Wagyu-Rinder im Taubertal - Familie Richter aus Creglingen-Wolfsbuch züchtet seit 2014 die japanischen Rasse-Rinder

Wohl der Tiere hat absolute Priorität

Von 
Werner Palmert
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Die Wagyus der Familie Richter stehen vom Frühjahr bis zum Spätherbst auf den verschiedenen Weideflächen im Tauber- und Reubachtal. Den Winter verbringen sie im Offenstall auf der Hofstelle in Wolfsbuch. © Werner Palmert

Fleisch der absoluten Spitzenklasse liefern Wagyu-Rinder. 47 Tiere dieser seltenen, ursprünglich aus Japan stammenden Rasse, gibt es mittlerweile im oberen Taubertal.

Wolfsbuch. Nach 45 Jahren harter Arbeit als Schweineferkelerzeuger erkannte Wolfgang Richter (63), dass diese Form der konventionellen Landwirtschaft in der Zukunft nur schwer überleben kann und keine reelle Existenzgrundlage für sich, seine Familie und die Familien seiner Söhne Florian (39) und Max (37) darstellt. Also entschied man sich nach eingehenden Gesprächen im Familienrat, gemeinsam neue Wege zu gehen und stieß dabei auf die Zucht und Haltung von Wagyu-Rindern.

Alles, was die Richters bis dato über das Wagyurind gehört oder gelesen hatten, weckte ihre Neugier, und so begann man, sich mit dieser speziellen Tier-Rasse näher auseinanderzusetzen. Die Wagyus, eine besondere Rinderrasse, die ursprünglich aus Japan stammt, gelten unter Gourmets als diejenige mit dem zartesten und geschmackvollsten Fleisch weltweit.

Von Anfang an waren die Familien Richter überzeugt davon, „dass nur aus glücklichen Tieren, welche unter den bestmöglichen Bedingungen natürlich aufwachsen und leben dürfen, am Ende ein echtes Premiumlebensmittel entstehen kann“ und sie handelten danach: „Mit Herz und Verstand“, denn die Aufzucht soll tiergerecht und mit viel Bewegung erfolgen. Die absolute Priorität ist auf das Wohl der Tiere ausgerichtet. Dabei können Wolfgang Richter und seine Söhne auf das Wissen und die Erfahrung aus mehreren Generationen Viehzucht und Landwirtschaft in der Familie zurückgreifen.

„Die vielleicht einfachste Entscheidung während des ganzen Vorbereitungsprozesses war die Namensfindung für unser Vorhaben“, erinnert sich Florian Richter heute im Gespräch. „Taubertal-Wagyu“ sollte das ganze heißen, „einfach und doch aussagekräftig. Heimatverbunden und trotzdem weltoffen“. Nach Erledigung aller Verwaltungsformalitäten, dem Abschluss der notwendigen handwerklichen Arbeiten und dem Abschluss der nötigen Marketingmaßnahmen, war es im Jahre 2014 schließlich soweit: Die erste Embryoneneinpflanzung in eine Fleckvieh-Kuh auf dem Hof erfolgte, der Rinderzuchtbetrieb „Taubertal Wagyu“ nahm seine Arbeit auf.

Heute umfasst die Herde von „Taubertal-Wagyu“ 47 Tiere im Alter von drei Monaten bis neun Jahren, die auf verschiedenen Weideflächen am Hof in Wolfsbuch direkt, im Taubertal und an den Hängen unterhalb der ehemaligen Raubritterburg Seldeneck aber auch im benachbarten Reubachtal bei Oberstetten stehen. Auf dem Hof in Wolfsbuch hat auch der rund 1200 Kilogramm schwere, vierjährige Zuchtbulle „Taro“ sein Zuhause. Auf ihn sind die Richters besonders stolz, denn mit einer Körung von 998G durch den Zuchtverband der Deutschen Rinderunion, gehört er zu den Spitzenvererbern seiner Rasse.

Die Wagyu-Kälber auf dem Hof der Familien Richter bleiben zehn Monate bei ihren Müttern, danach werden sie in Gruppen zu je fünf Tieren aufgeteilt. Geschlachtet werden die Tiere, wenn sie ein Gewicht von rund 800 Kilogramm erreicht haben, in der Metzgerei Naser in Creglingen. Allerdings frühestens nach 36 Monaten und immer erst dann, wenn das zuvor geschlachtete Rind zur Hälfte verkauft ist. Danach reift das Fleisch im Kühlhaus (auf dem Knochen) bei zwei Grad Celsius und 75 Prozent Luftfeuchtigkeit, bevor es zerlegt, portioniert und tiefgefroren wird.

Zur Kundschaft des Rinderzuchtbetriebs Richter gehören private Abnehmer aus ganz Süddeutschland, aber auch Gastronomiebetriebe wie das „Herrenschlösschen“ in der nahe gelegenen ehemaligen Freien Reichsstadt Rothenburg, das Lokal „Zur frohen Einkehr“ im mittelfränkischen Reichardsroth oder ein Feinkosthändler in Bad Kissingen.

Auch bei der Fütterung wird während der Aufzucht der Wagyu-Rinder auf Ausgewogenheit und Qualität geachtet: Neben dem Weidegras der Burg Seldeneck gibt es Schrot-Rationen aus dem eigenen Bio-Landwirtschaftsbetrieb, um den einzigartigen Fleischgeschmack des Wagyu-Beefs und die für Wagyu-Fleisch typische Marmorierung mit feinen Fettäderchen sicherzustellen.

Im Vergleich mit anderen Rinderrassen erhält das Wagyu-Rind längere Zeit bis zur Schlachtreife. Bei der Aufzucht der Wagyu-Rinder kommen weder künstliche Wachstumshormone noch Antibiotika zum Einsatz. Ein ausgeklügelter Mix aus natürlicher Weidehaltung mit weitem Auslauf und anschließender Zufütterung spezieller Futtermischungen bei sehr langsamer Mast sorgt dafür, dass sich das Fett im Fleisch nicht punktuell ansammelt, sondern sich im Muskelfleisch der Wagyu-Rinder fein verteilt. Daraus entsteht die für Wagyu-Fleisch typische feine Marmorierung mit feinen Fettäderchen (der intramuskuläre Fettanteil), ein einzigartiger Fleischgeschmack (leicht nussig), ultimative Saftigkeit und Zartheit. Das seltene Vorkommen, gepaart mit der aufwändigen Aufzucht und der hohen Qualität des Produktes, macht Wagyu-Fleisch zu einer teuren Delikatesse. Ein Kilogramm Fleisch vom reinrassigen Wagyu kann je nach Herkunft und Teilstück weit über 100 Euro kosten.

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