Taubertalbahn (Teil 5 und Schluss) - Die Bahnstrecke wurde immer auch militärisch genutzt / Erhalt der Strecke bis zum Jahr 2021 gesichert

Im „Kalten Krieg“ Teil des Verteidigungssystems

Von 
Bernhard Geisler
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Auch die militärische Nutzung sichert die Erhaltung der Taubertalbahn bis 2021. Für die Zeit danach sind Lösungsansätze gefragt, um den Fortbestand zu gewährleisten.

Main-Tauber-Kreis. Letzten Endes muss aber als Hauptgrund, dass eine komplette Stilllegung dieser Strecke bislang nie zur Debatte stand, klar herausgehoben werden, dass die Bundesrepublik Deutschland und ihre Nato-Partner in der Zeit des so genannten „Kalten Krieges“ den Main-Tauber Kreis zu einem Rückzugs- und militärstrategischen Gebiet auserkoren hatten, von dem aus man im Krisen- und Verteidigungsfall Bodentruppen (insbesondere Panzerverbände) in gefährdete Regionen hätte bringen können.

Impulse gesetzt

Damit wurden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, nämlich in der strukturarmen und wirtschaftlich „unterentwickelten“ Region „Badisch Sibirien“ Impulse zu setzen und gleichzeitig seiner Rolle im Verband der Westmächte gerecht zu werden.

Bereits bei den Eröffnungsfeierlichkeiten für die Bahnstrecke Lauda – Wertheim wurde von der obersten Aufsichtsbehörde, vom Präsidenten des Handelsministeriums, von Dusch, darauf Wert gelegt, dass die Eisenbahnen „zwar Werke des Friedens (seien), aber auch wichtig für den Krieg.“ Auch diese (Tauber-) Bahn sei „ein Stück des deutschen Verteidigungssystems“ (Quelle: Buch Die Eisenbahn im Main-Tauber Kreis, 1990).

Von Bedeutung war die Tauberbahn für Bundeswehreinheiten in Niederstetten, Bad Mergentheim, Lauda, Wertheim, Tauberbischofsheim und Külsheim. Während Niederstetten auch heute noch von den Heeresfliegern quasi als Ersatz für viele Transporte auf der Schiene genutzt wird, wurden alle anderen Standorte zwischen 1993 und 2008 geschlossen. In dem oben genannten Buch findet man eine Zusammenstellung der militärischen Wagenladungen aus dem Jahr 1988. Demnach waren Wertheim (852 Wagenladungen) und Tauberbischofsheim (999 Wagenladungen) von großer Bedeutung, während Nieder-stetten noch auf 327 und Bad Mergentheim auf 216 Wagenladungen kamen.

Die in Tauberbischofsheim abgefertigten Militärzüge bestanden überwiegend aus Fahrzeugen (Pan-zern) aus dem Standort Külsheim. Alarmübungen und Truppenverlegungen etwa auf Truppenübungsplätze, fanden überwiegend in der Nacht statt und sorgten bei den Anwohnern der Zufahrtsstraßen zum Bahnhof Tauberbischofsheim regelmäßig für Protest.

1985 schloss die Bundesbahn mit der Bundeswehr einen Vertrag, mit dem der Bau einer Verladeanlage im Industriegebiet gegen Hochhausen vereinbart wurde, um die Tauberbischofsheimer Innenstadt zu entlasten. Wegen langwierigen Grundstücksverhandlungen konnte erst 1990 mit dem Bau der Anlage begonnen werden, die ein Jahr später als „Awanst“ (Ausweichanschlussstelle) in Betrieb ging.

Gekostet hat das Ganze rund 3,4 Millionen Mark. Bis Dezember 2021 steht der Bundeswehr die uneingeschränkte Nutzung zu. Wie es danach weitergeht? Im Flächennutzungsplan der Stadt Tauberbischofsheim ist das Areal als „Sonderfläche Bund“ ausgewiesen.

Die Verladeanlage besteht aus einem fast 500 Meter langen Gleis, parallel zum Streckengleis verlaufend, mit jeweils einer Handweiche an beiden Enden. Die Auffahrt auf die Flachwagen des Zuges erfolgte über eine 20 Meter lange und sieben Meter breite Kopframpe, ausgelegt auf eine Tragfähigkeit von 60 Tonnen, was dem „Kampfgewicht“ eines Leopard 2 entspricht, dem schwersten Panzer, der in Külsheim stationiert war.

Das Prinzip einer Awanst besteht darin, dass der (Militär-) Zug von der normalen Strecke in das Verladegleis rangiert und dort eingeschlossen wird. So auch in Tauberbischofsheim. Die Handweichen waren durch ein Schloss gesichert, dessen Schlüssel im Stellwerk 3 (ehemaliges Wärterstelle bei VS) in einer Vorrichtung blockiert war und nur entnommen werden konnte, wenn der Fahrdienstleiter in seinem Stellwerk am Bahnübergang Wellenbergstraße über einen elektronische Impuls die Freigabe erteilte.

Mit der Entnahme des Schlüssels im Stellwerk 3 war der Bahnhof Tauberbischofsheim quasi „tot“, weil die Sicherheitsvorschriften des Bahnbetriebs dies so erforderten. War der Militärzug in der Verladeanlage eingeschlossen und wurde der Schlüssel wieder im Stellwerk 3 in die Vorrichtung eingesetzt, konnte der normale Betrieb parallel zur Verladung der Militärfahrzeuge weiter gehen.

Ohne Subventionen geht es nicht

Ein eigenwirtschaftlicher Betrieb der Tauberbahn ausschließlich durch Personenverkehre ohne Subventionen und Steuerungsmaßnahmen durch die Aufgabenträger (Bund/Land/Landkreis/Kommunen), ist illusorisch. Obgleich Bahnfahren durch zahlreiche Verbesserungen im Angebot und der Qualität der Fahrzeuge auch in der hiesigen Gegend als alternatives Verkehrsmittel von Pendlern, (Rad-) Touristen und Rentnern Anerkennung findet. Schülerverkehre werden ohnehin gezielt gesteuert und sorgen morgens und mittags für eine entsprechende Auslastung der Züge.

Das ist nicht nur aus Umweltschutzgründen wichtig und begrüßenswert. Die Bedeutung der Strecke für den überdimensionierten Güter- und wahrscheinlich spätestens ab 2021 offiziell wegfallenden Militärverkehr, wird insgesamt weiter sinken.

Hierauf muss die Westfrankenbahn als Streckenbetreiber Antworten parat haben. Rationalisierung und Automatisierung sind die in diesem Zusammenhang diskutierten Lösungsansätze.

Beide Maßnahmen werden aber auch deutliche Auswirkungen auf Fahrgäste und Personal haben. Man darf also gespannt sein . . .

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