangte die Zeitung zudem weltweite Bekanntheit an Goethe-Instituten und Auslandsschulen.

Ab 2010 war die FT mit ihren Handbüchern zu ActivInspire national führend. Damals wie heute finden Schüler auf der Homepage alles, wirklich alles, was sie wissen wollen und das ihnen weiterhilft – sowohl persönlich als auch auf die Zukunft bezogen.

„So viel bieten wie es nur geht“

Die „Abi-Retter“-Videos auf YouTube, bei denen es unter anderem um die baden-württembergische Pflichtlektüre geht, sind da nur ein Beispiel von vielen. Selbst Klaus Schenck ist erstaunt, wie viele Links es auf der Homepage mittlerweile gibt: „Die Verästelung ist gigantisch. Unser Material, das wir selbst erarbeitet haben, dient nun sogar noch mehr Schülern“. An anderer Stelle meint er: „Ich wollte meinen Schülern für ihr Leben so viel bieten wie es nur geht.“

Die Qualität seiner Referate zur Pflichtlektüre sprach sich schnell herum. Unter anderem fragten angehende Abiturienten aus Nordrhein-Westfalen bei ihm an: „Können Sie nicht auch Kleists ,Marquise von O‘ machen?“ Das schaffte Schenck auf die Schnelle nicht, versprach aber, in den nächsten Jahren auch die Pflichtlektüren der anderen Bundesländer vor der Kamera zu interpretieren.

Mit Hesses „Steppenwolf“ hatte Schenck, der E-Books nicht mag, „große Probleme“: Das ist eigentlich eine Zumutung für Teenager. Für diese Sendung in meiner Reihe ,Couch-Tipps‘ brauchte ich drei Anläufe. Ich habe sie mir richtig abgerungen“. Schenck vermittelt hier in einer Stunde einen inhaltlichen Überblick mit ersten Interpretationsansätzen zum „Steppenwolf“, der neuen Pflichtlektüre in Baden-Württemberg.

Mit Erfolg: „Vielen Dank für Ihre Arbeit, Herr Schenck! Sie ist eine wahre Bereicherung für einen jeden Abiturienten, eine sehr hilfreiche Darstellung des Werkes!“, schreibt ein User.

Die Produktion der Schülerzeitung, die dann in diesen virtuellen Überflieger überging, war für alle ein Erlebnis, sagt er im Rückblick. Auch für ihn selbst. Denn um mit seinen Schülern so erfolgreich zu werden, musste er immer wieder seine eigene Komfortzone verlassen. Als Lehrer anfangs zuzugeben, von etwas wie Computern keine Ahnung zu haben, war für ihn kein Problem. Er nennt es die „Umkehrung des Lehrer-Schüler-Verhältnisses“: „Ich sagte immer: Leute, erklärt es mir, damit ich es allein machen kann“. Und er meint: „Ich weiß sehr wohl, was es heißt, ein Schüler zu sein“.

Auch die Anzeigenakquise übernahm er selbst, nennt sie eine Win-win-Situation: „Wenn ich etwas von jemandem will, muss ich mich erst fragen, was er selbst davon hat – sonst ist es Ausbeutung“.

Das tiefergehende Fachwissen bezog der begeisterte Tennisspieler durch seinen FT-Computerspezialisten. „Nach meinen Besuchen bei ihm war ich immer überglücklich. Ich hatte jedes Mal unglaublich viel gelernt. Meine eigenen Grenzen haben sich ständig erweitert“.

Der 65-Jährige umarmt Herausforderungen, statt ihnen auszuweichen. Das liegt vielleicht an seiner Kindheit: „Ich war sehr kränklich, bin nicht gewöhnt, alles so zu können wie andere. Das hat sich in einer großen Beharrlichkeit ausgewirkt. Wenn ich mich auf etwas konzentriere, dann zu 100 Prozent“. Möglicherweise sind seine Sätze deshalb auch so geschliffen. „Ich höre sehr präzise zu und versuche exakt zu antworten“, sagt er. An anderer Stelle meint er: „Ich bin ein absoluter Flow-Typ. Deshalb betrachte ich die sozialen Medien als Mörder meiner Konzentration, meines Flows“.

Dass er nicht überall ankommt, weiß er ganz genau: „Ich bin umstritten. Entweder liebt oder hasst man mich“. Mit beidem kann er gut leben. „Mein Ziel“, sagt Klaus Schenck und beginnt seine Geräte für die nächsten „Couchtipps“ aufzubauen, „war immer, so hoch zu fliegen, dass mich die Pfeile von Neid, Missgunst und Bosheit nicht mehr treffen können.“

Zum Nachgrübeln hat er sowieso, auch jetzt im Ruhestand, nicht viel Zeit. Denn seine „Couchtipps“ in Psychologie wollen stets gepflegt sein. Mit ihnen bringt er für Schüler umsetzbar psychologische Tipps und Fragestellungen auf den Punkt. Zu jeder Sendung liegt außerdem ein zweiseitiges Manuskript vor.

Anfangs verließ er dafür eine weitere eigene Komfortzone, heute ist das Alltag für ihn. „Du bist ganz allein, nur die Kamera schaut dich an. Zu Beginn stellte ich mir Leute vor. Die erste Sendung machte ich viermal. Heute produziere ich vier, fünf Sensdungen am Stück“. Er erklärt: „Ich wähle aus, was ich interessant finde und mir einleuchtet, und betätige mich nur als Wissens-Vermittler, als Lautsprecher, denn ich bin ja kein Psychologe“.

Ein „Powertyp“ durch und durch

Sich selbst beschreibt er als „Powertyp“. Er ist jemand, der mit dem Fahrrad zum Motorradgottesdienst nach Bronnbach fährt, der für seine Berichte über die Medenspielen der TSV-Tennisabteilung 1000 Bilder schießt und auf der Jugendseite der FT-Abi-Plattform in „TBB aktuell“ die „Schattenkinder“ etabliert hat: „Damit will ich engagierte Kinder würdigen, die meist nur im Schatten der Sieger stehen. Diese „Schattenkinder“ sind jedoch die Basis, aus der sich dann die Sieger nach vorne kämpfen und öffentlich wahrgenommen werden“. Bücher schreibt er übrigens auch. Seine „Königs Abi-Trainer“ stecken randvoll mit Wissen.

Zum Schluss kommt Schenck nochmals auf seine Polarisierung bei den Schülern zu sprechen. „Sympathie und Wertschätzung mir gegenüber stiegen proportional mit der zeitlichen Nähe zum Abitur. Ich wollte einfach, dass meine Schüler irgendwann sagen: ,Wow, beim Schenck haben wir viel gelernt!‘“

Info: Weitere Informationen: www.KlausSchenck.de, www.youtube.com/user/financialtaime, www.schuelerzeitung-tbb.de

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Tauberbischofsheim

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