Albert Krämer, Ehrenbürger, verdienter ehemaliger Schulrektor und seit Ende der 1980er Jahre engagierter Fürsprecher des Jüdischen Museums , ist am 10. September im Alter von 92 Jahren verstorben.
Creglingen. Es war ein aufmerksam gelebtes, arbeitsreiches Leben: Aufgewachsen ist er als zweites von insgesamt drei Kindern auf dem elterlichen Nebenerwerbshof im inzwischen nach Nürtingen eingemeindeten Dörfchen Reudern.
Da der Vater im Sommer als Maurer, im Winter als Waldarbeiter arbeitete, mussten die Kinder früh mit zupacken. Nachdem der Vater sich entschieden gegen eine schulische Ausbildung am Gymnasium gewehrt hatte, setzte die Mutter durch, dass der Sohn immerhin – weitere Mithilfe auf dem Hof vorausgesetzt – die Lehrerbildungsanstalt in Schwäbisch Hall besuchen durfte.
Gerade mal 16 war er, als das Nazi-Regime ihn mitten aus der Ausbildung erst zu Schanzarbeiten am Westwall schickten, dann zur als Arbeitsdienst getarnten Infanterieausbildung verpflichteten.
Immerhin sei ihm der Kriegseinsatz erspart geblieben, so Krämer bei einem Gespräch mit der Redaktion im vergangenen November. Unmittelbar nach dem Krieg war an eine Fortsetzung der Ausbildung nicht zu denken. Statt dessen: Wald- und Hofarbeit.
Die wieder aufgenommene Ausbildung an der Esslinger Lehreroberschule, dann der in Nürtingen und später am Pädagogischen Institut in Esslingen musste der angehende Lehrer mit der Hofarbeit verbinden. Als Junglehrer wurde er nach kurzer Tätigkeit an der Hilfsschule in Geislingen nach Schmerbach berufen. Ein Jahr lang unterrichtete er da 74 Kinder der Klassen 1 bis 8 in zwei Schichten, wurde dann nach sechselbach in die in einem Privathaus untergebrachte Schule versetzt, 1953 dann auf eigenen Wunsch nach Waldmannshofen, wo er mit kreativem Engagement den den Schulhausneubau begleitete. Es gelang ihm, Schmied und Zimmermann für die Schule zu begeistern, errichtete mit ihnen zusätzlich eine flexible Schulbühne, einen Werkraum, gestaltete einen Turngarten – und probte nebenbei mit den Schülern Schulaufführungen und Krippenspiele in den Kirchen.
Freiräume für Kreatives
Das Engagement fiel auf, der Schulrat riet Krämer zum Aufbaustudium am Reallehrerininstitut in Tettnang. Im September 1967 wurde Krämer als kommissarischer Leiter an die knapp anderthalb Jahre zuvor mit zwei Klassen gegründete, im heutigen Rathaus untergebrachte vierklassige Realschule Creglingen berufen, die er dann ab 1969 als Rektor leitete.
Intensiv begleitete er als Schulleiter etliche Bauperioden des 1971 eingeweihten neuen Creglinger Schulzentrums – die ersten beiden Bauabschnitte ebenso wie den Anbau der Öffentlichen Bücherei und den Bau der neuen Sporthalle.
Inhaltlich schuf Rektor Krämer wie bereits in Waldmannshofen auch in Creglingen Freiräume für kreativen Unterricht: Viel zu verdanken haben ihm die Volleyballer, die schulische Kunst-AG übernahm die künstlerische Ausgestaltung, und auch die ursprünglich nur für Hauptschulen vorgesehenen Betriebspraktika an der Creglinger Realschule öffnete der Schülerschaft Türen in die berufliche Zukunft.
Immer wieder thematisierte Albert Krämer im Geschichts- und Gemeinschaftskundeunterricht die Geschichte der jüdischen Menschen in der Region und sensibilisierte ganze Schülergenerationen für das Thema. Er gehörte zu dem Team, das 1987 den ersten Besuch ehemaliger jüdischer Mitbürger vorbereitete, führte im Jahr darauf mit der Stadt die Gedenkfeier zur 50. Wiederkehr der Reichspogromnacht in Archshofen durch.
Krämer war gefragt als Korrektor der Dauerausstellungstexte des Jüdischen Museums Creglingen, hielt Vorträge zum Thema – zuletzt im November vergangenen Jahres über den jüdischen Lehrer Josef Pressburger – und führte oft Gruppen durch die Ausstellung.
Den Menschen im Mittelpunkt
Bei der Verleihung der Ehrenbürgerwürde im Sommer 2008 würdigte Laudator Jörg Hasenbusch, damals Erster Landesbeamter, Albert Krämer nicht nur als bedeutenden Pädagogen, der sich durch Geradlinigkeit, Beharrlichkeit und spürbare Mitmenschlichkeit auszeichnete, sondern auch als höchst engagierten Bürger, dem es immer um die Menschen und um die Sache gegangen sei. Krämer – und das ist bezeichnend für ihn – musste regelrecht überredet werden, die Würde anzunehmen. Er habe nur versucht, seine Aufgaben im Wissen um die Verantwortung als Christ auszuüben und sehe darin eigentlich nichts Besonderes.
Mit Albert Krämer verliert die Stadt einen Mitbürger, der vielen zum Vorbild wurde. Die Beisetzung findet am 16. September aus aktuellem Anlass im Familienkreis auf dem Creglinger Friedhof statt. ibra
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