Mit großem Können und einer guten Portion Humor hat das Posaunenquartett „Opus 4“ für unterhaltsame Abendstunden in der altehrwürdigen Jakobskirche gesorgt.
Urphar. Gleich zu Beginn des neuen Jahres lockte ein ganz besonderes Konzertereignis viele Musikfreunde zur Abendmusik in die vollbesetzte Jakobskirche. Das Programm „Festliche Bläsermusik zum neuen Jahr“ mit dem Posaunenquartett „Opus 4“ in vorzüglicher Besetzung löste im Publikum Begeisterungs- und Beifallsstürme aus.
Vielseitiges Instrument
„Frieden will ich rufen“: Mit einem Gedicht von Christa Spilling-Nöker stimmte Pfarrerin Dr. Annegret Ade sehr einfühlsam auf das Konzert ein. „Was ist schöner, als das neue Jahr mit festlicher Blasmusik zu eröffnen?“, fragte sie.
Die vier Musiker des Gewandhausorchesters zu Leipzig hatte im Altarraum der Wehrkirche unter der Kanzel Aufstellung genommen: Jörg Richter, Alexander Wunder, Stephan Meiner und Hans-Martin Schlegel.
Das 1994 gegründete Ensemble nahm die Zuhörer mit auf eine Reise durch ein halbes Jahrtausend Musikgeschichte – ein Beweis dafür, dass sich die Posaune wie kaum ein anderes Instrument für alte und neue Musik bis hin zum Jazz gleichermaßen eignet.
Allergrößtes Können bewiesen die vier Bläser und sorgten mit einer ordentlichen Portion Humor für unterhaltsame Abendstunden in der altehrwürdigen Jakobskirche. Jörg Richter erwies sich dabei als sehr unterhaltsamer Conférencier, wünschte Gesundheit und Frieden in den Familien und legte gleich mit einem Augenzwinkern die Applaus-Ordnung fest: „Nach dem vierten Stück würden wir gerne wissen, ob es ihnen gefallen hat.“ In zwei Teile gliederte sich das Konzert, zunächst Kompositionen der klassischen Kirchenmusik und in der zweiten Hälfte, bisweilen humorvolle Stücke aus den letzten Jahrzehnten.
Mit „Deus in Adjutorium“ von Claudio Monteverdi (1567 – 1642), seine Werke markieren die Wende der Musik von der Renaissance zum Barock, nahm das Programm seinen Auftakt. „Wir gleuben al an einen Gott“ von Johann Walter (1496 – 1570), dem Herausgeber des ersten evangelischen Chorgesangbuchs, wurde auf das Lutherjahr hingewiesen.
Es folgte Musik auf Barockposaunen aus den Federn der Komponisten Josquin des Prez (1440 – 1521), Thomas Selle (1599 – 1663), Hans Leo Hassler (1564 – 1612) und Heinrich Schütz (1582 – 1672). „Eine feste Burg ist unser Gott“ aus der Reformationskantate von Johann Sebastian Bach (1685 – 1750) passte hervorragend in das erlesene Programm.
„Aus tiefer Not schrei ich zu dir“, vertonte Luthertexte von Kurt Gral und eine Auswahl von Werken Anton Bruckners, unter anderem das „Ave Maria“, die exzellent zum Stil der vorausgegangenen Musik passten, markierten das Ende der ersten Hälfte. Zwischendurch eine Liebeserklärung von Jörg Richter an das Gotteshaus und die Menschen in Urphar: „So ein guter Geist in dieser Kirche“. Er halte inne, wenn er auf der Durchreise sei.
Facettenreiches Programm
Locker ging es in vielerlei Facetten weiter, im Takt klatschten die Konzertgäste bei „Alexander‘s Ragtime Band“ von Irving Berlin (1888 – 1989). Hingerissen waren die Kirchenbesucher in Urphar von der „Minstrel Show“ von Philip Greeley Clapp (1888 – 1954).
Mit Höchstleistungen in Schönheit und Präzision beeindruckten die Musiker bei dem als Finale ausgewiesenen Stück von George Gershwin (1898 – 1932): „A Portrait“, ein Medley, bei dem Jörg Richter eingangs darauf hinwies, nicht emotional zu klatschen: „Lassen sie uns bis zum Schluss spielen.“
Ein Ausschnitt von „Summertime“ war zu hören und an einer anderen Stelle aus dem umfangreichen Repertoire flüsterte leise ein regional agierender Posaunenspieler: „Dieses Stück kenne ich aus einem James-Bond-Film.“ Geheimagent 007 im Himmelreich? Himmelreich, so heißt der bewaldete Bergrücken, der Urphar auf der rechten Mainseite gegenüber liegt.
Viel Applaus
Doch damit war noch lange nicht Schluss. Ein Beifall, der schier nicht enden wollte, und Ovationen. „Opus 4“ glänzte auch bei den Zugaben und die Musiker haben nicht zu viel versprochen, dass dabei auch „was für´s Herz“ ist. Bisweilen hatte man den Eindruck, dass es das Quartett darauf anlegte, die Seele des Publikums zu streicheln, hörbare Emotionen bei festlicher Bläsermusik, die unter die Haut gehen.
Der Reigen der Zugaben dieses virtuosen Posaunenabends wurde mit „Ples“ eröffnet, was kroatisch ist und Tanz bedeutet. Unter anderem verwöhnte das Posaunenquartett sein Publikum mit „Mister Sandmann“ von Pad Ballard.
Und beim feurigen „Säbeltanz“ von Aram Chatschaturjan saß kaum einer mehr auf der Kirchenbank. Fetzig wippte das Publikum teils stehend mit. „So schön wie die Kirche ist, aber mit dem Auf und Ab ist das etwas schwierig“, scherzte Jörg Richter, als das Ensemble zur vierten Zugabe aus der Sakristei kam.
„Auch unsere Kräfte sind bemessen“, sagte der Conférencier angesichts der begeisterten Fans und stimmte vielsagend das Schlussstück, den Choral „Es ist genug“ von Johann Sebastian Bach, an. „Nehmen sie es nicht persönlich“, sagte Richter leicht erschöpft, aber dennoch zu Scherzen aufgelegt.
Beim Segen am Ende dieser bemerkenswerten 113. Abendmusik in der Jakobskirche meinte Pfarrerin Ade: „Geht behütet und getrost.“ Getrost ist dabei gleichzusetzen mit hoffnungsvoll.
Voller Vorfreude dürfen sich die Freunde der Abendmusik schon jetzt zurücklehnen. Denn „Opus 4“ spendete einen beruhigenden Trost zum Schluss eines sehr schönen Abends: „Wir kommen 2020 wieder!“ hw
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