Adelsheim ist wieder im Fastnachtsfieber

„Neun mol Elf – un es hört ned uff!“

„Gäässwärmerzunft“ startet in die Jubiläumsfastnacht.

Von 
Kevin Retlich
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Gelungener Auftakt: Die Adelsheimer Narren läuteten gemeinsam die neue Kampagne ein. © Kevin Retlich

Adelsheim. Adelsheim ist wieder im Fastnachtsfieber! Schon bevor die traditionelle Weckzeremonie begann, setzte sich ein kleiner Fasnachtszug von der Jakobskirche in Bewegung. Angeführt von der Feuerwehr- und Stadtkapelle zogen Hexen, Gäässe, Trachten, Elferräte und Tanzgruppen zu den Klängen der „Seestadtmelodie“ durch die Straßen zum Museumshof.

Dort warteten bereits zahlreiche Narren, als Ceremonienmeister Ralf Ulrich lautstark zum Wecken des „Balzele mit Fraa un Kinner“ aufrief: „Balzele, wach uff, komm raus, mit dem Schloofe isch‘s jetzt aus. Weck dei Fraa, s‘is höchschti Zeit, die Fasenacht beginnt doch heit.“ Doch der Balzele ließ sich Zeit. Erst nach kräftigem Klopfen von Hexen und Gäässe öffnete sich die Tür des Heimatmuseums, und der verschlafene Schreiner trat mit seiner Familie, in diesem Jahr erstmals dargestellt von David Klemm, Maren Lechleiter und den Kindern Lian und Mira, ins Freie.

Nach dem Leeren seines vollen Nachttopfs rief er den Narren zu: „Ich ruf Euch zu, des wär‘ gelacht – Alleze un kee Fasenacht!“. Damit war klar, die Fasnacht in Adelsheim ist offiziell eröffnet und die Stimmung im Museumshof kannte keine Grenzen mehr.

Unter der Leitung von Steffen Siegert sorgte die Stadtkapelle mit fastnachtlichen Melodien für den musikalischen Rahmen, während Sitzungspräsident Robin Arns die Gäste herzlich begrüßte. „Wir feiern hier heut vorm Museum, de Start in unser Jubiläum“, verkündete Arns und blickte zugleich auf ein besonderes Jahr voraus. Denn die Zunft wird 99 Jahre alt, ein Jubiläum, das die ganze Fasnacht prägen wird. Arns erinnerte an die Tradition des Vereins, rief aber zugleich dazu auf, sich aktiv einzubringen und Teil der närrischen Gemeinschaft zu werden.

Über allerlei Lokalkolorit wussten im Anschluss vier Allezer Fasnachtssucher in Versform zu berichten. Den Anfang machte der neue Jugendsitzungspräsident Raphael Blum, der das Wort für die junge Generation ergriff. Mit seinem augenzwinkernden Beitrag über den neuen Soccerplatz traf er einen Nerv. Denn die Freude über das moderne Spielfeld werde durch ein Schild mit Spielverbot an Sonn- und Feiertagen getrübt. „Anstatt zu schimpfen und zu schrei‘n, komm doch einfach mal zum Mitspiele vorbei“, appellierte er an alle, die sich vom Kinderlachen gestört fühlen.

Torsten Blum nahm humorvoll die „Nebenjobs des Bürgermeisters“ aufs Korn – vom Pressesprecher bis zum Bauhofarbeiter – und bewies, dass selbst das Rathaus voller Fasnacht steckt.

Danach nahm sich Wolfgang Dolk in gewohnt pointierter Weise den morgendlichen Schulverkehr rund um den Eckenberg vor. Mit scharfer Beobachtung und trockenem Humor beschrieb er das tägliche Schauspiel zwischen Bussen, Elterntaxis und stauanfälligen Straßen.

Und dass selbst in der Stadtgestaltung viel närrisches Potential steckt, zeigte Kevin Retlich, der sich mit der schwarz-weißen Fassadengestaltung beschäftigte.

Im Anschluss stellte Robin Arns das Elferratsgremium für die Fasnacht 2025/26 vor. Es setzt sich zusammen aus Attila Jucha, Dr. Christian Häußler (Präsident), Diana Sterzer, Eugen Ivanov, Frank Bopp, Frank Helm, Irene Sterzer, Kevin Zetzmann, Lucia Rittler, Marius Zetzmann, Ralf Ulrich (Ceremonienmeister), Robin Arns (Sitzungspräsident und Elferratssprecher), Sebastian Fuchs (Zunftvorstand) und Thomas Drischel. Neu im Gremium ist Jonas Wachter, der gemeinsam mit weiteren Neuzugängen aus den Zunftgruppen den traditionellen Narreneid in Gäässemilch ablegte.

Unter den wachsamen Augen der versammelten Narren versicherten und beteuerten sie, „bei der dreigezipfelten Narrenkappe des Jokus und bei den Hörnern und den Barthaaren der unsterblichen Allezer Gääss“, den närrischen Befehlsgewalten Treue und Freundschaft zu halten.

Nach dem Narreneid stand mit der Übergabe der „Seestadtpfanne“ einer der Höhepunkte des Abends an. Sitzungspräsident Robin Arns trat ans Mikrofon und überreichte die Pfanne traditionsgemäß an Bürgermeister Wolfram Bernhardt, nicht ohne zuvor in bester Reimform das Adelsheimer Jahr voller Witz und Scharfsinn Revue passieren zu lassen. Mit einem Augenzwinkern erinnerte er an zahlreiche Ereignisse, vom 50-jährigen Jubiläum der Gesamtstadt bis zur Bewerbung um den Stadtmarketingpreis.

Auch politische Seitenhiebe durften nicht fehlen, etwa als Arns den neuen Standort der Brunnengääss am Württemberger Wappen, augenzwinkernd kommentierte „Manch einer meint, beim Badner Schild, passt sie noch besser ins Stadtbild.“ Und natürlich bekam auch der Bürgermeister sein Fett weg, den Arns scherzhaft zum „Bob der Baumeister“ ernannte: denn „Lindeneck, Hardtbrücke, Platz am Mühlkanal – und‘s Feuerwehrhaus wird finanziell ah net grad schmal.“

Mit einem dreifachen „Ahoi!“ übergab Arns schließlich die Pfanne an den Rathauschef, der in seiner Gegenrede gewohnt schlagfertig konterte. Bernhardt griff die Baufreude humorvoll auf und bekannte: „Bauen heißt, was wachsen lassen – und eines ist uns allen klar, dass Bauen nie ganz billig war.“ Doch jeder Cent, den man im Ehrenamt investiert, sei gut angelegt, so Bernhardt.

Er spannte den Bogen über viele Projekte des Jahres, von der Reaktivierung des Minigolfplatzes über das vielfältige Engagement in den Ortsteilen bis zu den zahlreichen Festen. Zum Abschluss freute sich der Bürgermeister auf die Jubiläumsfasnacht der Zunft und erklärte lachend: „Jetzt genug von meinem Reden – genieße nun die Pfannen-Spezialitäten!“

Nachdem das Stadtoberhaupt die traditionelle Gebühr von 11,11 Euro für die Seestadtpfanne entrichtet hatte, war der Moment gekommen, auf den viele gewartet hatten: Sitzungspräsident Robin Arns verkündete das Motto der neuen Fasnacht und gewährte einen Einblick in die oft nicht ganz einfache Suche nach dem passenden Thema. „Johr für Johr dun mir uns Quäle, es passende Motto auszuwähle“, berichtete er schmunzelnd.

Doch nachdem in diesem Jahr das 99. Jubiläum ansteht, lag das Thema auf der Hand. Und so lautet das Motto: „Neun mol elf … Un ‚s hört net uff! – Die Gießkann her un Wasser druff!“

Das Motto greift einen alten Allezer Fasnachtsspruch auf und steht somit für Tradition, Ausdauer und den ungebrochenen närrischen Geist der Allezer Fasnachter. Es ist Ausdruck einer Zunft, die in all den Jahrzehnten nie stillstand, sondern immer neue Wege fand, das Brauchtum lebendig, modern und generationenübergreifend zu gestalten und dabei nie den Blick nach vorn verliert.

Bevor Arns den zahlreichen Mitwirkenden des Abends, allen voran der Feuerwehr- und Stadtkapelle, für ihren Einsatz und die musikalische Begleitung dankte, nutzte er die Gelegenheit, um die Termine der kommenden Fasnachtssaison bekanntzugeben: Den Auftakt bildet am 6. Januar der traditionelle Neujahrsempfang im Zunftheim, bei dem auch der neue Jahrespin präsentiert wird.

Weiter geht‘s am 7. und 8. Februar mit der großen Prunksitzung und der Kinderprunksitzung in der Eckenberghalle, ehe am Schmutzigen Donnerstag, 12. Februar, mit dem Rathaussturm einer der Höhepunkte der fünften Jahreszeit gefeiert wird. Neben diesen Terminen ist die Zunft in der gesamten Region auf Umzügen und bei befreundeten Vereinen unterwegs.

Den Abschluss der Kampagne bilden am Fastnachtsdienstag die Geldbeutelwäsche im Stadtgarten und am Aschermittwoch das traditionelle Heringsessen im Zunftheim. Doch nach der Fasnacht ist vor dem nächsten Jubiläum: Im Sommer feiert die Gäässwärmerzunft ihr 99-jähriges Bestehen mit einem großen Fest und Festakt, bevor im darauffolgenden Jahr bereits der 100. Geburtstag vor der Tür steht.

Doch an diesem Abend zählte vor allem eines: das gemeinsame Feiern. Rund ums Zunftheim wurde der gelungene Auftakt bis spät in die Nacht gefeiert, ganz nach dem Allezer Fasnachtsschlager „Mir gehn heut Nacht noch lang ned hem.“

Das Leeren des vollen Nachttopfs gehört dazu. © Kevin Retlich

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