Experimentierfreudig und mit einer ambitionierten Werkauswahl: Professor Matthias Beckert bleibt seiner Linie treu und stellt mit dem Monteverdichor Würzburg immer wieder Werke vor, die kaum aufgeführt werden. Beim Konzert am Sonntag in der Neubaukirche standen mit Herbert Howell und Edward Elgar zwei englische Komponisten musikalisch im Mittelpunkt. Und Dirigent Professor Beckert wurde mit dem Hauptpreis 2018 der Münchner Stiftung Bücher-Dieckmeyer ausgezeichnet. Damit ehrte die Jury das unermüdliche Wirken des Dirigenten, seinen Einsatz für die Kirchenmusik und seine außergewöhnliche Werkauswahl.
Musikalisch überzeugend
Musikalisch überzeugend und mit einer traumwandlerischen Sicherheit entführte der Chor unter Beckerts Leitung beim „Hymnus Paradisi“ von Herbert Howell (1892-1983) in himmlische Sphären. In die Ausschnitte aus zwei Psalmen und der Offenbarung des Johannes verwob Howell mit „Sanctus“ und „Requiem aeternam“ zwei liturgische Teile. Komponiert nach dem Tod des Sohns Michael, ist es ein sehr persönliches Werk, das das „wahre Licht“ ins Zentrum rückt.
In die zarten Streicherklänge des Preludio fügte sich weich und feinfühlig der Chor mit „Requiem aeternam“ ein, um das „ewige Licht“ zu einer imposanten Klangfülle anschwellen zu lassen, die den ganzen Raum erfüllte. Äußerst präzise agierten die einzelnen Stimmen im Zusammenspiel mit dem der Jenaer Philharmonie.
Keine leichte Aufgabe hatte die junge Sopranistin Irina Trutneva, die kurzfristig für die erkrankte Anna Nesyba eingesprungen war. Mit ihrer klaren, hellen Stimme und präzisen Intonation wusste sie zu gefallen. Auch Bernhard Schneider mit einer angenehm weichen Tenorlage sorgte für ein Glanzlicht. Schade nur, dass sich die beiden Solisten in den Tutti-Stellen gegen Chor und Orchester nur schwerlich durchsetzen konnten. Und die kamen am Schluss bei der empathischen Wiederholung und Steigerung von „Heilig ist das wahre Licht“ besonders zur Geltung, ehe die Komposition mit einem ruhigeren „Requiem aeternam“ endete.
Ein weiteres Glanzlicht war Edward Elgars (1857-1934) „The Music makers, op 69“. Der Komponist von „Pump and Circumstance“ hat dafür die Ode von Arthur O’Shaughnessy vertont und eine besondere musikalische Atmosphäre geschaffen – zwischen Melancholie und Enthusiasmus. Hymnenähnlich zieht sich der Satz „We are the music makers“ („Wir sind die Schöpfer der Musik“) durch das Stück und hat auch beim Publikum Ohrwurmcharakter.
Die Welt bewegen
Zwischen dem eindringlichen Aufwallen von Chor und Orchester, „die die Welt bewegen und erschüttern“, und den zarten, fast verletzlichen Harfenklängen beim Blick auf Visionen und Träume, durchlebten Musiker und Publikum ganz unterschiedliche Gefühlswelten. Die Altistin Barbara Bräckelmann fügte sich wunderbar weich in den Klang ein und ließ sich auch von der Klangintensität des Orchesters nicht in Bedrängnis bringen.
Die Begeisterung der Musiker als „Schöpfer der Musik und Träumer von Träumen“ war deutlich spürbar und übertrug sich auf das Publikum. Mit im Stehen gespendetem Applaus wurde die großartige Leistung gewürdigt.
Eine besondere Ehrung hatte in der Pause Prof. Mathias Beckert erfahren. Nach Christian Kabitz vor zehn Jahren ging der Hauptpreis der Stiftung Bücher-Dieckmeyer nun an Beckert. Von Ingrid Bücher, der Stifterin, und von Vorstandstandsmitlied Jürgen Konzack erhielt der Dirigent die Auszeichnung. Konzack würdigte den ausgeprägten „Entdeckersinn – selten Gehörtes, höchst Anspruchsvolles, häufig erstmal zu Hörendes oder gar Uraufführungen“. Dabei komme es auch zu eindrucksvollen Begegnungen mit Komponisten.
Und er betonte: „Für Beckert kennzeichnend ist seine grundsätzliche Aufgeschlossenheit, seine uneingeschränkte Neugier, sein fundiertes Wissen, seine Fähigkeit zu begeistern, sein innovativer Geist und seine Herzlichkeit, mit der er Lernenden wie professionellen Künstlern gleichermaßen begegnet.“
Stifterin Ingrid Bücher zeigte sich bewegt von so viel positiver musikalischer Ausstrahlung und vom jungen Chor, den Beckert zu begeistern wisse und zu Höchstleistungen ansporne.
Kulturbotschafter
Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt und Barbara Stamm, Präsidentin des bayerischen Landtags, würdigten Beckers Wirken für die Kirchenmusik in Würzburg als „Stadt der Musik“.
Der Monteverdichor nehme eine herausragende Stellung ein, sagte der OB über diesen „Kulturbotschafter“, der oft eingefahrene Bahnen verlasse. Den himmlischen Genuss verspürte auch Barbara Stamm, die Beckert als Glücksfall für Würzburg bezeichnete. Er pflege und bewahre die Kirchenmusik.
Der gebürtige Hassfurter, der an der Hochschule für Musik in Detmold sowie in Würzburg lehrt, zeigte sich er bewegt von der Auszeichnung, ließ aber dennoch lieber die Musik erklingen, um die Menschen zu berühren. Diana Seufert
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