Biomassezentrum in Buchen - Viele Interessierte beim Anwendertag „Pflanzenkohle und Substrate“ in Sansenhecken / Praxis- und Feldtest für das Frühjahr angekündigt

Aus Grüngut entstehen hochwertige Produkte

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ah
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Beim Anwendertag „Pflanzenkohle und Substrate“ der AWN in Buchen gab es zahlreiche Praxistipps von Profis für Profis. Den Aufbau einer Miete für Nährhumus erläuterte Urs Hildebrandt (Österreich): Nach der Bearbeitung mit dem „Gujer-Kompostwender“ entsteht das typische pyramidenförmige Profil. © AWN/Martin Hahn

Beim Anwendertag im Biomassezentrum in Buchen-Sansenhecken erfuhren die interessierten Besucher, wie man Böden gesund erhalten und dennoch den Ertrag steigern kann.

Buchen. „Gesunde Böden haben eine ewige Jugend und eine fortwährende Balance“, so Angelika Lübke-Hildebrandt aus Österreich, die sich zusammen mit ihrem Mann Urs Hildebrandt weltweit in Sachen Landmanagement und Bodenfruchtbarkeit engagiert. „Doch unsere Böden vergreisen, die Kreisläufe sind weltweit zerrissen“, so ihre Warnung.

Große Gästeschar

Beim Anwendertag „Pflanzenkohle und Substrate“ im Biomassezentrum in Sansenhecken in Buchen begrüßte Landrat und AWN-Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Achim Brötel zahlreiche Gäste aus der Landwirtschaft, den Maschinenringen, von Garten- und Landschaftsbaufirmen und Mitglieder des Verbandes Wohneigentum (Siedlerbund). Auch Alois Gerig, MdB, und Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Ernährung und Landwirtschaft, Bürgermeister Roland Burger aus Buchen, den Kreisvorsitzenden des Kreisbauernverbandes Albert Gramling, den Bürgermeistern Thomas Ludwig (Seckach), Markus Günther (Walldürn) sowie Kreis- und Gemeinderatsmitgliedern galt sein Willkommensgruß.

Besonders freue er sich auf die Referenten, so Brötel: Neben dem Ehepaar Hildebrandt waren Professor Dr. Bruno Glaser von der Universität Wittenberg-Halle, Bodenbiogeochemiker, und Fredy Abächerli aus der Schweiz, Geschäftsführer des Maschinenrings Zuger Berggebiet, angereist.

Die Grundidee für das Biomassezentrum in Buchen sei, so Landrat Brötel, 2012 beim 20. Geburtstag der AWN entstanden. Zwischenzeitlich sei man ein angesehener Hersteller von hochwertiger Pflanzenkohle – bei der Umsetzung habe sich auch das Umweltministerium Baden-Württemberg großzügig finanziell beteiligt. Ziel sei es, so der Landrat abschließend, dass die produzierten hochwertigen Humus- und Pflanzenkohleprodukte „aus der Region und vor allem für die Region“ sein werden.

AWN-Geschäftsführer Dr. Mathias Ginter erläuterte, dass in Deutschland rund zehn Millionen Tonnen Grüngut und Bioabfälle verarbeitet würden. Während ein Großteil dieses Materials zu „normalem“ Kompost mit einem niedrigen Verkaufspreis verarbeitet würde, wolle man in Buchen einen anderen Weg gehen: Es sollen hochwertige Produkte wie Pflanzenkohle, Nährhumus und die Schwarzerde „Terra Preta“ entstehen – darüber wollte man am Anwendertag informieren.

Ginter kündigte für kommendes Frühjahr einen „Praxis- und Feldtest“ mit den „Freunden vom Verband Wohneigentum“, mit denen eine enge Partnerschaft bestünde, an. Dabei wolle man Erkenntnisse aus der Praxis für den Einsatz der Produkte im häuslichen Bereich sammeln.

In ihrem Vortrag erläuterte Angelika Lübke-Hildebrandt, deren Eltern bereits auch engagierte Naturmediziner waren und Grundlagenforschungen betrieben hätten, so die Referentin, die Kreisläufe in der Natur und insbesondere der gesunden Böden.

Unterbrochen würden diese Kreisläufe durch Naturereignisse wie Vulkanausbrüche, für die man nichts könne. Viel schwerwiegender seien allerdings Maßnahmen aus Unwissenheit oder „Desinteresse, Profitgier und mangelndem Respekt vor der Natur“, so die eindringlichen Worte der Referentin. Man müsse das Gleichgewicht in den Böden wieder herstellen. Dazu nannte sie Beispiele, wie sie dieses Humusverfahren weltweit in vielen landwirtschaftlichen Bereichen erfolgreich umgesetzten. In lehmigen und ausgelaugten Böden habe man innerhalb von knapp acht Jahren eine stabile Humusschicht von ursprünglich einem auf das Sechzehnfache aufgebaut.

Anschließend erläuterte Angelika Lübke-Hildebrandt den Aufbau ihres wertvollen Nährhumus. Neben verfügbarem Material aus der Landwirtschaft, Landschaft, dem Garten und der Küche werden frisches Grün, tonhaltige Erde und rund zehn Prozent fertiger Kompost „zum Beimpfen“ benötigt.

Eine entsprechende Überwachung der Parameter Temperatur, der Feuchtigkeit und des Sauerstoffes sowie das gezielte Wenden der Miete würden dafür sorgen, dass nach rund acht Wochen ein wertvoller und krümeliger Nährhumus entsteht. Sie hoffe, dass die Landwirtschaft irgendwann auf den „Humuszug“ aufspringen würde, so die Referentin. Sie freute sich auf die gute Zusammenarbeit mit der AWN, allen voran das „Biomasseteam“ mit Harald Schäfer und Christian Gramlich: „Was man hier in kurzer Zeit erreicht hat, ist europaweit einmalig“, beschloss Angelika Lübke-Hildebrandt ihren ebenso charmant wie auch eindringlich gehaltenen Vortrag.

Dr. Bruno Glaser, ein weltweit anerkannter Bodenkundler und ausgesprochener „Terra Preta“-Spezialist, hat jahrelang im Amazonas-Gebiet, der Herkunft der Terra Preta, gelebt. Er erläuterte, dass eine intensive Landwirtschaft zu Humusschwund führe. Dieser Effekt sei weltweit zu erkennen, ihm gelte es entgegenzusteuern. Der Klimawandel, lange Trockenperioden wie in diesem Sommer, aber parallel dazu Starkregenereignisse würden für massiven Stress im Boden sorgen.

Durch die Ausbringung von Humus beziehungsweise Terra Preta könne man die Böden in Bezug auf Wasser- und Nährstoffspeicherung, als „Haus“ für Mikroorganismen und die Fruchtbarkeit deutlich verbessern. Er untermauerte dies durch Ergebnisse von Feldversuchen, die im Rahmen seiner Forschungstätigkeit im Wendland durchgeführt wurden. Abschließend erläuterte er die gesetzlichen Rahmenbedingungen mit dem Hinweis, dass in Deutschland noch vieles geklärt werden müsse – Österreich und die Schweiz seien hier weiter.

Dies war eine gelungene Überleitung zum Vortrag des Schweizers Fredy Abächerli, der aus dem Zuger Berggebiet berichtete. Die Kompostierung habe in der Schweiz noch vor 30 Jahren einen schlechten Ruf gehabt. Dies habe man verändern wollen. Er habe Bauern gefunden, die zusammen mit ihm „gegen den Strom“ schwimmen wollten. „Wenn man die Welt verändern will, braucht man funktionierende Praxisbeispiele“, so Abächerli. Diese lieferte er: Baumpflanzungen in Bern, wo die Bäume mit Nährhumus deutlich schneller wuchsen, Gemüsebauern mit besten Ergebnisse „trotz“ des Verzichts auf künstliche Düngung und Tiere im Stall, die durch gezielte Gabe von Pflanzenkohle im Futter beim Stalleinstreu deutlich gesünder waren.

AWN informierte umfassend

Anschließend folgte der Praxisteil. Die AWN hatte Stationen mit zahlreichen Informationstafeln aufgebaut. Neben einer ausführlichen Erläuterung der Funktionsweise der Anlage zur Herstellung von hochwertiger Pflanzenkohle (Pyreg) gab es ebenso Information über die Bereiche „Stoffströme von Grüngutplätzen“ und Hackschnitzel.

Das Highlight für die Besucher war eine original aufgesetzte Nährhumusmiete, an der in Form eines Stufenaufbaus alle Materialbestandteile zu sehen waren. Anschließend wurde diese mit dem „Gujer“-Kompostwender bearbeitet. Urs Hildebrandt war dabei ein kompetenter wie engagierter Ansprechpartner. Der gelungene Abschluss des Anwendertages fand in einer Halle bei Bewirtung und in zahlreichen Gesprächsrunden statt. ah

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