150 Jahre Tauberbahn - Station Wertheim entwickelte sich von Anfang an mit starkem Personen- und Güterverkehr

Einst der bedeutendste Bahnhof

Von 
Uwe Büttner
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Aus Teilen des alten Mannheimer Hauptbahnhofes entstand im Jahr 1868 der erste Wertheimer Bahnhof. Heute wird er vom Zentralstellwerk aus Miltenberg ferngesteuert.

Wertheim. Der erste Wertheimer Bahnhof wurde von der Großherzoglich Badischen Staatseisenbahn Bauinspektion 1868 aus Teilen des alten Mannheimer Hauptbahnhofes für 19 514 Gulden und 34 Kreuzer errichtet.

Gleichzeitig entstanden auf dem Wertheimer Bahngelände eine Lokomotiven- und eine Wagenremise. Die Station Wertheim entwickelte sich von Anfang an mit starkem Personen- und Güterverkehr. Im November 1869 nur einen Monat nach der Eröffnung wurden von hier bereits 2541 Personen befördert, 7891 Zentner Güter versandt und 11 044 Zentner Güter empfangen.

Während seiner langen Geschichte war Wertheim einst der bedeutendste Bahnhof der Taubertalbahn. Im Jahr 1887 war der Warenverkehr bereits beträchtlich angestiegen. 12,5 Millionen Kilogramm Güterversand und 7,8 Millionen Kilogramm Güterempfang. Einen Großteil des Güterumschlages machte das im Maintal geförderte Baumaterial aus, das im ganzen Taubertal für Staatsbauten genutzt wurde.

1881 erweiterte die Königlich Bayerische Staatseisenbahn die Wertheimer Bahnhofsanlagen mit bayerischen Bauten. 1888 mussten erstmals die Bahnanlagen von der damaligen Lokomotivenremise bis zum Winterhafen erweitert werden. 1899 hatte die hiesige Bahnanlage schon stattliche Ausmaße. Zu dieser Zeit bestand sie aus dem Aufnahmegebäude, Dienstwohnungen für das „gehobene“ Personal und „niedere“ Dienstpersonal, Güterschuppen, mehrere Verladeplätze, einer Brückenwaage sowie einem Badischen und Bayerischen Lokschuppen. 1909 wurden die Bahnkörper der Taubertalbahn und der Lohrer Bahn im Stadtbereich zusammengelegt und beiderseits mit Stützmauern begrenzt. In der Hammelgasse errichtete die Bahnmeisterei einen Fußweg. Im gleichen Jahr erregte die geplante Versetzung des gesamten Bahnpersonals großes Aufsehen in Wertheim. Die dadurch angeheizte öffentliche Diskussion konnte dieses jedoch verhindern.

Einfache Fahrt für 1200 Mark

Während der großen Inflation wurden täglich die Fahrpreise neu festgesetzt. Aus der Wertheimer Zeitung vom 6. Juni 1923 konnte man den aktuellen Tageskurs entnehmen. Die einfache Fahrt von Wertheim nach Tauberbischofsheim kostete damals 1200 Mark. Bis zum Jahr 1925 hatte der Frachtverkehr so stark zugenommen, dass Wertheim bei der Betriebsinspektion Lauda einen Antrag auf Errichtung einer amtlichen Güter- und Expressgutbestätterei stellte. Die Gleisanlagen waren inzwischen bis zum Tauberhafen ausgebaut. Am Ufer befand sich ein Hebekranen mit acht Tonnen Tragfähigkeit zum Be- und Entladen von Schiffen und Güterzügen. Der Wertheimer Bahnhofsvorsteher war gleichzeitig Hafenkommandant des Tauberhafens. Monatlich mussten Meldungen über den Hafenumschlag gemacht werden.

Im amtlichen Bahnhofsverzeichnis der Deutschen Reichsbahn von 1938 wird der Bahnhof Wertheim mit Bahnhofsnummer 29 773 als Bahnhof Klasse II mit Personen- und Güterverkehr an der Bahnstrecke Bad Mergentheim – Wertheim aufgeführt. Er gehörte zum Bahnamt Lauda und zum Maschinen- und Bahnamt Heilbronn.

Bis zum Wiederaufbau der Eisenbahnbrücke der Lohrer Bahn nach dem Zweiten Weltkrieg unterhielt der Wertheimer Bahnhof eine verpachtete Fähre, die die Fahrgäste während dieser Zeit zum bayerischen Mainufer brachte. 1957 wurde das Stellwerk Wf im Bahnhof Wertheim in Dienst gestellt. Im Jahr 1969 kam das „Aus“ für das ewige Provisorium und der alte Wertheimer Bahnhof wurde abgebrochen. Bis zur Einweihung des heutigen Empfangsgebäudes im Jahr 1971 war die Bahnstation in einer Holzbaracke unterbracht. 1979 wurde die Anlage um einen Anbau erweitert. Noch bis 1984 war Wertheim selbstständig mit eigener Bahnmeisterei, letzter Vorstand war Herr Krause, danach wurde Wertheim eine Außenstelle des Bahnhofs Lauda. Der letzte Außenstellenleiter Ludwig Hein war noch bis 1992 in Dienst – zu dieser Zeit war hier nur noch das Stellwerk besetzt.

Schalter geschlossen

Im Jahr 2003 wurde der Fahrkartenschalter im Bahnhof Wertheim geschlossen, danach konnten die Bahnkunden nur noch über die Automaten Fahrkarten kaufen.

In den Jahren 2009 und 2010 wurde das Bahnhofsgebäude aus dem Jahr 1971 saniert und modernisiert. Im gleichen Jahr eröffnete die Westfrankenbahn wieder einen Fahrkartenschalter im Bahnhof. Zwischen 2010 und 2012 wurden die Bahnsteige erneuert und neue Signaltechnik eingebaut. 2011 wurde das Stellwerk aus dem Jahr 1957 abgebrochen – seither wird der Bahnhof Wertheim vom Zentralstellwerk in Miltenberg aus ferngesteuert. Nach der Schließung des Reisezentrums der VGMT richtete die Westfrankenbahn im Jahr 2012 ein Reisezentrum im Bahnhof Wertheim ein.

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