Unterm Wasserturm daheim sein

Die Heimatgeschichte war schon immer ein Steckenpferd von Werner Zimmermann. Der Hockenheimer Altbürgermeister und profunde Kenner der hiesigen Vereinswelt ist als Vorsitzender des Vereins für Heimatgeschichte (VfH) die treibende Kraft der Schriftenreihe

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Gesammelte Lokalgeschichte: Werner Zimmermann präsentiert die bisherigen Ausgaben. © Lenhardt

Es muss nicht immer ein 820-seitiger Wälzer wie beim Ortsfamilienbuch werden, wenn es um die Dokumentation lokaler Historie geht. Zweifellos hat sich der Verein für Heimatgeschichte Hockenheim mit seiner über Jahre hinweg entstandenen Auflistung der Mitglieder von 14 000 Sippen, die er anlässlich der 1250. Wiederkehr der ersten Erwähnung Hockenheims im Jahr 2019 im Lorscher Codex aufgelegt hat, bleibende Verdienste erworben. Doch ein solches Mammutprojekt ist für den kleinen Kreis von Aktiven eine Herausforderung, die in diesem Umfang nicht wiederholbar ist.

Ganz regelmäßig informiert der 1985 gegründete Verein dagegen mit seiner kompakten Schriftenreihe „Unterm Wasserturm“ die Menschen in der Rennstadt über interessante Aspekte ihrer Vergangenheit – sozusagen in einer Aufsatzsammlung.

Name war schnell gefunden

„Die Idee entstand aus dem Wunsch, unsere Mitglieder und die Öffentlichkeit einmal im Jahr über heimatkundliche Themen zu informieren“, sagt Werner Zimmermann, Vorsitzender des Vereins für Heimatgeschichte (VfH) und Altbürgermeister Hockenheims. Der Name der Schriftenreihe deutet auf eine weitere regelmäßige VfH-Aktivität hin: die Öffnung des Wasserturms am Tag des offenen Denkmals. Was lag da näher, als die Broschüre „Unterm Wasserturm“ zu nennen, fand Erhard Metzler, Werkleiter der Stadtwerke, denen das Denkmal gehört. Die erste Ausgabe erschien zu Weihnachten 2015.

Das Themenspektrum ist sehr vielfältig: Vorm großen Jubiläumsjahr beleuchtete Alfred Rupp in der vierten Ausgabe 2018 „Hockenheim und seine Frühgeschichte“, während der bisher jüngste Sechsseiter mit „Eduscho“-Gründer Eduard Schopf und seinen Bezügen zu Hockenheim von Autor Rolf W. Maier eine einzelne Persönlichkeit in den Mittelpunkt stellte.

Die jeweils umfangreich bebilderten Schriften erhalten die rund 170 Mitglieder des Vereins quasi als Jahresgabe direkt zugestellt. Der Verein legt aber weitere Exemplare der jeweils 250 Stück umfassenden Auflagen in dem von ihm betreuten Tabakmuseum sowie im Rathausfoyer aus. In Museum sind auch ältere Ausgaben erhältlich.

Für alle Geschichtsinteressierten gibt es aber auch die Möglichkeit, sich sämtliche Ausgaben von der Homepage des Vereins herunterzuladen und selbst auszudrucken. Das sorgt nicht nur für quasi weltweite Verfügbarkeit – auch für jene Hockenheimer, die nicht mehr vor Ort wohnen –, sondern auch für einen überschaubaren finanziellen Aufwand für den Verein, erläutert Werner Zimmermann.

Es gibt also jederzeit Zugriff auf die „Hockenheimer Beiträge zur Heimatgeschichte“, wie der Untertitel der Reihe lautet. Erich Losert hat drei Themen beigesteuert: 2016 „Das Durchgangslager für Ostflüchtlinge (1946 bis 1947)“, 2017 „Auf dem Kraichbachufer durch Hockenheim“ und 2019 „Die Wasserversorgung in Hockenheim“. Vom Ehrenvorsitzenden Alfred Rupp stammt nicht nur die Frühgeschichte, sondern auch der erste Teil „Der Jugendstil und Hockenheim“ (2015) sowie „1895-2020 – 125 Jahre Stadt Hockenheim“ (2020).

Zum Jahresende 2022 wird es um ein aus unerfreulichem Anlass ganz aktuelles Thema gehen: die Gasversorgung in Hockenheim, verrät Werner Zimmermann. Dabei geht der Blick unter anderem zurück auf das ehemalige Gaswerk am Ende der Karlsruher Straße.

Daneben hat der Verein für Heimatgeschichte ein neues Projekt in den Blick genommen: Zeitzeugen-Interviews mit Hockenheimern, die noch persönliche Erinnerungen haben an vergangene Epochen der Rennstadt. Initiiert hat es Zimmermann zusammen mit Sylvie Rese und Dr. Harald Stockert vom Marchivum Mannheim, der beim Stadtgeburtstag mehrere historische Vorträge gehalten hat.

Filmdokumente erstellen

Als Beispiel für Themen nennt Zimmermann Landwirte, die von Anbau und Verarbeitung des Tabaks berichten, der die Stadt Ende des 19. Jahrhunderts so stark verändert hat.

Die Idee zu dem Vorhaben stammt schon aus der Zeit vor Corona, wurde dann durch die Pandemie ausgebremst. Dadurch ging zum großen Bedauern des Vorsitzenden die Möglichkeit verloren, mit Protagonisten der Lokalgeschichte wie den beiden Ehrenbürgern Artur Weibel und Adolf Stier Interviews aufzuzeichnen, die verstorben sind.

Die Interviews sollen als Film aufgezeichnet und über die Homepage der Stadt wiederum allen Interessierten zur Verfügung gestellt werden. Weil die Zeit drängt, hofft Werner Zimmermann, die Finanzierung bald klären zu können. Auch in technischer Hinsicht sei der Verein auf Unterstützung durch die Stadt angewiesen.

Oberbürgermeister Marcus Zeitler habe den Vorschlag positiv aufgenommen. Das Gauß-Gymnasium habe ebenfalls Interesse signalisiert. Schüler könnten bei der Durchführung der Interviews mitwirken und so unmittelbare Einblicke in die Zeitgeschichte gewinnen.

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