Windkraft auf dem Kornberg - Gemeindeverwaltungsverband beauftragt Büro Beck mit der Überarbeitung der beanstandeten Artenschutzgutachten

Projektgegner drohen mit Klage

Von 
Ralf Scherer
Lesedauer: 
Sogenannte Nachlaufturbulenzen im Bereich von Windrädern beeinträchtigen nicht nur den Flugverkehr, sondern auch nachgelagerte Anlagen. © BelAir Aviation

Hardheim/Höpfingen. Was den geplanten Windpark auf dem Kornberg zwischen Bretzingen und Höpfingen betrifft, scheinen die Fronten verhärteter denn je. Die Zeag Energie AG (Heilbronn) treibt das Vorhaben trotz zahlreicher Bedenken unbeirrt voran. Die Verantwortlichen der Bürgerinitiative für Gesundheit und Naturschutz Hardheim (BGN) und der Betreibergesellschaft des Walldürner Flugplatzes wollen deshalb alles daran setzen, den Bau von bis zu sechs Windkraftanlagen zu verhindern.

„Nach Rücksprache mit unserem Anwalt sind wir fest entschlossen und bereit, den Klageweg zum Schutz unserer Heimat und vor allem unserer Bürger zu beschreiten“, erklärte am Freitag im Rahmen eines Pressegesprächs Dieter Popp, Vorsitzender der BGN. Damit reagieren die Gegner des Projekts auf die Entscheidung des Gemeindeverwaltungsverbands (GVV) Hardheim-Walldürn, das Büro für Ökologie und Stadtentwicklung Beck (Darmstadt) mit der Überarbeitung der von den Fachbehörden kritisierten Artenschutzgutachten zu beauftragen.

Im Oktober vergangenen Jahres hatten das Regierungspräsidium Karlsruhe und die Untere Naturschutzbehörde (UNB) des Landratsamts jenem Büro Beck gravierende Mängel bei der Erstellung der Gutachten attestiert. Die Projektgegner befürchten nun, dass die bisherigen Gutachten so überarbeitet werden, „dass es am Ende für die Zeag passt“.

Gutachter kontrolliert sich selbst

„Das gibt es nur in einer Bananenrepublik, dass derselbe Gutachter seine eigenen fehlerhaften Gutachten überprüft“, kritisierte Walter Müller vom Landesverband baden-württembergischer Bürgerinitiativen gegen Windkraft in Natur- und Kulturlandschaften. „Der Gutachter wird sich nicht selbst widersprechen.“ Dadurch hätten GVV und Zeag die Möglichkeit verspielt, mit der Beauftragung eines unabhängigen Gutachters Vertrauen in der Bevölkerung aufzubauen. „Die Ergebnisse des Büros Beck werden immer dem Vorwurf ausgesetzt sein, nicht belastbar zu sein“, so Müller.

Die BGN will deshalb auch die kürzlich angelaufenen Untersuchungen des Büros Beck auf Schritt und Tritt überwachen. „Wir haben ständig 15 bis 20 Leute im Gelände“, betonte Steffen Berberich, Naturschutzbeauftragter der BGN. Wie lange die Gutachter im Bereich des Kornbergs unterwegs sein werden, ist unklar. Während Harald Endreß, Geschäftsführer Erneuerbare Energien der Zeag, vor kurzem von einer vollständigen Vegetationsperiode gesprochen hat, geht man beim GVV offenbar von einem kürzeren Zeitraum aus.

Weshalb zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt erneut Geld für Artenschutzgutachten in die Hand genommen wird, ist für Claus Kapferer und Dr. Christian Kuhn vom Flugsportclub Odenwald völlig unverständlich. „In der letzten Stellungnahme des Regierungspräsidiums im Juli 2017 wurde offiziell festgehalten, dass die aktuell vier geplanten Anlagen nicht genehmigungsfähig sind“, betonten die beiden Vorstandsmitglieder des Vereins. Eine kürzlich erfolgte Anfrage bei der Luftfahrtbehörde habe ergeben, dass sich an dieser Einschätzung nichts geändert hat. Bevor das Thema der Luftsicherheit nicht geklärt sei, mache es überhaupt keinen Sinn, die Umwelt- und Naturschutzgutachten zu überprüfen. Das von den Behörden geforderte Gutachten zur Flugsicherheit lasse dagegen weiter auf sich warten.

„Die Zeag geht dadurch nicht nur ignorant, fahrlässig und unverantwortlich mit der Thematik Flugsicherheit um, sondern vernachlässigt auch die Interessen und das Vertrauen der Gemeinden und Bürger bezüglich eines sicheren und nachhaltig ertragreichen Betriebs des Windkraftzentrums Kornberg“, so Kuhn. Für ihn steht außer Frage: „Wenn die Anlagen gebaut werden, ist vorhersehbar, dass früher oder später ein Unfall passiert.“

Eine direkte Kollision eines Flugzeugs mit einem Windrad sieht er dabei nicht einmal als das größte Risiko an. Mehr Sorgen bereiten ihm und den Verantwortlichen des Flugsportclubs mögliche Ausweichmanöver unerfahrener Piloten. „Bei Starts und im Landeanflug befinden sich Flugzeuge in einem relativ instabilen Zustand. Turbulenzen sind in dieser Phase sehr gefährlich“, erklärte Kuhn. „Vor Windenergieanlagen hat man als Pilot einen Riesenrespekt. Das sorgt automatisch dafür, dass man Ausweichmanöver fliegt.“ Gerade auf dem Walldürner Verkehrslandeplatz mit 15 000 Flugbewegungen pro Jahr würde das viele unerfahrene Piloten betreffen, weil der bisher hindernisfreie Flugplatz von zahlreichen Flugschulen genutzt werde. Als einzige Alternative würden, so Kuhn, Starts und Landungen über Höpfingen und Hardheim infrage kommen. Mit entsprechenden zusätzlichen Belastungen für die Bevölkerung als unmittelbare Konsequenz.

„Die Sachbearbeiter in den Fachbehörden verstehen diese Probleme“, sagte Hansjörg Jung, Beauftragter für Windenergie im baden-württembergischen Luftfahrtverband. „Aber deren Chefs verstehen es nicht.“ Er kritisierte, dass das am Ausbau der Windkraft interessierte Umweltministerium versuche, massiv Einfluss auf die Luftfahrtbehörden zu nehmen. Unabhängig davon würden die gesetzlichen Regelungen nach wie vor der technischen Entwicklung hinterherhinken. Als Beispiel nannte Jung ein vom Verkehrsministerium Brandenburg beauftragtes Gutachten über Windkraftanlagen in Flugplatznähe. Die Ergebnisse seien seit 24 Monaten bekannt. Als Konsequenz müssten die Abstände von Windrädern zu Flugplätzen von 2000 auf 4800 Meter erhöht werden.

Aktuelle Studien zu sogenannten Nachlaufturbulenzen hätten selbst ihn überrascht. Bis zu 70 Kilometer lange Verwirbelungen hinter einem Windrad seien dabei nachgewiesen worden. Dadurch werde die Windgeschwindigkeit im Vergleich zur ungestörten Strömung reduziert und wirke sich mindernd auf den Ertrag nachgelagerter Windräder oder gar weiter entfernte Windparks aus.

„Unser Gegner ist die Zeag“

„Die derzeitigen Werte mögen die aktuell gültigen Gesetze einhalten, sind aber nicht mehr zeitgemäß, da sich die Größe der Windräder inzwischen erheblich vergrößert hat“, fasste Dieter Popp die Problematik zusammen. Dies gelte auch und vor allem für den Schallschutz, der inzwischen nicht mehr auf der Grundlage der „TA-Lärm“ berechnet werden dürfe, sondern unter Anwendung der neuen „LAI-Hinweise“ und des sogenannten Interimsverfahrens ermittelt werden müsse.

Weil jedoch die Zeag all die genannten Aspekte ignoriere, vermuten die Projektgegner hinter deren Vorgehen Methode. „Es werden bewusst Tatsachen geschaffen, in der Hoffnung, dass sich später Gerichte nicht mehr trauen, diese rückgängig zu machen“, sagte Walter Müller.

Einig sind sich die Kritiker deshalb in einem weiteren Punkt: „Unsere Gegner sind nicht die Gemeinden. Unser Gegner ist die Zeag.“

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten