Adelsheim. Mit einem festlichen Abend in der Evangelischen Stadtkirche hat Adelsheim am Samstag das 50-jährige Bestehen der Gesamtstadt gefeiert.
Bis zu diesem Punkt war es jedoch kein einfacher Weg, aber ein richtiger. Mit diesen Worten lässt sich wohl am besten zusammenfassen, was Adelsheim, Leibenstadt und Sennfeld im Jahr 1975 im Zuge der baden-württembergischen Gemeindereform miteinander begonnen haben. Denn der Weg zur Gesamtstadt war, das wurde an diesem Abend immer wieder deutlich, kein Selbstläufer.
Es war ein Schritt, der Mut verlangte, Gespräche, Kompromisse. Einer, der nicht von oben verordnet wurde, sondern vor Ort verhandelt, oft auch leidenschaftlich diskutiert wurde.
Heute, ein halbes Jahrhundert später, ist klar, der Schritt hat sich gelohnt. Die Ortsteile sind zusammengewachsen, ohne ihre Identität zu verlieren.
Mit „Hallo“ von Adele eröffneten Schülerinnen und Schüler der Martin-von-Adelsheim-Schule den Abend – ein musikalischer Willkommensgruß, der eindrucksvoll zeigte, dass auch die junge Generation Teil dieser Stadtgemeinschaft ist.
Im Anschluss begrüßte Bürgermeister Wolfram Bernhardt zahlreiche Ehrengäste aus Stadt und Land, darunter viele aktuelle und ehemalige Mandatsträger sowie als besonderen Gast die Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg, Muhterem Aras und natürlich viele Bürger, die sich diesen Abend nicht entgehen lassen wollten.
In seiner Eröffnungsrede erinnerte er daran, dass die Beziehung zwischen den Ortsteilen in ihren Anfängen weniger einer Liebesheirat als einer „arrangierten Ehe“ geglichen habe. Doch nach einem halben Jahrhundert gemeinsamen Lebens, so Bernhardt, habe man sich nicht nur aneinander gewöhnt, sondern auch schätzen gelernt.
„Vielleicht entfacht im Alter keine feurige Liebe mehr“, sagte er, „aber es gilt, was mir viele Goldhochzeitspaare als ihr Geheimnis verraten: Respekt füreinander und die Einsicht, dass man gemeinsam besser durchs Leben geht.“
Die Wertschätzung für das, was in Adelsheim gewachsen ist, kam auch im Grußwort von Landtagspräsidentin Muhterem Aras zum Ausdruck. Aras verband die Geschichte Adelsheims mit einer größeren Erzählung über Mut, Zusammenhalt und die Kraft der Demokratie. Ganz im Sinne des neuen Stadtslogans: Wo Zukunft leuchtet. Schon zu Beginn bekannte sie: „Ich war noch nie in Adelsheim, aber bei 50 Jahren Gesamtstadt, da muss man einfach kommen.“
Was dann folgte, war eine leidenschaftliche Rede über die Lichtkraft von Gemeinschaft, mit starken Bildern und viel Zuversicht. „Es braucht nur ein kleines Licht und schon strahlt alles drumherum“, sagte Aras. Und wie ein Teelicht Feuer und Feier zugleich sein kann, kann auch jeder Mensch sein Umfeld ein Stück heller machen.
Sie erinnerte daran, wie aus drei getrennten Ortsteilen eine starke Gemeinschaft wurde und zog dabei Parallelen zu unserer Gesellschaft insgesamt. „Vor 80 Jahren war Adelsheim noch keine Gesamtstadt, Baden-Württemberg kein geeintes Land, Deutschland lag in Trümmern“, sagte sie. „Wenn man sich das klarmacht, grenzt es an ein Wunder, wo wir heute stehen.“
Aras ermutigte dazu, den Wert von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bewusster zu würdigen und dabei stolz auf das Erreichte zu sein. „Die größte Lüge der Demokratiefeinde ist die vom Staatsversagen“, mahnte sie. „Aber unsere Demokratie funktioniert. Wir gehören zu den demokratischsten, friedlichsten und sichersten Ländern der Erde und das ist ein Segen.“
Ihr Appell war klar: nicht jammern, sondern gestalten. Nicht im Kleinmut verharren, sondern gemeinsam die Zukunft leuchten lassen. „Mitmachen kann Mut machen“, sagte sie und verwies auf das, was eine Gemeinschaft wie Adelsheim leisten kann, vom bürgerschaftlichen Engagement bis hin zur erfolgreichen Resozialisierung junger Menschen in der örtlichen Justizvollzugsanstalt.
Ihre Botschaft war klar und eindrücklich. Jeder Mensch kann ein Licht sein, im Privaten, im Beruf, im Ehrenamt. Und gemeinsam entsteht daraus mehr als die Summe der Teile. „So wie 10.000 kleine Lichter zur Magie werden, so entfaltet auch unsere Demokratie ihren Zauber nur, wenn alle mitanpacken.“
„Wir sind der Stoff, aus dem die Zukunft ist“, mit dieser Zeile aus dem Lied „Wir sind Kinder“ leitete der zweite musikalische Beitrag der Schülerinnen und Schüler symbolisch über zum nächsten Teil des Abends.
Nun richtete sich der Blick auf die Entwicklung der Gesamtstadt in den vergangenen Jahrzehnten. Und wer könnte diese Geschichte besser erzählen als jene, die sie miterlebt und mitgestaltet haben?
Heide Lochmann, langjährige Gemeinde- und Kreisrätin, erinnerte an ihre Anfänge, als „Neigeschmeckte“ in Adelsheim und zeichnete aus persönlicher Perspektive nach, wie sich die Stadt in den letzten 50 Jahren entwickelt hat. Von einer kleinen, gemütlichen Stadt mit Gasthäusern und Einzelhandel hin zu einem modernen Ort mit guter Infrastruktur, starker Bildungslandschaft und vielfältigem Vereinsleben.
Sie sprach über gesellschaftliche Veränderungen – etwa die Rolle der Frau in der Arbeitswelt – und darüber, wie engagiert sich Adelsheim über die Jahre für Familien, Bildung und Integration eingesetzt habe. Besonders hob sie die wachsende Ratskultur, das Ehrenamt und das lebendige Miteinander hervor: „Wir haben gemeinsam gestritten, geplant, gebaut, gefeiert – und heute feiern wir wieder gemeinsam.“
Dieter Stahl, ehemaliger Ortsvorsteher von Leibenstadt, blickte auf die Zeit des Zusammenschlusses aus Sicht Leibenstadts zurück. Unterschiedlicher hätten die beiden Orte damals kaum sein können. Zum einen die Amtsstadt mit Schlössern und Verwaltung, dort das bäuerlich geprägte Dorf. Und doch sei es gelungen, eine gemeinsame Basis zu schaffen. Was als „amtlich angeordnete“ Fusion begann, entwickelte sich zur Erfolgsgeschichte. Nicht zuletzt, weil Vertrauen aufgebaut und Beteiligung ermöglicht wurde. „Die Leibenstädter haben ihre Identität nicht verloren“, stellte Stahl fest. Seinen Rückblick schloss er mit einem augenzwinkernden Resümee: „War‘s nun eine Liebesheirat oder eher eine Vernunftehe? – Es passt schon.“
Friedrich Seewald, Leiter des Historischen Arbeitskreises Sennfeld, spannte den Bogen von der anfänglichen Skepsis vieler Sennfelder über die Integration in die neue Stadtstruktur bis hin zur heutigen Identifikation mit der Gesamtstadt. Er erinnerte an die hitzigen Debatten der frühen Jahre, aber auch an den langen Atem, den es brauchte, um Vertrauen aufzubauen.
Seewald schilderte, wie Sennfeld durch bürgerschaftliches Engagement eine starke lokale Identität bewahrt habe und dabei doch Schritt für Schritt zusammengewachsen sei mit Adelsheim und Leibenstadt. Sein Appell zum Schluss: „Lassen Sie uns gemeinsam an unserem Haus mit Namen Heimat bauen, denn dort sind unsere Wurzeln, egal ob wir uns Dorf, Gesamtstadt oder Stadtteil nennen.“
Nach den Rückblicken spannte Peter Hauk, Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, den Bogen von der Gemeindereform bis zu den Herausforderungen der Gegenwart. In seiner Rede erinnerte er daran, dass sich Adelsheim, Sennfeld und Leibenstadt nicht nur strukturell zusammengefunden, sondern gemeinsam eine starke Identität entwickelt hätten.
Er betonte, wie wichtig es sei, demokratische Werte zu leben, Ehrenamt zu ermöglichen und Gemeinschaftsräume zu schaffen, „in denen man nicht nur feiert, sondern auch Heimat spürt“. Dass sich das Modell „Gesamtstadt“ über Jahrzehnte bewährt habe, sei vor allem dem Engagement der Menschen vor Ort zu verdanken. Für Hauk ist klar: Eine lebenswerte Stadt ist keine Frage der Größe, sondern des Zusammenhalts.
Landrat Dr. Achim Brötel brachte in seiner pointierten Rede nicht nur historische Einordnung, sondern auch Humor und Tiefgang ein. Auch er blickte zurück auf die große Gebietsreform, die viele kleine Gemeinden zur Entscheidung zwang. Und Adelsheim, so Brötel, sei damals „ein Glücksfall auf Gegenseitigkeit“ gewesen. Ein Ort, in dem Zusammenschluss kein Verlust bedeutete, sondern neue Stärke.
„Fünf Jahrzehnte Einheit in Vielfalt – das schafft nicht jede Stadt.“ Mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen mahnte der Landrat zugleich mehr Unterstützung für die Kommunen an und ermutigte Adelsheim, seinen Weg der interkommunalen Zusammenarbeit weiterzugehen „Nicht immer nur den Kopf hängen lassen, sondern mit Heimatliebe das weiterentwickeln, was uns am Herzen liegt.“
Brötel erinnerte an frühere Bürgermeister, an prägende Persönlichkeiten und betonte, dass Adelsheim seinen Erfolg nicht nur der Reform, sondern vor allem dem Engagement der Bürgerinnen und Bürger zu verdanken habe, denn: „Ein Gemeinwesen funktioniert nur, wenn es gemeinsam getragen wird.“
Bevor der offizielle Teil des Festakts endete, dankte Wolfram Bernhardt allen Mitwirkenden für ihre Beiträge. Als symbolisches Geschenk überreichte er ihnen ein Adelsheim-Puzzle, das daran erinnert, wie aus vielen Teilen etwas Ganzes werden kann.
Genau das sei auch das Wesen der Gesamtstadt, ein Miteinander aus unterschiedlichen Orten, Geschichten und Menschen, das sich Stück für Stück zu einer starken Gemeinschaft zusammenfügt.
Beim anschließenden Sektempfang, war längst deutlich geworden: 50 Jahre Gesamtstadt sind ein Meilenstein, aber längst kein Endpunkt. Denn der Abend war noch lange nicht zu Ende.
Mit der anschließenden „Nacht der 10.000 Lichter“ feierte Adelsheim nicht nur ein Jubiläum in der Stadtgeschichte – sondern sich selbst. Eine Stadt, die sich selbst zum Leuchten bringt, stolz auf das Erreicht blickt und bereit ist für das, was noch kommt.
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