Bonn. Viele Jahre lang wurde Mohn in Deutschland kaum mehr angebaut. Dank morphinarmer Sorten ist das nun anders. Mohn bringt gute Voraussetzungen für den ökologischen Anbau mit. Die Kultur ist zudem eine echte Bereicherung für die Biodiversität. Wer in den Anbau einsteigen möchte, sollte aber etwas Risikobereitschaft mitbringen.
In Deutschland werden jährlich etwa 10 000 Tonnen Mohn zu Back- und Speisezwecken verarbeitet. Angebaut wird dieser Mohn aber überwiegend im Ausland. Dabei hat diese uralte Kulturpflanze hierzulande eine lange Anbautradition.
Viele Jahrzehnte lang wurde Mohn jedoch kaum mehr angebaut: Grund: Die ursprüngliche Schlafmohnpflanze enthält in seinen milchsaftführenden Pflanzenteilen Stoffe, aus denen Opium gewonnen werden kann. Opium ist ein morphinhaltiges Schmerzmittel, das auch als Rauschmittel Verwendung findet. Deswegen fällt Schlafmohn in Deutschland seit 1930 unter das Betäubungsmittelgesetz und darf nur mit Genehmigung angebaut werden.
Heute gibt es morphinarme Sorten, die den erwerbsmäßigen Anbau ermöglichen. Allerdings muss auch für deren Anbau eine Erlaubnis eingeholt werden. Aktuell gibt es drei in Deutschland zugelassene Mohnsorten. Alle drei sind Blaumohne. Weiß- oder grausamige Sorten sind derzeit in Deutschland nicht zugelassen.
2019 wurden in Deutschland auf 570 Hektar Mohn angebaut – damit hat sich die Anbaufläche innerhalb von zwei Jahren mehr als verdoppelt. 30 Prozent des Mohnanbaus finden in ökologischem Anbau statt.
Dass das Comeback des Mohns hierzulande so erfolgreich verläuft, ist auch den Akteuren von „Regio-Mohn“ zu verdanken. In diesem Projekt hat die Uni Bonn zwischen 2019 und 2021 neue Konzepte für die Optimierung des Anbaus und regionale Absatzstrukturen entwickelt. Auch wenn der botanische Name „Schlafmohn“ auf die medizinische Nutzung der Pflanze hinweist. In Deutschland wird Mohn ausschließlich als Speisemohn kultiviert. Verwendet werden dabei die etwa 1,5 Millimeter kleinen Samen aus den Kapseln der Pflanze.
Nussig-süßlich schmeckend
Die leicht nussig-süßlich schmeckenden Samen des Mohns sind reich an Kalzium und Vitaminen – allen voran Vitamin B und E – und werden vor allem für Backwaren und Süßspeisen verwendet. Wegen ihres hohen Ölgehalts von 40 bis 45 Prozent können die Samen aber auch zu einem aromatischen Speiseöl kaltgepresst werden. Das Öl setzt sich hauptsächlich aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren zusammen und ist damit besonders wertvoll für eine ausgewogene Ernährung.
Mohn ist eine Kultur, die sich aus mehreren Gründen gut für den ökologischen Anbau eignet: Die Pflanze wird in Mitteleuropa schon seit vielen Jahrhunderten als Kulturpflanze angebaut und ist damit an die heimischen Klimabedingungen ideal angepasst. Für die Fruchtfolge ist Mohn eine perfekte Erweiterung. Im Gegensatz zu vielen anderen Ackerkulturen gedeiht Speisemohn auch auf Grenzstandorten und hat wegen seiner kräftigen Pfahlwurzel einen günstigen Effekt auf die Bodenstruktur. Auch in puncto Pflanzenkrankheiten und Schädlingen bringt Mohn optimale Voraussetzungen für den Bio-Anbau mit.
Der Anbau von Mohn bietet Potenzial für Öko-Landwirte. Je nach Angebot auf dem Weltmarkt ist der Preis für Mohn allerdings starken Schwankungen unterworfen. 2020 lag der Preis für Ware aus ökologischem Anbau zwischen 4,50 und 5,50 Euro/kg. Die Erträge liegen zwischen 0,6 und 1,5 Tonnen/har.
„Mit einer regionalen Direktvermarktung können teilweise deutlich höhere Preise erzielt werden“, weiß Hanna Blum, Ingenieurin der Uni Bonn und Projektleiterin von „Regio-Mohn“. Laut Blum suchen viele Bäckereien und Mühlen gezielt nach regional erzeugtem Mohn. „Mit gutem Grund“, so die Wissenschaftlerin, „denn dieser ist aromatischer und geschmackvoll als importierte Ware. Mohn, der importiert oder lange eingelagert wird, würde schnell ranzig und bitter, erklärt Blum. Außerdem enthielten viele der importierten Mohnsorten noch Morphine und müssten daher erst einer spezielle Bedampfung unterzogen werden. Bei dem hier angebauten Mohn sei das anders, so Blum. Da dieser besonders morphinarm ist, könne er direkt verarbeitet werden, was dem Geschmack und Aroma zugute komme. Wer Mohn anbauen will, solle Risikobereitschaft mitbringen, empfiehlt Blum. Denn Mohn sei eine sensible Pflanze, die Erträge könnten von Jahr zu Jahr schwanken. Das liege daran, dass Mohn stark auf ertragswirksame Faktoren wie Stickstoff-Verfügbarkeit, Niederschlagsmenge oder Unkrautdruck reagiert. In dem dreijährigen Forschungsprojekt „Regio-Mohn“ wurde untersucht, wie man den Anbau von Mohn unter ökologischen Bedingungen optimieren und die Erträge stabilisieren kann.
Vor dem Einstieg in die Nischenkultur Mohn sollte man sich unbedingt über die Absatzmöglichkeiten in der Region kundig machen. Unterstützung dabei bietet ebenfalls das Projekt Regio-Mohn.
Weitere Gründe
Es gibt noch andere Gründe, warum es sich lohnt, Mohn anzubauen. Einer davon ist sein enormer Beitrag zur Biodiversität. Auch diese Erkenntnis stammt aus dem Projekt „Regio-Mohn“. Die Wissenschaftler untersuchten über drei Jahre, welche Wirkung Mohn auf die heimische Insektenfauna hat. Fazit: Mohnblüten enthalten nicht nur viel, sondern auch stickstoffreichen Blütenpollen und sind attraktiv für blütenbesuchende Insekten wie Bienen, Hummeln oder Schwebfliegen. Überdies bietet Mohn – besonders Sommermohn mit seiner Blüte bis Mitte Juli – Pollen in Zeiten, in denen sonst nur wenig blüht.
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