Tauberbischofsheim. „Homeoffice ist für mich nur bedingt möglich“, erzählt Kirchenmusikdirektor Michael Meuser lächelnd, der als Bezirkskantor der Erzdiözese Freiburg tätig ist und damit gleichzeitig Chorleiter und Organist an der Stadtkirche St. Martin.
Er bedauert sehr, dass zurzeit keine Gottesdienste stattfinden können. Vor allem der Kontakt mit den Sängern in den verschiedenen Chorformationen sowie den Kantoren und Instrumentalisten fehlt ihm. Um die Verbindung zu halten, gibt er wöchentlich einen Chor-Newsletter heraus – mit kleinen Zitaten rund um die Musik, Bildern aus St. Martin und der musikalischen Arbeit sowie persönlichen Gedanken und Impulsen. Außerdem sitzt er wie immer ab 13 Uhr an der Winterhalter-Orgel zum Üben, denn dies ist für jeden professionellen Musiker unverzichtbar. Immer wieder kommen um diese Zeit Einzelpersonen gezielt zum persönlichen Gebet in die Stadtkirche und lauschen den Orgelklängen.
Auch weiterhin ist Meusers Zeit gut ausgefüllt, denn – neben Anfragen aus dem Bezirk und der Diözese – die aktuelle Situation ermöglicht es, an Themen weiter zu arbeiten, für die sonst nicht ausreichend Zeit bleibt. So schreibt er Arrangements für Orgel mit Schwerpunkt der Musikepoche Klassik. Dies geht auf die Anregung eines Verlags zurück. In dieser Zeit wurden deutlich weniger Orgelwerke als Originalkompositionen geschaffen als in Barock oder Romantik. So stehen im Augenblick Orchester- und Kammermusikwerke von Mozart im Mittelpunkt, die so umgeschrieben werden, dass sie auf der Orgel spielbar sind. Trotzdem sollen sie ihren markanten Ausdruck behalten. Das erfordert sehr viel Instrumentierungswissen, Stilkunde, Spielerfahrung und letztlich auch den Einsatz eines guten Notensatzprogramms am Computer. So verbringt Meuser viele Stunden täglich in seinem Büro am Sonnenplatz.
Ein Menuett in g-Moll, ursprünglich Teil des Streichquintetts KV 516, wurde inzwischen fertig. Dieses wurde an der Winterhalter-Orgel aufgenommen und auf youtube eingestellt. Elementare Gesänge der Kar- und Ostertage stehen ebenfalls online zur Verfügung. Weitere Orgelbearbeitungen werden folgen. „Meine technischen Möglichkeiten für die Aufnahmen sind sehr einfach“, berichtet Michael Meuser, „aber trotzdem ist mir diese Chance wichtig, mit Musik Menschen zu erreichen und eine emotionale, kulturelle und spirituelle Verbindung herzustellen.“ Daher wird bei den Aufnahmen auch deutlich, dass eine Orgel architektonisch ein Gegenüber zum Hochaltar darstellt und Kirchenmusik im Gesamt-Kontext der kirchlichen Kultur (Architektur, Malerei und Glasmalerei, Bildhauerei, Orgelbau und Sprache) zu verstehen ist.
Aber auch der Kontakt zu den Schülern in der Ausbildung bleibt erhalten, auch wenn sie nicht persönlich zum Unterricht erscheinen können. Wöchentlich gibt es neue Aufgaben und die erledigten werden korrigiert und besprochen.
Meuser: „Niemand kann voraussagen, wie sich alles noch entwickelt, aber die Kirchenmusik kann trösten, verbinden und den Weg eröffnen, auch in schwierigen Zeiten Positives zu entdecken und Vertrauen in die Zukunft zu haben.“ ar
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