Oberste Zivilrichter

Ist «Miss Moneypenny» schützenswert? Bundesgerichtshof prüft

Bei Pippi Langstrumpf und Obelix weiß fast jeder, um wen es geht - aber auch bei der Sekretärin aus der 007-Reihe? Ein Büroservice hat eine Klage bisher abgewehrt. Nun ist der Fall in Karlsruhe.

Von 
Marco Krefting und Jacqueline Melcher
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Lois Maxwell (l) und Samantha Bond haben beide «Miss Moneypenny» gespielt. (Archivbild) © Richard Chambury

Karlsruhe. So viel Aufmerksamkeit wie an diesem Morgen hat «Miss Moneypenny» vielleicht zuletzt vom flirtenden «James Bond» persönlich bekommen. Doch im Bundesgerichtshof (BGH) geht es - wenig flirty - rund eine Stunde lang um eine Frage, die selbst für Juristen kniffelig ist. «Ein spannender, aber kein einfacher Fall», sagt der Vorsitzende Richter Thomas Koch.

Der erste Zivilsenat in Karlsruhe muss prüfen, ob in Anspielung auf die Figur aus der Reihe um «Agent 007» Sekretariatsdienste beworben werden dürfen. «Miss Moneypenny» ist in den Filmen die Sekretärin von Bonds Chef M.

In dem Rechtsstreit geht es um ein Unternehmen, das unter den Bezeichnungen «Moneypenny» und «My Moneypenny» unter anderem Dienstleistungen von persönlichen Assistentinnen anbietet. Dagegen hat sich eine Firma, die Nutzungsrechte an den Filmwerken hat, bislang erfolglos in Hamburg durch die Instanzen geklagt. Inzwischen hat Amazon die Rechte übernommen. 

Wie individuell ist «Miss Moneypenny»?

Um ein Urteil fällen zu können, müssen die obersten Zivilrichterinnen und -richter klären, ob die Figur jenseits der Filme so bekannt ist und quasi ein Eigenleben entwickelt hat, dass ihr Name geschützt werden kann. 

Anwalt Christian Rohnke vertritt die Klägerin. Er gibt gleich zu Beginn seines Plädoyers preis, dass er sämtliche 25 «Bond»-Filme gesehen habe. In fast allen taucht die Sekretärin auf. Mal als «Miss Moneypenny», mal nur als «Moneypenny» und neuerdings als «Eve Moneypenny». Sie gehöre jedenfalls zu den Konstanten, die das Publikum wiedererkenne und sei nicht nur eine Nebenfigur aus irgendeinem «Tatort», die nur einmal auftauche, betont Rohnke. 

Sie zähle zum Kernteam, neben einem geheimnisvollen Chef, einem verrückten Erfinder und einem Agenten mit der Lizenz zum Töten. Und sie sei der Link zur Außenwelt. Mit ihr könnten sich Zuschauerinnen und Zuschauer vergleichen, sagt Rohnke. «Miss Moneypenny» strahle Normalität aus.

Worum es juristisch geht 

Fachlich gesehen geht es um sogenannten Werktitelschutz. Der schützt in erster Linie die Titel von Büchern, Filmen, TV-Sendungen oder Musikwerken als geschäftliche Bezeichnung. Damit soll verhindert werden, dass diese verwechselt werden und Dritte den guten Ruf eines Titels ausnutzen oder ihn verwässern, wie Markenrechtsexperte Jens Klaus Fusbahn erklärt. 

Auch die Namen von Figuren in diesen Werken könnten nach deutscher Rechtsprechung unter Umständen Werkstitelschutz haben, sagt der Düsseldorfer Rechtsanwalt. Anerkannt sei der Werktitelschutz von Pippi Langstrumpf (aus der gleichnamigen Kinderbuchreihe) und gerichtlich bestätigt zum Beispiel von Obelix (aus den Asterix-Comics). Am BGH gehe es nun um die Frage: «Wie hoch sind die Anforderungen an Figuren außerhalb des eigentlichen Werktitels, dass auch sie einen eigenen Schutz genießen?»

Das Landgericht und das Oberlandesgericht (OLG) in Hamburg hatten im Fall «Miss Moneypenny» Werktitelschutz verneint. Dafür müssten Figuren und Charaktere aus Romanen oder Filmen über das jeweilige Werk hinaus losgelöst und bekannt sein. Das sei bei «Miss Moneypenny» nicht der Fall.

In dem OLG-Urteil heißt es: «Ihr Charakter weist zu wenig Individualität auf, zudem hat der Begriff kein Eigenleben losgelöst von dem Gesamtwerk der James Bond 007-Filmserie und von dem Hauptcharakter James Bond.» Auch eine bestimmte optische Ausgestaltung der Figur gebe es nicht, was schon an den unterschiedlichen Schauspielerinnen deutlich werden, die sie verkörperten.

Welches Image hat «Miss Moneypenny»?

Aus Sicht von Anwalt Rohnke kann es aber nicht nur ums Aussehen gehen: «Ob sie blond oder brünett ist, ist für ihre Aufgabe, die sie erfüllt, gänzlich unerheblich.» Es gehe bei der Bewerbung der Sekretariatsdienste nicht darum, dass die Frauen aussehen wie «Miss Moneypenny», sondern solche Arbeit leisten. Auch «James Bond» werde von verschiedenen Darstellern gespielt. Und nicht jede Figur müsse vielschichtig sein.

Anwalt Axel Rinkler entgegnet für die beklagte Firma, die Assistentinnen vermittelt, dass in den Filmen gerade nichts über die Qualität der Arbeit von «Miss Moneypenny» gesagt werde. «Sie bringt mal eine Schreibmappe rein, nimmt mal die Garderobe ab und sitzt vielleicht auch mal an einer Schreibmaschine.»

Darüber hinaus flirte «Bond» mit ihr auf eine Art und Weise, die heute verpönt sei. Und als «Miss Moneypenny» im Film kurz mal als Agentin im Einsatz sei, rate der Kollege ihr, wieder zum weniger gefährlichen Innendienst zurückzukehren - was Rinkler zu der Frage führt, welches Frauenbild denn da vermittelt werde.

Auch betont er, dass der Name in keinem der Filmtitel selbst auftauche. «Wenn es einen Film gäbe "'Miss Moneypenny' und ihre Abenteuer", würden wir hier nicht über einen Werktitel reden.» Wenn dieser aber für jede Nebenfigur infrage komme, drohe das auszuufern. Der BGH will die verschiedenen Sichtweisen nun abwägen und sein Urteil an einem anderen Tag verkünden. (Az. I ZR 219/24)

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