Freilichttheater - Theaterfreunde griffen mit dem Stück "Heute ist früher, nur anders" ein ernstes Thema mit hintersinnigem und deftigem Humor auf

Nur Gleichgesinnte dürfen in den X-Club

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In der Gegenwartsszene: Xaver, der Mann im schwarzen Mantel, versteht es brillant jung und alt in seinen Bann zu ziehen und die Massen zu begeistern. Selbst das Publikum wurde davon angesteckt.

© Heinz Weber

Schwabhausen. Einmal mehr hat Theaterautor und Regisseur Jörg Appel mit seinem jüngsten Theaterstück " Heute ist früher, nur anders" voll ins Schwarze getroffen. Ein volles Haus oder ein voller Hof - es war nach dem Erfolg des letzten Jahres wieder als Freilichttheater in historischen Ambiente inszeniert - war bei der Premiere ein überzeugender Beweis.

Seit vielen Jahren sind die von Jörg Appel verfassten und inszenierten Stücke die Theaterhighlights in der Region. Waren es in der Vergangenheit überwiegend heitere, mit viel Humor gewürzte lokale Themen und Begebenheiten, die die Besucher begeisterten, so war es diesmal, wenn auch mit Humor und zünftigen Textpassagengespickt, ein ernstes, tiefgründiges Thema, das, und so wollten es Jörg Appel und seine Theaterfreunde, über den Humor auch zum Nachdenken anregen soll.

Mit seinem Stück "Heute ist früher, nur anders" will Jörg Appel in szenischer Darstellung auf der Bühne deutlich machen, wie doch Vergangenes, ja zum Teil schon Vergessenes heutigen Entwicklungen gleicht. Treffend hat er es dabei verstanden in seinen wechselnden Zeitszenen Gegenwart und Vergangenheit gegenüber zu stellen und die Probleme und Entwicklungen aufzuzeigen.

Zwei Zeitebenen, die Zeit des Nationalsozialismus und die Zeit der Gegenwart, bilden hierfür die Grundlagen. Keine leichte Aufgabe diesen Stoff in eine bühnenreife Inszenierung zu übersetzen. Einmal mehr wurde dabei das Szenario auf die lokale Ebene - Schwabhausen - verlagert, könnte aber wohl überall spielen.

Im Zentrum steht hierbei der alte Korbinian (alias Harald Schieß) der als Kind in der Familie und dem Dorf als Zeitzeuge die Entwicklungen des Nationalsozialismus erlebt hat und sich, bezogen auf manche heutige gesellschaftliche Entwicklungen, mit "Alles schon mal da gewesen" erinnert. Wie ist es heute? Im Dorf findet die Jugend keine Möglichkeiten für gemeinsame Unternehmungen, da oft Treffpunkte und Räumlichkeiten fehlen. Man trifft sich auf der Straße, spricht dem Alkohol zu, es bilden sich Gruppen, die Sitten verrohen, man wird zum Ärgernis in der Öffentlichkeit und im Dorf. Man fühlt sich unverstanden und nicht akzeptiert.

Da erscheint plötzlich "Xaver" im Dorf. Ein Mann mit Überzeugungskraft, redegewandt und voller Ideen. Er versteht es, die Jugendlichen zu überzeugen und mit dem "Wir"-Gefühl einen, so scheint es, starke Gemeinschaft aufzubauen. Rituale, Disziplin und strenge, klare Regeln schmieden eine Gemeinschaft bei der Andersdenkende oder gar Kritiker keinen Zutritt finden. Doch groß ist der Zulauf und selbst Zögerer lassen sich überzeugen.

Da wird das leerstehende, ungenutzte Gasthaus für regelmäßige Treffen umgebaut und feste Regeln für die Nutzung erstellt. Schnell wird aber deutlich, dass hier nur Gleichgesinnte willkommen sind. Da liegt es nahe, einen Club zu gründen und sich durch einen gemeinsamen Namen (man nennt in X-Club) und ein gemeinsames Zeichen (das X-Zeichen) als verschworene Gemeinschaft deutlich zu machen. Schwächen oder gar andere Gedanken haben hier keinen Platz.

Doch "War das nicht schon einmal"? erinnert sich da Korbinian nachdenklich auf der Treppe sitzend. Oh ja vor nahezu acht Jahrzehnten war es ähnlich. Unzufriedenheit und politisches Versagen schufen die Basis für den Nationalsozialismus. Ein starker Mann und eine starke Stimme betraten damals die politische Szene und verstanden es, die Jugend und die Unzufriedenen von ihren Ideen zu überzeugen und um sich zu scharen. Auch er als kleiner Junge war damals voll heller Begeisterung und konnte das Mahnen und Zögern seiner Eltern überhaupt nicht verstehen.

Auch dass Hanna, eine Jüdin, in der Familie unter dem Namen Helga Unterkunft fand, war für ihn unverständlich. Doch die geschichtliche Entwicklung, der Niedergang des Nationalsozialismus und das Leid der Familien machen deutlich, was solche Entwicklungen anrichten können.

Sie zu erkennen und Gegenzusteuern ist der tiefgehende Sinn dieser Theaterinszenierung. Beeindruckend wie Jörg Appel es verstanden hat die Handlungen einst und heute darzustellen, ohne dabei, bei allem Ernst der Thematik, den Humor und das und Lachen zu vergessen. Dass ihm dies auch 2015 zusammen mit seinen "Theaterfreunden Schwabhausen" bestens gelungen ist, bewiesen der immer wieder aufkommende Szenenapplaus während der Vorstellung sowie beim großen Finale zum Abschluss der Premierenvorstellung.

Jörg Appel dankte seinen 28 Leiernspielern, Tanja Fackelmann und Markus Blesch für die Freilichtbühne in ihrem Hof sowie den zahlreichen Helferinnen und Helfern um und hinter der Bühne für ihren Einsatz und ihr Engagement. Inspiration für dieses Stück das in enger Zusammenarbeit mit des "Theaterfreunden Schwabhausen" entstand, war der von Dennis Gansel verfilmte Roman "Die Welle", der das Sozial-Experiment an einer Kalifornischen Schule im Jahre 1967 über die Entstehung des Nationalsozialismus behandelt. Mit dem Leitgedanken der Theaterfreunde Schwabhausen für dieses Stück "Über das Lachen zum Nachdenken anregen" wurde das Ziel "Man darf keinen Schlussstrich unter die Vergangenheit setzen! Man muss sich damit beschäftigen, damit sie sich nicht wiederholt" treffend erreicht. prewe

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