Es war eine „bleierne Zeit“ im Jahr 1946. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs prägten Not und Mangel den Alltag. Die Wirtschaft lag am Boden, die Gründung eines neuen Staates stand noch in weiter Ferne. Die Militärregierungen der Siegermächte kontrollierten fast alles, was die Deutschen in den Verwaltungen, in der Wirtschaft und in der Gesellschaft unternahmen.
Zu den wichtigsten Aufgaben für die Zukunft zählte indessen der Aufbau neuer Nachrichtenmedien. Hier hatten die Besatzer ein besonderes Auge auf die politische Unbescholtenheit der Macher und die freiheitlich-demokratische Ausrichtung der Inhalte. Erst nach entsprechender Prüfung wurden für die Nachrichtenübermittlung Lizenzen ausgegeben.
Im damaligen Kreis Tauberbischofsheim erhielten zwei Männer von den Amerikanern eine Genehmigung zur Herstellung einer Tageszeitung: Ein gewisser Adolf Henning, der aus dem Rheinland stammte, und der gebürtige Münchner Richard Reile, der seit Kriegsende als zweiter Landrat im Kreis fungierte.
Vier Seiten stark
Im heutigen Archiv der Fränkischen Nachrichten finden sich keine Informationen darüber, wie die beiden Herren zusammengefunden haben und warum sie sich zu diesem Schritt entschlossen. Unbekannt ist auch, wie sie Geld und Betriebsmittel für den Aufbau von Verlag, Redaktion und Druckerei beschafften. 1946 herrschte unter anderem ein Mangel an Papier, was ein Grund dafür gewesen sein dürfte, dass die erste Ausgabe der „Fränkischen Nachrichten“ am Dienstag, 30. Juli 1946, aus nur vier Seiten bestand. Sie erschien anfangs auch lediglich dreimal pro Woche – dienstags, donnerstags und samstags.
Der erste Firmensitz der Fränkischen Nachrichten befand sich in der Hauptstraße in Tauberbischofsheim. Die hauseigene Druckerei stellte nicht nur die Zeitung her, sondern auch anderweitige Schriftsachen, wie zum Beispiel Plakate, Broschüren und Handzettel.
Sehr schnell erweiterten die Verantwortlichen das Verbreitungsgebiet der FN. Schon eine Woche nach Erscheinen der ersten Nummer in Tauberbischofsheim gab es eine Ausgabe für den Landkreis Mergentheim. Anfang 1947 begann man mit der Produktion einer Lokalausgabe für Wertheim, und am 1. April 1947 kam eine Ausgabe für Buchen in den Verkauf.
Hartes Geschäft
Doch das Geschäft war sehr hart. Die Abonnentenzahlen bereiteten Sorgen. Finanzieller Aufwand und Ertrag standen oft in keinem guten Verhältnis. Auf den Posten der Geschäftsführer und des Chefredakteurs gab es zahlreiche Wechsel. Der Neubau eines Firmensitzes in der Königheimer Straße im Zeitraum 1947/48 scheiterte. 1952 musste die „Vollredaktion“ aufgegeben werden. Das heißt, dass am Sitz der FN nur noch die lokalen und regionalen Zeitungsinhalte produziert wurden, während eine größere Zeitung die Nachrichten aus Deutschland und der Welt zulieferte. Die Kosten hierfür waren günstiger als für die entsprechenden Redaktionskapazitäten in Tauberbischofsheim. Ab 1. April 1952 kam der sogenannte „Mantel“ der Zeitung – die Seiten mit dem nationalen und internationalen Geschehen in Politik, Wirtschaft, Sport, Kultur und Gesellschaft – vom Heidelberger Tageblatt. Später übernahm dies schrittweise der ebenfalls 1946 gegründete „Mannheimer Morgen“ in Mannheim, wo die FN ab 1952 auch gedruckt wurden.
Als von 1953 bis 1954 der schrittweise Umzug in das sogenannte „Frankoniahaus“ an der Ecke Schmiederstraße/Gartenstraße gelang, begann jedoch eine Phase der Stabilisierung des Geschäftsbetriebs.
Aus den 1960er und 1970er Jahren überliefert ist im FN-Geschichtsbuch vor allem der Fortschritt im technischen Bereich. Mit Weitsicht beschafften die jeweiligen Geschäftsführer immer wieder neue Maschinen und Geräte, nicht nur für die Zeitungsproduktion, sondern auch für die anderen Abteilungen.
Lange war die Zeitungsproduktion, gemessen an heutigen Verhältnissen, unglaublich arbeitsintensiv gewesen. Redakteure und Texterfasser schrieben die Artikel mit Schreibmaschinen. Die Manuskripte trugen sie in die Setzerei, wo die Texte für den Druck noch einmal aus einzelnen „Lettern“ (quasi Metallbuchstabenstempel) zusammengesetzt wurden. Diese Buchstabenreihen montierte man zeilenweise zu ganzen Zeitungsseiten zusammen. Je nach Druckverfahren erfolgte dann noch ein Abguss mit Blei, um Druckplatten zu erhalten. Druckplatten für Bilder, Grafiken und Anzeigen wurden ebenfalls aus Metall hergestellt, wobei die Vertiefungen im Metall teils durch mechanische Bearbeitung, teils in Ätztechnik entstanden.
Eine erste wichtige Neuerung stellten Setzmaschinen mit Lochstreifensteuerung dar. Speziell geschulte Fachkräfte tippten die Texte und Formatbefehle in schreibmaschinenähnliche Geräte, die nach einem bestimmten Code Löcher in Papierstreifen stanzten. In den neuen Setzmaschinen liefen diese Streifen durch Abtastgeräte, die gemäß der Position der Löcher den Abruf der verschiedenen Lettern aus den Maschinenspeichern und deren Aneinanderreihung zu Zeilen veranlassten.
Meilenstein Fotosatztechnik
Deshalb war es ein riesengroßer Meilenstein in der Geschichte der Fränkischen Nachrichten, als 1977 eine Reprokamera und eine Fotosatzmaschine im Frankoniahaus in Tauberbischofsheim aufgestellt wurden. Die Zeit des Bleisatzes war damit noch nicht beendet, doch es zeigte sich, wo die Reise hingehen würde. Künftig sollten die Schriftsetzer und Metteure (Fachkräfte, die die Zeitungsseiten zusammensetzen) nicht mehr mit Lettern, Metallplatten und Blei hantieren, sondern die Texte in Computer tippen und sie dann einzeln auf einem Spezialpapier ausdrucken. Die Reprokamera wiederum konnte Fotos mit ihrer speziellen Optik für den Zeitungsdruck aufrastern und ebenfalls auf Folie bringen.
Mit einer Handschneidemaschine schnitt man die einzelnen Artikel und Fotos aus den Papierfahnen aus, beschichtete sie auf der Rückseite mit heißem Wachs und klebte sie auf Montagebögen zu Zeitungsseiten zusammen.
Statt im wahrsten Sinne des Wortes „bleischwerer“ Druckvorlagen reisten nun jede Nacht per Bahn oder Auto diese beklebten Bögen in die Druckerei nach Mannheim, wo dann in einem fotochemischen Verfahren die eigentlichen Druckplatten hergestellt wurden.
1982 war bei den Fränkischen Nachrichten die Umstellung der Zeitungsproduktion auf Fotosatz abgeschlossen. Gesteuert wurde alles von einem Zentralcomputer, dessen Komponenten einen Raum in der Größe eines repräsentativen Wohnzimmers füllte. Dort saßen im Schichtdienst Administratoren, die die Funktionsfähigkeit sicherstellten.
Am Zentralcomputer hingen die Drucker sowie zahlreiche Bildschirme und Tasturen in der Redaktion sowie in der Abteilung Texterfassung. Zwar schrieben die Redakteurinnen und Redakteure nun ihre Artikel direkt in den Computer, doch im Tastaturschreiben geschulte Erfassungskräfte waren weiterhin nötig, da alle von außen kommenden Texte – Artikel von freien Journalisten, Vereinen und anderen Institutionen – nur in Papierform vorlagen und in die elektronische Satzanlage eingetippt werden mussten.
1986 erfolgte noch einmal eine Erneuerung des Zentralrechnersystems in der Redaktion und auch in den kaufmännischen Abteilungen, ehe Mitte der 1990er Jahre die Stunde der Personal Computer (PCs) schlug – und damit eine neue große Zeitenwende bei den FN begann.
Windows und Farbbildschirme
Statt der vorherigen, rein textorientierten Eingabeterminals mit ihren einfarbigen Monitoren standen nun auf den Schreibtischen neue PCs, die mit dem Betriebssystem Windows und farbigen Bildschirmen ausgerüstet waren. Mit der neuen Redaktionssoftware verfassten die Redakteure jetzt nicht nur Artikel, sondern konnten auch Fotos verarbeiten und am Schluss alle Elemente direkt an ihren Computern zu kompletten Zeitungsseiten zusammenstellen. Diese Arbeitsweise wird als „Ganzseitenumbruch“ bezeichnet, und sie hatte enorme Auswirkungen auf das Arbeitsaufkommen und die Beschäftigungslage in den Abteilungen.
Schriftsetzer und Metteure, die bislang jeden Abend Artikel und Bildvorlagen auf Druckvorlagebögen zusammenmontierten, wurden nicht mehr gebraucht. Ihre Arbeitsplätze fielen weg, und nur wenige konnten weiterhin zum Beispiel als Anzeigensetzer oder Grafiker ihr Brot bei der Zeitung verdienen. Die Redaktion musste durch das Erstellen der kompletten Zeitungsseiten in Eigenregie jede Menge Mehrarbeit leisten.
Start ins Internet-Zeitalter
Doch der Wandel des Zeitungsgeschäfts durch die moderne Computertechnik hatte damit gerade erst begonnen. Mit den PCs hielten auch E-Mail-Kommunikation und Internetanschluss bei den FN Einzug, was die tägliche Arbeit erleichterte. Zugleich tauchte die Frage auf, wann denn die Fränkischen Nachrichten selbst eine Präsenz im Netz haben würden. „Die FN geht online“ hieß es am 20. Juni 2001, als das Unternehmen seine erste Internetseite freischaltete. Neue Versionen des Redaktionssystems sowie Zusatzprogramme ermöglichten es, die für den Zeitungsdruck aufbereiteten Artikel automatisch auch „ins Internet laufen“ zu lassen.
Um noch besser zu werden, wünschte man sich die Aufstellung einer eigenen Internet-Redaktion. Doch wie viele andere Verlage auch steckten die FN in einer Klemme, die im Prinzip durch die neue Technik selbst entstanden war. Die Anzeigenkunden der Zeitungen verlegten sich ab den 1990er Jahren mehr und mehr aufs Werben im Internet, anstatt gedruckte Anzeigen in der täglichen Zeitung zu buchen. Auch die Stellen- und Kleinanzeigen wanderten zu einem großen Teil ins Netz ab. Außerdem veranlasste das Angebot an kostenlosen Nachrichten auf vielen Portalen zahlreiche Leser zur Kündigung ihres Tageszeitungsabonnements.
Soziale Medien statt Zeitung?
Mit Aufkommen der sozialen Medien verschärfte sich das Problem noch. Viele Menschen glaubten – und glauben –, allein aus diesen Quellen ausreichend Informationen zu erhalten und keine Zeitung zu brauchen. Zahlreiche Gewerbetreibende setzen zudem mittlerweile ausschließlich auf die eigene Homepage, auf Facebook und Co, um Kunden zu gewinnen. Der aus all diesen Entwicklungen resultierende Einnahmerückgang erschwert es den Zeitungen, für ihre Internetaktivitäten entsprechende Fachkräfte in größerer Zahl einzustellen.
Trotz dieser Herausforderung gelang es durch das gemeinsame Anpacken aller Kräfte in der Haas-Mediengruppe, zu der die Fränkischen Nachrichten zusammen mit dem Mannheimer Morgen und anderen Zeitungen gehören, ein herausragendes digitales Angebot zu schaffen. Die Internetseite www.fnweb.de liefert heute zum Teil minutenschnell Nachrichten vom aktuellen Geschehen. Die Inhaber eines Online-Abonnements können die FN überall auf der Welt am Bildschirm lesen, auch im gewohnten Print-Layout. Dabei ist der Zugriff auf alle vier Lokalausgaben möglich, und zwar auch von zurückliegenden Tagen (bis ins Jahr 2007). Die Artikel und Zeitungsseiten lassen sich herunterladen fürs eigene Archiv oder zum Versand an Freunde und Bekannte. Fotogalerien und Videos liefern zusätzliche Eindrücke zu den Berichten. Im Anzeigen- und Servicebereich finden die Leserinnen und Leser eine Vielzahl von Informationen für das tägliche Leben, Unterhaltung und Lesestoff.
Längst sind die FN auch auf Facebook und Instagram präsent. Per Facebook erhalten die Nutzer eine Auswahl aktueller Neuigkeiten aus der Region, können mit der Redaktion in Kontakt treten und an Umfragen teilnehmen. Auf Instagram finden sie viele Infos zu besonderen Angeboten, Veranstaltungen und Gewinnspielen der FN.
Aus der Blei-Zeit sind die Fränkischen Nachrichten somit längst mitten im Glasfaser-Zeitalter angekommen – und werden weiter für ihre Leser und Kunden am Ball bleiben.
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