100 Jahre Erster Weltkrieg - Das Tauberbischofsheimer Kriegsgefangenenlager auf dem Laurentiusberg (Teil 1)

Antrag auf Lager im "badischen Hinterland"

Von 
Uwe Büttner
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Tauberbischofsheim. Am 1.August 1914 - vor genau 100 Jahren - trat das Deutsche Kaiserreich in den 1.Weltkrieg ein. Am gleichen Tag folgte der Kriegseintritt des Russischen Zarenreichs und schließlich am 3.August 1914 der von Frankreich. Mit einem "Hurra" auf den Lippen marschierten die beteiligten Nationen begeistert in den Krieg, der insgesamt 14 Millionen Menschenleben fordern sollte. Schlachtfelder wie Verdun in Frankreich oder Tannenberg in Ostpreußen mit ihren Materialschlachten und zermürbenden Stellungsgefechten brannten sich in die Gedächtnisse der Kriegsnationen ein.

Allein bei Tannenberg, im früheren Ostpreußen, gerieten rund 90 000 russische Soldaten in deutsche Kriegsgefangenschaft. Am Ende des Krieges befanden sich 2,5 Millionen Kriegsgefangene in den deutschen Kriegsgefangenenlagern. Im Mannschaftslager Tauberbischofsheim waren 1916 beim Besuch einer spanischen Delegation 6926 russische und französische Kriegsgefangene registriert.

Erste Gefangene

Bereits im April 1915 stellte das Bezirksamt in Tauberbischofsheim beim Badischen Landwirtschaftsamt in Karlsruhe Anträge auf die Gestellung von Kriegsgefangenen zum Arbeitseinsatz in der Landwirtschaft und in verschiedenen Betrieben in Tauberbischofsheim. Die Gefangenen aus den Mannschaftslagern in Rastatt und Mannheim wurden als Ersatz für die im Krieg befindlichen Männer dringend benötigt.

Die Antwort aus Karlsruhe kam am 27.April 1915: Kriegsgefangene dürften nur in Gruppen von 30 Mann abgegeben werden. Es sei zu gewährleisten, dass eine zuverlässige und sichere Bewachung durch die Art und Unterbringung der Kriegsgefangenen und die Stellung ausreichender und zuverlässiger Hilfsmannschaften gewährleistet wird. Im Mai ging eine Anfrage an das Bezirksamt in Tauberbischofsheim, bei der Kriegsgefangenenbewachung die Tauberbischofsheimer Reuss und Reinhart vom 3. Landsturminfanterieersatzbataillon einsetzen zu dürfen.

Am 27.Juni 1915 beantragte das Bezirksamt Tauberbischofsheim bei der Badischen Landwirtschaftskammer in Karlsruhe 30 Kriegsgefangene aus dem Mannschaftslager in Rastatt für den Ernteeinsatz in Tauberbischofsheim. Dem Wunsch wurde entsprochen. Eine Gruppe mit zehn russischen Kriegsgefangenen wurde im Saal des Gasthauses "Zur Bretze" untergebracht. Die drei Bewacher vom Landsturmbataillon erhielten ein Dreibettzimmer. Für die russischen Gefangenen wurde pro Kopf und Übernachtung 15 Pfennig festgesetzt. Die Wachmänner schlugen mit jeweils 1 Mark zu Buche.

Am 24. September 1915 stellte das Badische Bezirksamt Tauberbischofsheim einen Antrag an die Inspektion des 14. (Badischen) Armeekorps zur Errichtung eines Kriegsgefangenenlagers im "Badischen Hinterland". Grund waren tägliche Anfragen der Tauberbischofsheimer Landwirte zur Errichtung eines Lagers auf hiesiger Gemarkung. Die Antwort aus Karlsruhe kam bereits am 27.September. Man teilte mit, dass die Angelegenheit bereits beim Kriegsministerium vorliege.

Am 1. Oktober 1915 waren bereits zwei Arbeitskommandos mit 62 Kriegsgefangenen in Tauberbischofsheim untergebracht. 55 Mann waren in der Landwirtschaft eingesetzt und 7 Mann im Gewerbe, unter anderem im Lagerhaus Tauberbischofsheim, bei der Schulmöbelfabrik und der Brauhaus AG. Den Betrieben wurden pro Tag und Kopf 2,05 Mark von der Kommandantur der Kriegsgefangenenlager berechnet. Jeder Gefangene erhielt pro Tag 50 Pfennig Abfindung verrechnet. Es war jedoch strengstens verboten, den Kriegsgefangenen Bargeld und Alkohol zu übergeben.

Am 9. Dezember 1915 erreichte die Stadt Tauberbischofsheim ein Schreiben der Stellvertretenden Militär Intendantur des 14. Armeekorps. Sie teilten mit, dass ein Krieggefangenenlager in der Stärke von 10 000 Mann für das Gelände auf dem Laurentiusberg, das im Beisein des Bürgermeisters und eines Vertreter der Militärverwaltung besichtigt worden sei, errichtet werden wird.

Am 21.Dezember 1915 stellte die Kommandantur des Kriegsgefangenlagers Tauberbischofsheim einen Antrag für das Arbeitskommando für den Bau des Kriegsgefangenenlagers Tauberbischofsheim zur Abhaltung eines Gottesdienstes. Dieser Gottesdienst für die griechisch-katholischen russischen Kriegsgefangenen fand schließlich am 26. Dezember 1915 in der Aula der Realschule (Kurmainzische Schloss) statt.

Im Januar 1916 wurde der Tauberbischofsheimer Kommandoführer August Größlein von der 3. Kompanie des 4. Landsturminfanterieersatzbataillons "Mosbach" nach Tauberbischofsheim hin abkommandiert.

Im Frühjahr 1916 wurde die Lagerkommandantur des Kriegsgefangenenlagers Tauberbischofsheim Kommando 917 im Jägerhaus des Kurmainzischen Schlosses eingerichtet (wird fortgesetzt).

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