Hardheim. In der Sitzung des Gemeindeverwaltungsverbandes am 7. August in Höpfingen soll über die Änderung des Flächennutzungsplanes im Teilbereich Windkraft, das Zielabweichungsverfahren für die flächenhafte Änderung „Windpark Kornberg“ und die erneute öffentliche Auslegung abgestimmt werden. Zuvor ist das Votum der Gemeinderäte von Hardheim und Höpfingen erforderlich.
Der Höpfinger Gemeinderat hat bereits am 16. Juli zugestimmt, die Hardheimer Bürgervertreter befassten sich am Montag mit dem Thema und stimmten letztlich ebenfalls mit neun Stimmen (zwei Gegenstimmen, zwei Enthaltungen) zu.
Durch Anregungen und Einwände in der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung waren die artenschutzrechtlichen Fachgutachten methodisch und fachlich umfassend überarbeitet worden. Entsprechend erfolgte eine Anpassung der Planunterlagen, der Begründung und des Umweltberichtes, wie Diplom-Geoinformatikerin Sandra Lanig vom Büro Klärle (Gesellschaft für Landmanagement und Umwelt mbH, Weikersheim) zunächst darlegte. In Abstimmung mit dem Regierungspräsidium und dem Landratsamt wurde auch das Zielabweichungsverfahren modifiziert.
75 Stellungnahmen
Sandra Lanig ging auf wesentliche Punkte der 75 Stellungnahmen und Abwägungen, den aktuellen Stand der Gutachten sowie die Umstellung der gesamten Planung auf die „flächenhafte Änderung“ ein. Das 76 Hektar umfassende Gebiet liegt mit 67,5 Hektar auf Hardheimer und mit 8,5 Hektar auf Höpfinger Gemarkung. Nach Feststellung des Planungsbüros Beck gebe es trotz der Rotmilanhorste „keine unüberwindbaren artenschutzrechtlichen Konflikte“. Bei mindestens 750 Meter Abstand zur nächstgelegenen Wohnbebauung würden Lärm-, Schattenwurf- und Lichtgrenzwerte eingehalten. Alles Weitere sei im späteren Bundes-Immissionsschutzgesetz-(BimSchG)-Verfahren zu klären.
Angesprochen wurden die Bedenken der Bürgerinitiative für Gesundheit und Naturschutz (BGN), die sich unter anderen auf die Höhenbegrenzung („sollte vertraglich geregelt werden“, so Lanig), die negativen Auswirkungen auf den Tourismus, den Abstand zum Flugplatz Walldürn und die Windhöffigkeit („laut Windatlas ausreichend“) bezogen. Die Bundeswehr werde sich erst im BimSchG-Verfahren konkret äußern. Angesprochen wurden das weitere Vorgehen und der neue Flächenzuschnitt („Es hat sich viel verändert, vor allem um den Rotmilanhorst. Dieser Teil wurde aus der Fläche herausgeschnitten“).
Eine kontroverse Diskussion entstand, als Gemeinderat Klaus Schneider in diesem Zusammenhang die Formulierung der Ausweisung einer flächenhaften Konzentrationszone als „isolierte Positivplanung“ hinterfragte. Dabei könnten zum gesamträumlichen Konzept noch zusätzliche Flächen für Windkraft ausgewiesen werden, hieß es, weil der Gesetzgeber diese forcieren wolle.
Viele Fragen
Viele Fragen taten sich auf: Werden dann wieder alle Flächen freigegeben und kommt es zu der Verspargelung, die der Hardheimer Gemeinderat unbedingt vermeiden wollte? Oder gilt dann weiterhin der Gemeinderatsbeschluss?
Simone Richter hatte sich eigenem Bekunden nach über mehrere Tage intensiv mit diesem Sachverhalt befasst und einen Rechtsanwalt zu Rate gezogen. „Unser Problem ist, dass für das Gebiet des Gemeindeverwaltungsverbandes bislang keine gesamtheitliche Untersuchung erfolgt ist.“ Und dann zitierte sie die Rechtsauslegung: „Damit die Rechtswirkungen eintreten und nur auf den als Konzentrationszone ausgewiesenen Flächen Windkraftanlagen errichtet werden dürfen, müssen sämtliche Potenzialflächen des GVV unter der Anwendung harter und weicher Tabukriterien einer Gesamtbetrachtung unterzogen werden. Nur so ist es möglich, die vorzugswürdigen Flächen herauszufiltern, wobei in diesem Rahmen der Windkraft immer substantiell Raum verschafft werden muss“. Und das sei nicht geschehen. Diese Ansicht des Rechtsanwaltes decke sich mit der Stellungnahme des Landratsamtes.
Simone Richter konstatierte: Alles, was der Hardheimer Gemeinderat beschlossen habe, werde hinfällig. „Wir haben keine Entscheidungsmöglichkeit, wo wie viele Windräder hinkommen. Überall im GVV-Gebiet können zusätzliche Projekte geplant und beantragt werden.“ Auf zweimalige Anfrage bestätigte Sandra Lanig: „Die Ausschlusswirkung greift“. Die Unsicherheit im Gremium war groß.
Thema Höhenbegrenzung
Zur Möglichkeit der Höhenbegrenzung im Flächennutzungsplan stellte der konsultierte Rechtsanwalt fest: „Da im vorliegenden Fall eine Höhenbegrenzung der Anlagen nach meinem Kenntnisstand in den entsprechenden vertraglichen Regelungen des Vorhabenträgers mit der Gemeinde festgelegt ist, könnte diese Höhenbegrenzung auch im Falle der beabsichtigten isolierten Positivplanung aufgenommen werden. Ob diese Höhenbegrenzung rechtmäßig ist, ist natürlich eine andere Frage, wobei sich diese nur dann stellt, wenn die Ausweisung der Konzentrationszone mit Höhenbegrenzung gerichtlich überprüft wird.“
„Und warum gibt es jetzt eine isolierte Positivplanung“, fragte Simone Richter in die Runde, um eine Antwort gleich mitzuliefern: „Weil dies bei Widerstand die einzige Möglichkeit für den Investor ist, das Projekt doch durchzuziehen und zu realisieren.“
Unterschiedliche Begriffserklärung
Bürgermeister Rohm sieht die Sachlage nach eigener Recherche anders, wie er gestern im Gespräch mit den FN darstellte: „Der derzeit noch gültige Flächennutzungsplan hat für Windkraft eine Ausschlusswirkung. Durch eine isolierte Positivplanung können in der Fläche Konzentrationszonen positiv ausgewiesen werden. Dadurch bleibt auf der Restfläche die Ausschlusswirkung des FNP erhalten. Durch die Erfüllung des Gebots der ’substantiellen Raumschaffung’ wird sie sogar verbessert und erhält Rechtssicherheit. Und da der vorhandene Flächennutzungsplan also eine Ausschlusswirkung hat, ist meines Erachtens die in der Sitzung für Verunsicherung sorgende Auslegung eines Rechtsanwalts, es können dann auf ganzer Fläche Windenergieanlagen durchgesetzt werden, nicht zutreffend.“
Ängste um den Flugplatz Walldürn
Zu Beginn der Gemeinderatssitzung hatte sich in der Bürgerfrageviertelstunde Dr. Christian Kuhn zu Wort gemeldet und wurde auch – obwohl Walldürner – angehört. In der Präambel des Energiegesetzes von Baden-Württemberg sei von „gegenseitiger Rücksichtnahme“ die Rede. Und diese forderte er ein. Der Flugsportclub Walldürn, den er vertritt, habe große Ängste. „Warum halten der GVV und die Gemeinde Hardheim weiter an Planungen fest, deren Realisierung sehr schwer sein dürfte? Warum weisen sie Flächen aus, die im Regionalplan gar nicht vorgesehen sind, und wollen das Verfahren unter allen Umständen durchziehen? Und warum informiert sich der Gemeinderat nicht bei uns über fachliche Bedenken?“
„Gemeinde und Verwaltung verlassen sich in Fachfragen auf Gutachten“, konstatierte Bürgermeister Rohm. „Und wir halten uns an das, was uns gesetzlich vorgegeben ist.“ Weitere flugtechnische Bedenken und Details würden im weiteren Verlauf des Genehmigungsverfahrens erörtert.
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