Kommunalpolitik - Gemeinde Großrinderfeld hat die Durchführung von digitalen Gemeinderatssitzungen in der Hauptsatzung verankert

Erfahrungen sammeln für den Ernstfall

Von 
Diana Seufert
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Die Gemeinde Großrinderfeld tagt nicht nur als Präsenzsitzung, sondern setzt auch auf die digitale Zukunft. Am Donnerstag, 3. Dezember, tagt der Digitalausschuss des Gemeinderats erstmals öffentlich – und natürlich virtuell. © Seufert

Die Digitalisierung ist den Großrinderfeldern einen eigenen Ausschuss des Gemeinderats wert. Nun tagt das Gremium erstmals öffentlich – und digital. Damit will man für den Ernstfall gerüstet sein.

Großrinderfeld. Die Digitalisierung hat durch Corona einen deutlichen Aufschwung. Ob Home-Office, Videochats mit dem Lehrer oder die virtuellen Treffen mit Freunden vor dem Computer: In allen Lebensbereichen ist man derzeit online. Auch in der Kommunalpolitik sorgt das Thema für reichlich Gesprächsstoff. Können Sitzungen auch digital stattfinden? Ausschüsse einzelner Kommunen haben bereits virtuell getagt. Und vom Kommunalamt im Landratsamt kam grünes Licht – wenn eine Präsenzsitzung wegen Corona nicht möglich ist.

In Großrinderfeld hat man zwar derzeit nicht vor, eine Beratung des Gemeinderats per Videokonferenz durchzuführen, „aber wir wollen für den Ernstfall gerüstet sein“, sagt Bürgermeister Johannes Leibold. Und das auch nach dem 31. Dezember, wie in der Kommunalverordnung des Landes aufgeführt. Deshalb wurde kürzlich beschlossen, den Passus zur „Durchführung von Sitzungen ohne persönliche Anwesenheit der Mitglieder im Sitzungsraum“ auch in der Hauptsatzung der Gemeinde zu verankern. „Als erste Kommune im Kreis“, wie Leibold betont.

Dass diese Änderung ohne große Debatte im Gremium vonstattenging, mag Zuhörer verwundert haben. Leibold und Gemeinderat Rainer Gerhards, Mitglied des „Ausschusses Digitalisierung und Kommunikation“ nicht. Neben Technischem Ausschuss und Verwaltungsausschuss wurde nach der letzten Kommunalwahl auch ein Digitalausschuss gegründet, der sich mit den drängenden Zukunftsfragen beschäftigt – und nun den Ernstfall probt.

Sitzung im Home-Office

Die erste öffentliche Sitzung des Digitalausschusses am Donnerstag, 3. Dezember, um 19 Uhr findet auch so statt, nämlich digital. Die Mitglieder wählen sich über einen eigenen Zugang ein. Für die Zuhörer wird die Übertragung per Beamer in den Sitzungssaal des Rathauses erfolgen. Von dort aus leitet der Bürgermeister die Versammlung. Aber auch eine Online-Teilnahme der Zuhörer soll realisiert werden, so IT-Spezialist Rainer Gerhards. Damit hätten alle Interessierte die Möglichkeit, die Diskussion zu verfolgen. Er ist überzeugt, dass man somit mehr Möglichkeiten der Öffentlichkeitsbeteiligung biete.

Rechtliche Bedenken haben die beiden nicht, denn es sei kein beschließender Ausschuss. Wichtig sei aber, Erfahrungen zu sammeln. „Schwierige Themen digital zu behandeln, braucht Übung. Wir wollen das nicht, aber trotzdem ein Mittel in der Hinterhand haben“, so Leibold.

Grundsätzlich bestehe auch die Möglichkeit eines Umlaufverfahrens. Aber das will der Bürgermeister nur dann anwenden, wenn es nötig ist. Sollte eine Präsenzsitzung wegen Corona nicht durchgeführt werden können, hätte man über die virtuelle Zusammenkunft das Heft des Handelns weiterhin in der Hand. Auch bei nicht-öffentlichen Sitzungen befürchten sie keine Probleme. Mit seiner IT-Firma Adiscon habe er viel Zeit und Know-how dafür investiert, dass alles datenschutz-konform sei, so Gerhards. Zudem sehe der Moderator, wer sich anmelde.

Mit dem Thema Digitalisierung beschäftigt man sich in Großrinderfeld nicht erst seit der Corona-Krise. Doch sie hat in den vier Ortsteilen wie ein Katalysator gewirkt. Bereits Mitte März, kurz nach dem Lockdown, hatte man in kleinen Gruppen erste Videokonferenzen durchgeführt und rasch ein Konzept entwickelt, wie man im Gemeinderat mit dem Thema umgeht. Schon vor der Ergänzung der Kommunalverordnung, die im Mai kam, habe man ernsthafte Ideen entwickelt. „Für die Gemeinderäte ist das Thema Videokonferenz seit Monaten präsent.“

Kritische Stimmen aus den eigenen Reihen gab es auch. „Aber wir haben alle mit der technischen Ausstattung unterstützt, Hintergründe erklärt und Hilfestellungen gegeben“, sagt Gemeinderat Gerhards.

Innerörtlicher Breitbandausbau

Möglich gemacht wurde der Einsatz der neuen Technik auch durch die Breitbanderschließung, ist Bürgermeister Leibold dem Landratsamt für dessen Einsatz dankbar. „Großrinderfeld ist kein weißer Fleck mehr“, betont er. Die innerörtliche Breitbanderschließung hat sich der Digitalausschuss zur Aufgabe gemacht, ebenso wie ein digitales Ratssystem oder einen Grundsatzbeschluss zum öffentlichen Wlan. Das sei ein „Nice to have“ aber kein Muss, stellen die beiden fest.

Digital wird auch die Lüftung in der Grundschule gesteuert. „Wir wissen, wie viel Kohlendioxid im Raum ist, ob gelüftet werden muss oder ob die offene Tür des Klassenraums reicht“, erklärt Gerhards. An dem kleinen Gerät können die gemessenen Werte jederzeit nachverfolgt werden. Und über ein LED-Ampelsystem hat man die aktuelle Raumluftqualität im Blick. „Damit müssen die Kinder nicht mit dicken Jacken in der Schule sitzen.“ In der Schule habe man die Situation durch Lüften im Griff. Für andere öffentliche Gebäude würden Lüftungskonzepte entwickelt.

Weichen stellen

Was gab den Ausschlag für einen solchen Digitalausschuss? „Wir wollen mit diesem Zukunftsthema weiterkommen“, stellt sich Leibold den Ort als „Smart Village im Tauber-Valley“ vor. „Die Weichen für die Zukunft müssen rechtzeitig gestellt sein“, findet er.

Denn auch die Digitalisierung ist ein Standortfaktor bei Bauplatzsuchenden und Gewerbetreibenden. „Corona kann dadurch auch eine Chance für den ländlichen Raum sein“, sind Leibold und Gerhards überzeugt.

Redaktion Hauptsächlich für die Lokalausgabe Tauberbischofsheim im Einsatz

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