Bundesweit sind sie in etwa 1000 Ortsverbänden organisiert – und frönen ihrer großen Leidenschaft – dem Amateurfunk.
Königshofen/Main-Tauber-Kreis. Sollte es mal zu einem Katastrophenfall kommen, greifen zum Teil auch die Behörden, nach vorheriger Abstimmung, auf die Unterstützung der Funkamateure mit ihren analogen und digitalen Kommunikationskanälen zurück.
Ihre Rufzeichen sind zum Beispiel „DL1SP“, „DB3IM“ oder „DO2LT“. Dahinter verbergen sich technisch interessierte und äußerst versierte Zeitgenossen, die unter dem Dach des Deutschen Amateur-Radio-Clubs (DARC) ihre große Passion miteinander teilen. Im konkreten Fall sind Simon Spitznagel, Vorsitzender des Ortsverbandes Tauber-Franken (A46), sein Stellvertreter Volker Schwarzer (beide Grünsfeld-Hausen), sowie der Igersheimer Lucas Tatusch, seit drei Jahren mit großer Begeisterung dabei.
Zusammen mit derzeit gut zwei Dutzend weiteren Mitstreitern ist es dem Trio, im Übrigen jeweils mit der erforderlichen Lizenz ausgestattet, erlaubt, mit Gleichgesinnten weltweit Funkverkehr zu betreiben – zu experimentellen und technisch-wissenschaftlichen Studien, zur eigenen Weiterbildung, zur Völkerverständigung und – wie bereits angeklungen – zur Unterstützung von Hilfsaktionen in Not- und Katastrophenfällen wie Erdbeben oder Hochwasser.
König Carlos von Spanien, Carlos Menem, Priscilla Presley, König Fahd von Saudi Arabien, Stuart Granger, Marlon Brando, Sir Cliff Richard – all diese Genannten verbindet oder verband die Leidenschaft zum Amateurfunk. Ebenso trifft es vor allem auf Astronauten zu – selbst „Astro-Alex“ Gerst greift in seiner recht knapp bemessenen Freizeit mitunter gerne mal zum Funkgerät, um mit Seinesgleichen rund um den Erdball in Kontakt zu treten.
Bislang noch kein Notfall
„Zum Glück ist ein Notfall in der Region bisher noch nicht eingetreten“, sagt Vorsitzender Simon Spitznagel im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten. Doch die Funkamateure seien in relativ kurzer Zeit in der Lage, mit dem eigenen Hobby hier einen wertvollen Beitrag zu leisten, um mit ihrem großen technischen Wissen die Einsatzkräfte tatkräftig zu unterstützen – etwa bei einem flächendeckenden Stromausfall. Schlussendlich könnten sie so sogar Leben retten helfen.
In solch einer Situation würden Teile der Kommunikationsinfrastruktur nur noch zeitlich begrenzt oder gar nicht mehr zur Verfügung stehen. Internet und Telefon gerieten schnell an ihre Kapazitätsgrenzen und würden deswegen teilweise nicht mehr funktionieren. Wenn dies Realität sei, stelle der Amateurfunk eine wichtige Alternative und Ergänzung des Katastrophenschutzes dar.
Wie der eine oder andere vielleicht über die Medien erfahren hat, stellen Funkamateure oft die ersten Kommunikationswege zum Beispiel nach Naturkatastrophen wie Erdbeben, Tsunamis und Hochwassern, Hurrikane etc. her. Denn mit den batteriebetriebenen Geräten der Amateurfunker könnten Kommunikation in den Einsatzgebieten durchgeführt und Notrufe abgesetzt werden, wenn Handynetz und Festnetztelefone längst zusammengebrochen seien. „Voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte stellen wir unsere Einsatzbereitschaft im Rahmen einer landweiten Simulation unter Beweis“, blickt der 29-jährige Vorsitzende in die Zukunft.
Im kommenden Jahr gibt es für den Ortsverband Tauber-Franken einen triftigen Grund zum Feiern. Denn seit der Gründung am 4. Januar 1981 in Tauberbischofsheim sind dann 40 Jahre vergangen. Mittlerweile befindet sich das Vereinsheim in der Tauber-Franken-Halle in Königshofen, „in dem wir uns an jedem zweiten Freitag im Monat um 20 Uhr treffen – zum Gedankenaustausch und zum Fachsimpeln“, berichtet Simon Spitznagel.
Spitznagel, Schwarzer und Tatusch sind drei von etwa 64 000 Funkamateuren in Deutschland, von denen über 33 000 in rund 1000 Ortsverbänden des Deutschen Amateur-Radio-Clubs organisiert sind. Der Einzugsbereich des Ortsverbandes Tauber-Franken (A46) erstreckt sind in etwa in einem Radius von 25 Kilometern um die Kreisstadt Tauberbischofsheim. Mitglied könne prinzipiell jeder werden – Mann wie Frau, gleich welchen Alters. Eine ganz wichtige Voraussetzung sei allerdings ein technisches Basisinteresse. „Unsere Altersspanne im Ortsverband reicht von etwa 20 bis 85 Jahren – und bei uns sind auch zwei Frauen Mitglied“, teilt der Frontmann mit. „Unser Verein steht für jeden offen.“ Manch ein Seiteneinsteiger habe in der Vergangenheit nur mal so reinschnuppern wollen, um dann als „echter Freak“ doch dauerhaft hängenzubleiben.
Sie kommunizieren über Lang-, Mittel- oder Kurzwelle. Ihr Bestreben ist, mit Gleichgesinnten in aller Welt in Kontakt zu treten – und davon gibt es viele. „Amateurfunken ist nämlich ein globales Hobby“, sagt Simon Spitznagel, bei dem international Englisch korrespondiert werde.
Bei einer „Session“ (QSO) sei man vor keiner Überraschung gefeit, lacht er. Je nach Tages- und Jahreszeit müsse bloß die richtige Frequenz auf dem Band genutzt werden – und schon habe man eventuell einen Kollegen aus Neuseeland oder Japan am anderen Ende dran.
„Funkdisziplin steht bei uns ganz oben an. Wenn sich zwei unterhalten, fällt man denen nicht ins Wort, sollte man sich gerade auf der gleichen Frequenz befinden“, wirft Lucas Tatusch ein, der nach eigenen Angaben in jüngster Vergangenheit auch bereits mit der ISS-Besatzung in Kontakt gestanden habe. „Dazu braucht es allerdings viel Glück – und Alexander Gerst war es nicht“ , schmunzelt er.
Das Funken könne durchaus zu einer Sucht werden, bestätigen Spitznagel und Tatusch unisono. Und sollte sie jemand als „Freaks“ bezeichnen, habe dieser Begriff für sie beileibe keinen negativen Touch.
In der Clubstation aktiv
Regelmäßig treffen sich die Enthusiasten auch in der Clubstation des Ortsverbandes Tauber-Franken, um zum Beispiel regelmäßig an einem landesweites Contest teilzunehmen, der auf verschiedenen Frequenzen vorgenommen werde. Unter Nennung des Club- und des persönlichen Rufzeichens gehe es hierbei darum, in einer vorgegebenen Zeit mit möglichst vielen Gleichgesinnten in Funkkontakt zu treten. Die dabei erzielten Entfernungen würden in Punkte umgemünzt, zugleich stellten die Funker ihre Einsatzbereitschaft unter Beweis, hebt Simon Spitznagel hervor.
Spitznagel und Tatusch fahren auch deshalb auf diese Passion so ab, weil Amateurfunk gewissermaßen rund um die Uhr und an nahezu jedem Ort der Welt betrieben werden könne.
Während sie und ihre Kollegen in den heimischen vier Wänden mit einer stattlichen Anlage ausgestattet seien – Teile davon durchaus auch durchaus mal „Marke Eigenbau“ –, verstehe es sich von selbst, dass auch in den Autos diverse Funkgeräte installiert seien. So sei selbst im Urlaub Kurzweile garantiert, denn auch dort könne recht schnell der Kontakt mit Mitstreitern rund um den Globus hergestellt werden.
Simon Spitznagel und Lucas Tatusch sehen sich mit ihrem Hobby als Garanten für Grenzen überschreitende Kommunikation und Völkerverständigung. Und als bestens gerüstet für einen Notfall, auf den sie allerdings nicht erpicht sind. „Wir wollen einfach nur aus Leidenschaft funken“, so ihr abschließendes Fazit.
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