Hardheim. Auf im Extremfall lebensbedrohliche Aussackungen einer Schlagader - in der medizinischen Fachsprache als "Aortenaneurysma" geläufig - ging am Dienstag Privatdozent Dr. Dr. Thomas Schmandra (Facharzt für Gefäßchirurgie und Chefarzt der Gefäßklinik Bad Neustadt/Saale) ein, der im Pfarrheim die Reihe der Arztvorträge des Freundes- und Förderkreises "Unser Krankenhaus" fortsetzte.
Nachdem Fritz-Peter Schwarz als Vorsitzender des Freundes- und Förderkreises eine kurze Einführung gegeben hatte, übergab er das Wort an den Referenten. "Viele haben ein Aortenaneurysma, ohne es zu wissen", bemerkte Dr. Schmandra, der jeden zweiten Dienstag im Hardheimer Krankenhaus Sprechstunden abhält.
Der aus dem Griechischen adaptierte Begriff "Aneurysma" bezeichne eine Erweiterung oder Aussackung des Gefäßes um mehr als die Hälfte des Normaldurchmessers. "Meist ist eine symmetrische oder spindelförmige Ausdehnung zu beobachten, während sackförmige Aneurysmen die Wand stärker belastet", betonte der Experte und verwies gleichermaßen auf "falsche Aneurysmen", durch die Löcher in den Adern entstehen können.
Die Bildung von Aneurysmen werde durch einige Faktoren wie erbliche Bindegewebsschwächen, extremen Körperhochwuchs oder Gefäßverkalkungen begünstigt, wobei verkalkte Gefäße mit über 90 Prozent aller Patienten die Hauptursache seien.
"Auch irrtümlich gebildete körpereigene Abwehrkräfte, welche die Hauptschlagaderwand als Feind erkennen oder durch Unfalltraumen verursachte, anfangs feine und stetig größer werdende Risse sind bekannt", erklärte Schmandra. Hier solle man eine Computertomographie beanspruchen, um Folgeprobleme ausschließen oder gezielt behandeln zu können.
Männer seien fünf- bis sechsmal häufiger betroffen als Frauen. "Dafür werden Aneurysmen bei Jugendlichen kaum diagnostiziert", hielt der Mediziner fest und fügte an, dass Diabetes mellitus oder tiefe Venenthrombosen zwar äußerst unangenehm seien, aber dafür das Risiko für Aneurysmen reduzieren. An der Spitze zusätzlicher Risikofaktoren stehe das Rauchen noch vor genetischen Ursachen oder koronaren Herzerkrankungen. "Sind Aneurysmen erst einmal da, breiten sie sich immer weiter aus", führte der Referent aus. Allerdings nehme seit den 90er-Jahren die Wahrscheinlichkeit, an ihnen zu sterben, trotz einer stetig älter werdenden Gesellschaft ab: "Es gibt mehr Aneurysmapatienten, aber durch eine insgesamt gesündere und vitalitätsbewusstere Lebensweise platzen sie seltener", begründete Schmandra diese Beobachtung und ließ nicht unerwähnt, dass Operationspatienten immer älter werden.
"Dennoch sind Aussackungen meist Zufallsbefunde, die auch bei Untersuchungen nicht immer auf Anhieb entdeckt werden", mahnte er an. Das läge mit an den "eher unspezifischen und daher oft mit anderen Erkrankungen in Verbindung gebrachten" Symptomen wie Rücken- und Flankenschmerzen, Harnstau, Magenproblemen oder Thrombosen. Das sei vor allem unter dieser Prämisse tragisch, weil Aussackungen im Ernstfall zum Tod des Betroffenen führen können. Hier informierte Schmandra über gedeckte Rupturen, die einen Anteil von 90 Prozent an den Gesamtpatienten innehaben, sowie über freie Perforationen, bei denen sich das Blut in den Bauchraum ergießt. Diese bewirken ebenso den Tod wie platzende Aneurysmen, aus denen das Blut in Darm oder Venensystem fließt. "Die Patienten verbluten innerlich", umschrieb der Referent diesen Prozess und betonte die Wichtigkeit einer Ultraschall-Diagnostik.
Um eine tödliche Ruptur zu verhindern, müsse man das individuelle Risiko abschätzen, die Relation zur Lebenserwartung des Patienten sehen und passende Therapiemethoden ausloten. "Ab einem Durchmesser von vier Zentimetern bei Männern muss man die Ader beobachten, um rechtzeitig einschreiten zu können, ab fünf Zentimetern ist die Operation notwendig", betonte Schmandra.
Bei Frauen müsse man bereits ab einem Durchmesser von 4,5 Prozent operieren. Außerdem sollen Risikopatienten "unverzüglich mit dem Rauchen aufhören".
Mit einer Fragerunde und dem Dank von Fritz-Peter Schwarz schloss der Vortrag. ad
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